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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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größere Bedeutung haben. 9 Zahlungsausfälle bei Auslandsschulden können die heikle Balance in nationalen Sicherheitsabkommen und Bündnissen stören, und die meisten Länder haben auf diesem Gebiet wichtige Bedürfnisse und Anliegen.
    Neben Krediten können auch ausländische Direktinvestitionen (zum Beispiel wenn ein ausländisches Unternehmen in einem Schwellen- oder Transformationsland eine Produktionsstätte errichtet) wichtig für die Entwicklung sein. Ein ausländisches Unternehmen, das plant, in ein Land zu investieren, das seine Auslandsschulden nicht bedient, wird sich darüber Gedanken machen müssen, ob sein Werk und seine Produktionsanlagen möglicherweise beschlagnahmt werden. (Ein berühmtes Phänomen aus den 1960er- und 1970er-Jahren; zu den Beispielen gehören die Konfiszierung der von amerikanischen Unternehmen betriebenen chilenischen Kupferminen durch die chilenische Regierung im Jahr 1977 und die Verstaatlichung der ausländischen Niederlassungen von Ölkonzernen Anfang der 1970er-Jahre durch die OPEC-Staaten.) Ein Zahlungsausfall bei Auslandsschulden wird mit Sicherheit Schatten über ausländische Direktinvestitionen werfen. Und das kostet das Schuldnerland nicht nur Kapitalzuflüsse, sondern auch den Wissenstransfer, der üblicherweise mit ausländischen Direktinvestitionen einhergeht. 10
    In der Summe können Ökonomen stets Argumente finden, mit denen sich erklären lässt, warum Länder trotz der eingeschränkten Rechte der Gläubiger immer in der Lage sind, ausländische Kreditgeber zu finden. Diese Argumente sind jedoch erstaunlich komplex und legen nahe, dass auch eine tragfähige Schuldenhöhe fragil sein kann. Sorgen um den zukünftigen Zugang zu Kapitalmärkten, den Erhalt der Handelsaktivitäten und möglicherweise auch breitere internationale Beziehungen unterstützen allesamt die Schuldenströme, wobei die relative Betonung und Gewichtung von situationsspezifischen Faktoren abhängt. Das heißt, selbst wenn ausländische Kreditgeber anders als bei einem Zahlungsausfall in Bezug auf Inlandsschulden keinen direkten Zugriff auf Vermögenswerte des Schuldnerlandes haben, verfügen sie jedoch über genügend Hebel, um ein Land dazu zu bewegen, seine Schulden zumindest teilweise zurückzuzahlen. Von der populären Vorstellung, Länder würden ihre Schulden deswegen zurückzahlen, damit sie sich in Zukunft weiterhin Geld leihen könnten, können wir uns jedoch verabschieden. Ponzi-Tricks nach dem Schneeballsystem können nicht das Fundament für internationale Kreditvergabe sein; sie brechen irgendwann unweigerlich zusammen.
    Wie verhalten sich die beschränkten Hebel, über die ausländische Gläubiger verfügen, zur Verletzlichkeit des Vertrauens, auf die wir in der Einleitung hingewiesen haben? Ohne groß ins Detail zu gehen, kann man sich leicht vorstellen, dass viele Modelle und Rahmenkonzepte, auf die wir hingewiesen haben, äußerst fragile zerbrechliche Gleichgewichte erzeugen, und zwar insofern, als oft multiple Ergebnisse entstehen, die selbst für kleine Veränderungen in den Erwartungen anfällig sind. Diese Fragilität wird in zahlreichen Rahmenkonzepten sichtbar, ist jedoch am deutlichsten erkennbar in Fällen, in denen hoch verschuldete Regierungen ihre kurzfristigen Kredite ständig prolongieren müssen – ein Thema, dem wir uns als Nächstes widmen.
    Illiquidität versus Insolvenz
    Wir haben die wichtige Unterscheidung zwischen der Bereitschaft und der Fähigkeit zur Schuldenrückzahlung betont. Ein weiteres wichtiges Konzept ist die Unterscheidung zwischen einem Land, das mit einem kurzfristigen Finanzierungsproblem konfrontiert ist, und einem Land, das nicht bereit und/oder in der Lage ist, seinen Schuldendienst langfristig zu erfüllen. Meistens wird diese Unterscheidung in der Literatur als der Unterschied zwischen »Illiquidität und Insolvenz« beschrieben. Natürlich weiß der Leser inzwischen, dass diese buchstäbliche Analogie zwischen Staatsschulden und Unternehmensschulden äußerst irreführend ist. Ein bankrottes Unternehmen ist womöglich schlichtweg nicht in der Lage, seine Schulden in vollem Umfang zu begleichen. Eine Regierung hat dagegen typischerweise die strategische Entscheidung getroffen, dass eine (vollständige) Rückzahlung die notwendigen Opfer nicht wert ist.
    Oft leihen sich Regierungen im Ausland Geld, entweder mit einer relativ kurzen Laufzeit von ein bis drei Jahren – oder langfristiger zu Zinssätzen, die an kurzfristige

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