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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hörte kein Vogelgezwitscher, nicht heute; es war November. Aber ein Fenster hoch oben in der Wand gab den Blick auf den Himmel frei, ein Rechteck aus strahlendem Blau – eine intensive Farbe, die in keiner Reproduktion richtig wiedergegeben wurde – und ein paar hohe Cirruswolken, wahrscheinlich Eis, was …

    »Taugt nichts.« Trojan warf die Akte auf seinen Schreibtisch und lehnte sich zurück. »Die Resultate einer ganzen Woche, und keine Korrelation.«
    Ben war blitzartig wachsam, bereit, jedem Wort, jeder Nuance volle Aufmerksamkeit zu schenken.
    Jeden Morgen musste er einem wartenden Psychologen im Moment des Erwachens seine Träume erzählen. Diese Protokolle wurden analysiert und mit den Ergebnissen eingehender Verhöre über sein früheres Leben sowie mit einem Verzeichnis möglicher künftiger Ereignisse abgeglichen, alles in der Hoffnung, irgendwelche Indizien für seelische Traumwanderungen zu finden. Aber es war noch kein signifikantes Indiz aufgetaucht.
    »Tut mir leid, Herr Standartenführer«, sagte Ben.
    »Du hast die vorbereitete Nahrung gegessen und die Getränke getrunken? Hast die Drogen genommen und die Aluminiumkappe aufgesetzt?«
    »Jawohl.« Die Nazi-Wissenschaftler hatten die »Eingabe«, wie sie es nannten, variiert, seine Nahrung, seine Getränke und andere Stimuli, selbst die Festigkeit seiner Matratze, um festzustellen, ob es irgendwelche Veränderungen bei der »Ausgabe« gab, seinen Träumen. Als wäre er eine Maschine, die Würstchen produzierte. Und sie hatten seinen Schädel mit einer Aluminiumkappe umhüllt, um festzustellen, ob es greifbare Emissionen gab, die sich herausfiltern oder vielleicht konzentrieren ließen.
    Trojan stand auf und marschierte im Zimmer auf und ab, die Hände hinter dem Rücken. »Ich hoffe,
wir verschwenden keine Zeit. Die negativen Resultate beweisen zumindest, dass du nicht lügst, was deine Träume betrifft. Leicht genug wäre es ja.«
    »Das würde ich nicht wagen.«
    Trojan sah ihn überrascht an, dann lachte er. »Natürlich nicht. Und was steht als Nächstes auf der Testliste?« Er fuhr mit dem Finger über ein aufgeschlagenes Blatt in den Akten auf seinem Schreibtisch. »Menschlicher Kontakt. Würg . Ich sehe schon vor mir, wie diese feigen Deppen, die ich beauftragt habe, vorschlagen, dir ein oder zwei Gespielinnen oder Gespielen ins Bett zu legen. Mädchen, zwei stämmige Jungs. Das würde dir gefallen, was, du widerliche kleine Schwuchtel? Pah, was für ein Müll das alles ist. Aber es ist wichtig für mich, dass dieses Experiment Erfolg hat. Ich brauche meinen Webstuhl! Und du brauchst ihn auch, sonst wanderst du in den Ofen, mein Freund.«
    Ben zuckte zusammen.
    »Wenn du nur kein Jude wärst«, sinnierte Trojan. Er stolzierte im Zimmer umher, ein Pfau. »Wärst du doch bloß ein guter Deutscher oder auch nur ein Engländer. Dann besäßest du vielleicht die geistige Disziplin, dein Talent – sofern vorhanden – zu kontrollieren, zu zähmen. Wenn du Franzose wärst, würdest du natürlich nur von Pornografie träumen. Ha! Na schön.« Trojan setzte sich wieder. »Ich habe noch mal über unsere Vorgehensweise nachgedacht. Schließlich ist das ein psychologisches Experiment, nicht wahr? Dabei geht es insbesondere um deine seelische Verfassung. Bis jetzt
warst du ausschließlich durch Furcht motiviert. Würdest du mir da zustimmen?«
    Ben zögerte. »Das ist unbestreitbar, Herr Standartenführer.«
    »Ja, ist es. Unbestreitbar. Gutes Wort. Aber es gibt auch noch andere Anreize, stimmt’s? Hör zu, Kamen, wir beide werden uns ein bisschen besser kennenlernen. Ich möchte, dass du verstehst, was ich will und warum ich es will. Vielleicht kann ich dich dazu bringen, meine Wünsche bis zu einem gewissen Grad zu teilen oder zumindest Verständnis für sie zu haben. Wenn ja, hättest du nicht nur eine negative, sondern auch eine positive Motivation, dem Experiment zum Erfolg zu verhelfen. Also, was meinst du? Wird das funktionieren?«
    »Ich verstehe nichts von Psychologie.«
    »Tja, das überrascht mich nicht. Weißt du irgendwas über mich, Kamen? Nein, natürlich nicht. Nur so viel sei gesagt: Ich bin schon seit meiner Kindheit, als ich für eine Nationalistengruppe im Rheinland gearbeitet habe, politisch tätig – motiviert von den Demütigungen, denen mein Vater ausgesetzt war, der im letzten Krieg ehrenhaft gekämpft hat, nur um von eben jenen Politikern verraten zu werden, deren Leben er geschützt hatte.
    Meine kleine Gruppe ist in

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