Dieses unendliche Verlangen

sich auch Tracy zu der restlichen Gesellschaft. Sie hatte sich nur schnell neue Jeans und ein rotes Top angezogen. Dazu hatte sie silberne Ohrringe und einen mit Türkisen besetzten Armreif angelegt. Dennoch fühlte sie sich wohler, als wenn sie einen Tag im Schönheitssalon verbracht hatte. Lucky hatte sie umarmt und das bedeutete, dass ihre Arbeit hier etwas bewirkt hatte.
    Das Mädchen bestand auch darauf, mit Tracy anstatt mit ihrem Vater, Buck und Rusty zu fahren. Murph und Earl benutzten ihren verbeulten, blauen Pick-up, sodass Tracys kleiner roter Flitzer richtig auffiel, als sie in Bliss parkten.
    Zane wartete schon an der großen Kreuzung auf sie.
    “Ihr habt es also geschafft, schön”, stelle er milde lächelnd fest. Er trug seine gewohnte Kluft. Schwarze Jeans und ein Hemd mit aufgerollten Ärmeln. Nur, dass es heute ein weißes Hemd war, dessen Perlmuttknöpfe in der Sonne glänzten.
    “Ich habe mich nur am ersten Tag verfahren”, antwortete Tracy. “Mittlerweile kenne ich mich hier ganz gut aus.”
    “Du kennst dich mit einigen Sachen mittlerweile recht gut aus.” Er klang ungewohnt barsch. “Ich muss mich noch bei dir dafür bedanken, was du für meinen Vater getan hast. Ich hätte niemals geglaubt, dass das Geschäft mit den Soßen jemals funktionieren würde.”
    “Ich sagte ja, dass ich mein Handwerk verstehe.”
    “Langsam beginne ich, dir das zu glauben.”
    “Das will ich auch hoffen.” Für einen Moment verschmolzen ihre Blicke miteinander, dann zwang sie sich, wegzusehen. “Erzähl mir etwas von der heutigen Parade. Die gibt es doch bestimmt schon seit der Zeit von Cockeyed Curly.”
    “Soweit ich weiß, hat Curly einmal den allgemeinen Trubel während der Parade genutzt, um die Bank auszurauben. Aber die Zeiten sind vorbei.”
    “Weil dein Bruder so ein fähiger Gesetzeshüter ist?”
    Das schien ihn zu überraschen. “Du kennst Reno?”
    “Aber ja. Ich habe ihn kennengelernt, als ich zum ersten Mal mit den Zwillingen in der Stadt war.”
    “Aber natürlich. Das hatte ich vollkommen vergessen. Du solltest dich vor meinem jüngsten Bruder in acht nehmen. Er ist ein Frauenheld.”
    “Ein Charmeur”, pflichtete sie Zane bei und wunderte sich über den kurzen Anflug von Eifersucht, der in Zanes Augen aufflackerte. Er hatte wieder seinen Cowboyhut tief in die Stirn gezogen, sodass sie seine Augen nur erkennen konnte, wenn er ihn ein wenig lüftete. Und da war er wieder, dieser Blick, dieser gefährliche, begehrliche Blick. Für einen so verantwortungsbewussten und ernsthaften Mann, wie er es war, hatte er einen sehr sinnlichen Blick.
    “Äh …” Tracy versuchte verzweifelt, das Thema zu wechseln. “Was ist denn mit deinem anderen Bruder? Kommt er auch zu der Parade?”
    “Nein. Cord arbeitet gerade an einem Auftrag für die Inneneinrichtung einer Bank. Außerdem mag er keine Menschenmengen.”
    “Das ist eine Menschenmenge?” Tracy zeigte grinsend auf die drei Dutzend Menschen, die sich als Zuschauer eingefunden hatten.
    “Das sind schon mehr Leute als sonst. Einmal hatten wir das Problem, dass alle Einwohner an der Parade teilgenommen haben und keiner mehr übrig war, um zuzuschauen. Also haben wir uns entschieden, dass beim nächsten Mal ein Teil der Bevölkerung an der Parade teilnimmt und der andere die Zuschauer spielt. Im nächsten Jahr wurden die Rollen dann wieder getauscht. Letztes Jahr war die ganze Familie bei der Parade dabei, also sind wir in diesem Jahr als Zuschauer dran.”
    “Zuschauen ist schon okay”, murmelte Tracy und beobachtete verstohlen, wie Zane seinen Sohn am Schlafittchen packte, damit der nicht auf die Straße lief. Nach einem Monat im Westen hatte sie gelernt, wie man Leute unauffällig beobachtete. Insbesondere die Zwillinge, aber auch Zane. Zane bewegte sich mit diesem typischen Cowboygang, der weniger arrogant als fast poetisch wirkte. Andere Männer gingen, Zane ‘bewegte’ sich. Und das wiederum bewegte ihr Herz. Oder bedrohte es, je nachdem, wie sie es betrachten mochte.
    Die Parade wurde von der Freiwilligen Feuerwehr von Bliss eröffnet, die von ihrem Löschfahrzeug aus die Menge an diesem heißen Tag mit kaltem Wasser erfrischte. Tracy hatte große Lust, sich auch besprühen zu lassen. Die Sonne schien heute besonders erbarmungslos.
    Jedenfalls war es ihr lieber, von der Sonne erhitzt zu werden als von ihren Gedanken an Zane.
    Es war eine kurze, aber schöne Parade. Sie ging einmal die Straße herunter und kehrte dann zurück,