DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Vorschriften jedoch von dritter, übergeordneter Seite erlassen werden, und zwar vor der nächsten Krise, kann das Versäumnis eines Landes, sich an diese Vorschriften zu halten, als Signal gewertet werden, dass das richtige Verhalten durchgesetzt werden muss. Nach unserer Auffassung kann der IWF eine wesentlich nützlichere Rolle dabei spielen, auf Regierungen einzuwirken, dass sie ihre Kreditpositionen transparenter machen, als in seiner Funktion als Rettungsanker für krisengeschüttelte Regierungen. Allerdings zeigt die Geschichte, dass der Einfluss des IWF vor der Krise im Verhältnis zu seiner Rolle während einer Krise relativ gering ist.
Wir sind zudem fest davon überzeugt, dass es eine große Aufgabe für eine internationale Finanzregulierungsbehörde gibt. Erstens lässt der grenzüberschreitende Kapitalverkehr nicht nach, wobei das Kapital oft in Märkte mit geringer Regulierung und hohen Renditen fließt. Um eine sinnvolle regulatorische Kontrolle über moderne internationale Finanzgiganten ausüben zu können, ist es wichtig, für eine gewisse Koordination in der Finanzregulierung zu sorgen. Gleichermaßen wichtig ist der Umstand, dass eine internationale Finanzregulierungsbehörde potenziell ein gewisses Maß an Unabhängigkeit von Gesetzgebern wahren kann, die bei inländischen Regulierungsbehörden unermüdlich Lobbyarbeit betreiben, damit diese ihre Vorschriften und deren Durchsetzung lockern. Angesichts der Tatsache, dass sich die besonderen Qualifikationen, die für die Arbeit einer solchen Institution benötigt werden, extrem von den Qualifikationen unterscheiden, über welche die derzeitigen großen multilateralen Kreditinstitutionen verfügen, sind wir der Überzeugung, dass eine völlig neue Institution geschaffen werden muss. 4
Die dauerhafte Überwindung von Krisen
Unsere Analyse der Geschichte der verschiedenen Formen von Finanzkrisen wirft zahlreiche Fragen auf (und liefert erheblich weniger Antworten). Die brisantesten Fragen haben möglicherweise mit dem Thema der dauerhaften Überwindung von Krisen zu tun – ein Konzept, das wir erstmalig in unserer gemeinsamen Arbeit mit Savastano vorgestellt und in diesem Buch wiederholt betont haben. 5 Woher kommt es, dass es manchen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich und Spanien, gelungen ist, sich aus Jahrhunderten gehäufter Zahlungsausfälle zu befreien und zumindest in einem technisch engen Sinne keine Zahlungsausfälle mehr zu erzeugen? Zunächst muss dabei geklärt werden, was mit »Befreiung« gemeint ist. Der Übergang von einer »aufstrebenden Ökonomie« zu einer »entwickelten Ökonomie« wird nicht mit einem Diplom oder der Erfüllung eines klaren Kriterienkatalogs besiegelt, der den Aufstieg in die Liga der nichtsäumigen Schuldner markiert. Wie Qian und Reinhart hervorheben, lässt sich diese Befreiung beziehungsweise dieser Aufstieg als die Erzielung und Wahrung des internationalen Investment-Grade-Status definieren, wobei die Betonung hier auf der Wahrung dieses Status liegt. 6 Eine andere Methode, dieses Kriterium für den Aufstieg aus der Liga der säumigen Schuldner zu definieren, wäre die Anforderung an ein Land, das Risiko eines Zahlungsausfalls bei seinen Schuldenverpflichtungen signifikant und glaubhaft zu reduzieren. Das heißt, wenn ein Land jemals ein wiederholt säumiger Schuldner gewesen ist, erfüllt es seinen Schuldendienst nun zuverlässig – und die Investoren erkennen dies an. Zudem verfügt das Land über einen kontinuierlichen Zugang zu den Kapitalmärkten. Dieser Aufstieg lässt sich auch als Erreichung einer Mindestschwelle im Hinblick auf das Pro-Kopf-Einkommen, eine signifikante Reduzierung der makroökonomischen Volatilität und die Verfolgung einer antizyklischen Fiskal- und Geldpolitik oder zumindest die Abkehr von einer destabilisierenden prozyklischen Politik definieren, welche die meisten Schwellen- und Transformationsländer kennzeichnet. 7 Offensichtlich besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Meilensteinen.
Wenn eine dauerhafte Befreiung eine völlige Verhinderung von Finanzkrisen bedeuten würde, dann würde kein Land in diese Kategorie fallen. Wie zuvor erwähnt, können sich Länder aus gehäuften Zahlungsausfällen und wiederkehrenden Hochinflationsphasen befreien, wie Österreich, Frankreich, Spanien und andere Länder gezeigt haben. Die Geschichte lehrt uns jedoch, dass die Befreiung von wiederkehrenden Banken- und Finanzkrisen wesentlich schwieriger ist. Und das sollte uns auch ohne
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