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Diesseits Des Mondes

Diesseits Des Mondes

Titel: Diesseits Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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Elefanten. Nicht nur wegen seines Lebensstils, sondern wegen seiner Cleverness. Obwohl er Volkswagenhändler war, konnte jeder Radfahrer auch zu ihm kommen. Seine Leute besorgten Ersatzteile für alles, was sich drehte. Für Volkswagenbesitzer war sogar ein Sonntags-Service eingerichtet. Je ein Angestellter und ein Arbeiter mussten dann bereit sein, dringende Reparaturen durchzuführen.
     
    Das alles hätte Michael völlig kalt gelassen, wenn der Elefant sich nicht immer frecher an seine Mutter herangemacht hätte. Sie fuhren an die Aggertalsperre zum Mittagessen, danach ins Café Giesselmann zum Eis. Der Elefant ging keinen Schritt zu Fuß und hatte dauernd Appetit. Und vor allem hatte er Durst. Bei jedem anderen hätte es Michael imponiert, was der an Kölsch und Korn in sich reinschüttete. Er aß stöhnend und sprach mit vollem Mund, so dass Michael abends seiner Mutter sagte, er wolle nun nicht mehr mit. Bitte, mir zuliebe, sagte seine Mutter, und schon wieder küsste sie Michael. Was war nur mit der Frau los? Sie genierte sich wohl, allein mit dem Elefanten auszugehen? Michael schöpfte für einen kurzen Moment Hoffnung. Doch schon wenige Wochen später musste seine Mutter ein ernstes Wort mit Michael sprechen. Das Friseurgeschäft wurde verkauft, die Mutter stieg mit dem Erlös als Kommanditistin in die Firma des Elefanten ein.
    Obwohl Michael heiße Gedanken durch den Kopf gingen, war ihm kalt. Er dachte, dass sein gut aussehender, schlanker Vater in Russland vermoderte, und hier trampelte dieser Elefant herum und schnappte nach allem, was sich bewegte. Der Großvater hielt sich raus. Deine Mutter muss selber wissen, was sie tut, sagte er. Großvater war so ziemlich der Einzige, der sich raushielt. Der ganze Ort sprach über das Unglaubliche. Der Elefant hat doch in Köln eine Frau, sagten sie. Einen Sohn und eine Tochter hat der auch. Weißwandreifen und Dreck am Stecken. Als in Köln die Mutter des Elefanten starb und er zur Beisetzung reiste, nahm er Michaels Mutter mit, doch die Ehefrau des Elefanten hatte am Grab geschrien, wie die Hure es wagen könne. Michael hörte, wie seine Mutter es weinend Flora erzählte. Da tat ihm seine Mutter so leid, dass er sie hätte schlagen mögen bis zur Erschöpfung.

3
    Du bist ja kein echter F., du bist ja bloß angeboren von unten rauf. Das hatte der ständig besoffene Joe auf dem Fußballplatz hinter Michael hergerufen, seit dieser mit seiner Mutter in die Villa des Elefanten eingezogen war. Verheiratet waren die beiden auch. Er, Michael, bekam im Obergeschoss des Hauses eine Wohnung, die früher ein Angestellter gehabt hatte. Küche, Wohnraum, Schlafzimmer, Balkon. Der Elefant war noch nie bei ihm oben gewesen. Nur das Hausmädchen Gertrud hatte da noch sein Zimmer. Michaels Mutter fuhr inzwischen einen VW mit Weißwandreifen. Michael besaß kein Auto, man soll es ja auch nicht übertreiben, das muss sich der Junge selbst verdienen. Aber seine Mutter fuhr selten und entsprechend abenteuerlich, so dass sogar der Elefant nichts dagegen hatte, wenn Michael sie chauffierte. Dass er das Auto für sich benutzte, verbot ihm der Elefant. Michael hatte ihn in den letzten zwei Jahren kaum gesehen, da er, Michael, in einem Internat zur Schule ging. Meist blieb er sogar in den Ferien dort. Er hatte eine nicht benennbare Wut in sich. Was hast du nur, Junge, sagte Tante Flora. Michael wusste es auch nicht. Er konnte seinen Grimm nicht zwischen Mutter und dem Elefanten herumschleppen. Der Elefant servierte es ihm auf jeder Scheibe Brot, dass er, Michael, eigentlich nicht da sein müsste. Die Mutterallein hätte dem Elefanten vollauf genügt. Sie war ihm schon zu viel. Michaels Mutter besaß zwei Pelze, und im nächsten Winter würde sie sicher einen dritten haben. Sie bekam Armbänder und Ketten, auf denen sich Gold, Rotgold und Platin übertrumpften. Versehentlich klemmte ihr der Elefant einmal die Hand ein, und nun war der Zeigefinger krumm. Hager war der Hals seiner Mutter unter den Ketten, schmal ihre Lippen, ängstlich sah sie dem Elefanten in die Augen. Wenn er daran dachte, würgte es Michael. Alles war verdorben, und er, Michael, hatte Mühe, den Elefanten anzureden, ohne »Vater« zu sagen. Peinlich war das gewesen, als sie ihn noch mit in Urlaub genommen hatten. Michael lernte in St. Moritz Ski laufen, in Bad Gastein Tennis spielen, am Tegernsee reiten. So war er beschäftigt und wusste immer genau, was sein Dabeisein den Elefanten kostete. Der hatte inzwischen eine

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