Dihati Qo – Die, die sind
verspreche Euch, er wird dafür zahlen! « Hass wölbte die Adern auf Erics Stirn.
»Das, mein junger Freund muss warten«, entgegnete der Ohab gelassen. »Ihr werdet Gelegenheit für Eure Rache bekommen, da bin ich mir sicher. Aber von oberster Priorität muss Eure Suche nach der Quelle sein.«
»Was ist die Quelle?« Norak stellte die entscheidende Frage.
»Die Quelle ist der Fokus zu unvorstellbarer Macht. Poran vertrieb mit ihr das Böse aus dem Land. Er führte die Quelle der Macht, bis er zu alt, zu gebrechlich wurde. Es erfordert Stärke, sie zu handhaben. Diese Quelle, Dihati, ist der Ring. Porans Ring, die Legitimation seiner Macht. Seiner Macht über das Böse; die Macht, es in seine Schranken zu weisen.«
»Der Ring. Tobin hatte recht. Es geht nur um den Ring. Wenn wir ihn und den Prinzen finden, dann …«
»Vergesst den Prinzen.« Die Miene des Ohabs versteinerte sich, wie auch der Klang seiner Stimme. »Es klingt hart, aber wichtig ist allein der Ring. Wenn wir ihn verwahren, kann das Böse seine Macht nicht missbrauchen. Ohne den Ring werden die Kräfte des Bösen schwächer und wir kommen in die Lage, seine Fesseln abzustreifen. Daher Dihati, konzentriert Eure Suche auf den Ring.«
»Nicht, dass ich wieder einen Blitz heraufbeschwören möchte, « sagte Eric kleinlaut, »aber warum nennt Ihr uns dauernd ›Dihati‹?«
»Ich höre, Deine Aussprache bessert sich«, lächelte der Ohab. »Nur die Dihati, junger Freund, können die Eule hören. Nur die Dihati können dieses Land retten. Ihr seid die Dihati Qo, ihr seid die Hüter der Quelle.«
»Die Hüter der Quelle?« Noraks Gesicht drückte halb Unglaube, halb Verstehen aus. »Das heißt, wir sind die Beschützer des Rings?«
»So könnte man es sagen.«
»Klasse!« warf Eric mürrisch ein. »Wir laufen uns die Hacken ab, um unsere Lebensbestimmung zu erfüllen: Kleinodverwahrer.«
»Es ist nicht ganz so trivial, wie Ihr denkt. Ich habe Euch eben erklärt, wofür dieser Ring steht. In ihm ist ein Splitter des Steins der Weisen eingefasst. Unvorstellbare Möglichkeiten entfalten sich durch diesen Stein.«
»Der Stein der Weisen?«, fragte Norak ungläubig. »Ich hielt ihn immer für ein Märchen.«
»So wie die Feuerhöhlen?« Eric nahm Noraks Augenfunkeln gelassen zur Kenntnis.
»Vieles, was einst war, gilt heute als Legende. Ihr solltet wieder anfangen zu glauben, Dihati.«
»Wo ist der Rest des Steins?«, fragte Eric. »Warum sollte sich der Fürst mit dem Ring aufhalten, wenn er den ganzen Stein haben kann?«
»Er kann ihn nicht haben. Das Einzige, was er bekommen kann, ist der Ring, der eine Verbindung zu der Magie des Steines herstellt. Vielleicht gelingt dies auch mit dem Seraphenschwert. Leider ist es verschollen. Den Stein hat der Rat von Gishalta verborgen. In einer anderen Welt, die neben der unseren existiert.«
»Eine andere Welt? Wo liegt sie?«
»Ja, eine andere Welt, geschaffen vom Rat. Nur der Rat kannte den Zugang zu ihr.«
»Wo liegt Gishalta?«, wollte Eric wissen.
»Es ist ein Berg im Nordgebirge. Vermutlich wird Euch Eure Reise nicht dorthin führen.«
»Von dem Rat weiß ich nichts. Die Namen, die Ihr nennt, sind uns unbekannt. Was hat das alles zu bedeuten?«
Der Ohab seufzte. »Da werde ich sehr weit ausholen müssen.« Er breitete die Arme aus und hob die Stimme, wie ein Geschichtenerzähler, der sich Gehör verschaffte.
»So höret gut zu. Lange, bevor König Poran regierte, versuchten die Weisesten der Weisen, Behüter alter Geheimnisse und mächtiger Magie, diese Welt im Gleichgewicht zu halten. Aber wie so oft, wenn Menschen sich Gutes vornehmen, wird es durch Habgier und Missgunst korrumpiert und zerstört.« Über die Flammen hinweg bannte der Ohab seine Zuhörer mit den Augen. »Jahrhunderte lang herrschten Frieden und Einklang, doch den Mächten des Bösen gefiel dies nicht. Man hatte sie unterschätzt. Am Ende jener Tage, als die Ordnung auseinanderbrach, trafen sich die neun großen Magier. Sie trafen sich auf Gishalta. Dort kam sie immer zusammen, seit Menschengedenken: die Versammlung der Zwölf.«
»Wieso zwölf? Ich dachte, es seien neun?«
»Gemach, gemach, alles zu seiner Zeit.« Der Ohab war es nicht gewohnt, unterbrochen zu werden und beschwichtigte den Einwand schnell. »Also, in jenen Tagen versammelten sich die letzten neun im vergeblichen Versuch, das Unumgängliche zu verhindern. Sie bildeten sich ein, das Böse noch abwenden zu können. Aber unvorbereitet gelingt das niemals!
Weitere Kostenlose Bücher