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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hätte es keinen Grund gegeben, an dieser Stelle zu bauen.«
    Der SS-Offizier schlenderte in dem nicht weiter bemerkenswerten Teil des Geländes umher. »Wie erstaunlich.« Er lächelte Julia, George, Mary und die Soldaten an, die ihnen diskret folgten. »Also lege ich an dieser Stelle mein Versprechen ab. Ich möchte, dass Sie das aufschreiben, Mrs. Wooler, damit es der Welt und der Nachwelt übermittelt werden kann.«
    Mary starrte ihn an. Dann wühlte sie in ihren Taschen nach einem Stift und einem Stück Papier.
    »Wir von der SS sind nicht hier, um dieses Land zu erobern«, deklamierte Trojan. »Wir sind hier, um England, eine Nation mit stolzen arischen Wurzeln, vom Joch der lateinischen Eroberer zu befreien. Und wir sind hier, um die widerrechtliche Ermordung König Harolds zu rächen. Ich, Josef Trojan, schwöre beim Leben meiner Mutter, dass ich nicht ruhen werde, bis diese historische Katastrophe revidiert und England wieder seiner arischen Bestimmung zugeführt worden ist.« Er sah Mary an. »Haben Sie das notiert? War mein Englisch gut genug?«
    »Ihr Nazis seid wirklich so verrückt, wie man immer sagt, nicht wahr?«
    George hielt den Atem an.
    Aber Trojan lachte nur. »Oh, nicht verrückt, Mrs. Wooler. Ich möchte, dass mein Versprechen wörtlich
genommen wird – und es wird buchstabengetreu erfüllt. Sie werden sehen.«Er schnippte mit den Fingern, und zu Georges Verblüffung brachte der Fahrer von der Wehrmacht einen Blumenstrauß zum Vorschein, späte Rosen, die sie Gott weiß wo gestohlen hatten. Trojan verstreute die Blumen über der Stelle, wo der letzte englische König gefallen war. »Für Harold Godwineson!« Er rief den Namen laut aus, und er hallte durch die englische Abenddämmerung.

XXV
    Am Sonntagabend trafen die Kriegsgefangenen in Bexhill ein, von wo aus sie per Lastwagen weitertransportiert werden sollten. Sie wurden in die Lastwagen gestopft, teils deutsche Militärfahrzeuge, teils gestohlene Landwirtschaftsfahrzeuge, vielleicht fünfzig Mann pro Fahrzeug. Es war so eng, dass man sich weder hinsetzen noch hinlegen konnte. Ben steckte irgendwo in der Mitte des Wagens, umgeben von einem Wald von Mänteln, die nach Kordit, Schlamm und Blut stanken.
    Der Lastwagen schwankte während der Fahrt, so dass er gegen die Körper der anderen geworfen wurde, und sie gegen ihn. In der Nacht war es stockfinster. Nicht einmal schwaches Scheinwerferlicht war zu sehen; die Deutschen schienen unter Verdunkelungsvorschriften zu operieren. Die Gefangenen hatten nichts zu essen und kein Wasser. Eine Toilette gab es natürlich auch nicht. Man erledigte sein Geschäft einfach dort, wo man stand, und nach einer Weile schwamm der Boden des Lastwagens von Pisse, Scheiße und ein paar Pfützen Erbrochenem.
    Ben glaubte, dass er hin und wieder ein wenig schlief. Es war schwer zu sagen. Die Reise hatte etwas von einem Albtraum.

    Einmal rutschte er auf einer Lache von irgendetwas aus und wäre beinahe hingefallen. Aber eine fleischige Hand packte ihn unterm Arm und zerrte ihn wieder hoch.
    »Bitte sehr, Kumpel.«
    »Danke. Herrje, beinahe wäre ich in den Dreck da unten gefallen.«
    »Ist ja nichts passiert. Was für ein Akzent ist das? Kanadisch?«
    Es war der Mann, der ihm schon während des Marschs zu helfen versucht hatte. Ben verstand ihn kaum, und er konnte auch das Gesicht des Mannes nicht sehen. »Äh … ich habe ein paar Jahre in Amerika gelebt. Aber ursprünglich komme ich aus Österreich.«
    Zu seiner Überraschung verstand der Mann. »Dann bist du ein Flüchtling vor den Nazis? Solche wie dich hab ich in Frankreich haufenweise gesehen.«
    »Warst du bei der BEF?«
    »Yep. Bin gerade noch rausgekommen, ohne dass mir Stuka-Bomber den Arsch weggeblasen haben, und nach fünf Minuten hier drüben haben sie mich schon wieder am Kanthaken. Nicht gerade ein gutes Jahr für mich, was?«
    »Sieht nicht so aus. Deinen Akzent kenne ich nicht. Bist du Schotte?«
    »Wohl kaum. Ich komm aus Liverpool. Vor dem Krieg war ich Anstreicher.«
    »Wie Hitler«, sagte jemand, und es gab gedämpftes, müdes Gelächter.
    »Danny«, sagte der Liverpooler. »Danny Adams.«

    »Ich bin Ben.«
    »Halt einfach durch, Ben. Du schaffst das schon.«
    »Ja.«
    Bei Tagesanbruch kamen die Lastwagen holpernd zum Stehen, und Ben wurde wachgerüttelt. Die Heckklappen wurden geöffnet, und die Männer sprangen, begleitet von deutschen Rufen, auf den Boden hinunter. Nachdem sie eine Nacht im Stehen verbracht hatten, waren sie unbeholfen

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