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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Blick auf eine Landkarte – »Hurst Green, nur ein paar Kilometer nordwestlich von hier. Das liegt auf der Linie, die gegenwärtig von Heeresgruppe A gehalten wird, der Sicherungslinie, wie wir sie nennen. Verstehen Sie?«
    »Sie bringen mich aus dem besetzten Gebiet heraus.«
    »Genau. Wir haben uns wegen dieser und anderer Angelegenheiten mit den britischen Militärbehörden in Verbindung gesetzt. Es ist alles sehr zivilisiert, wie Sie sehen. In Hurst Green werden Sie von einem Bus abgeholt, der Sie nach, äh, Tunbridge Wells bringt. Und von da aus können Sie nach London reisen, oder wohin es Ihnen beliebt.« Er lächelte sie an. »Ich persönlich hoffe, dass Sie in Großbritannien bleiben und für Ihr Publikum in den Vereinigten Staaten weiterhin über die zivilisatorischen Fortschritte berichten werden, die wir hier in England wie in ganz Europa erreichen möchten. Jetzt müssen Sie mir vergeben, Mrs. Wooler, ich habe Termine. Bitte steigen Sie in den Bus; Ihnen wird nichts geschehen.«
    Was blieb ihr anderes übrig? Und sie musste zugeben, ein großer Teil von ihr sehnte sich danach, aus dieser verdammten Kriegszone herauszukommen.
    Keiner der Handvoll Menschen im Bus schaute Mary in die Augen. Es waren größtenteils Frauen, einige davon sehr teuer gekleidet, und zwei ziemlich junge Männer, die ganz vorn saßen. Womit hatten sie
sich diese privilegierte Behandlung verdient? Waren sie ebenfalls ausländische Staatsbürger oder irgendwelche Kollaborateure?
    Der Fahrer setzte sich hinter dem Lenkrad zurecht. Ein zweiter deutscher Soldat nahm mit einer Waffe auf dem Schoß hinter ihm Platz. Der Bus fuhr an, wendete und rollte durchs Torhaus.
    Als sie durch Battle fuhren, sah Mary, dass die Menschen, mit denen sie hierhergekommen war, nach einer Nacht draußen im Freien von deutschen Soldaten unsanft auf die Beine gebracht wurden. Sie konnte es nicht lange ertragen, das mit anzusehen; beschämt wandte sie sich ab.
    Es war noch nicht einmal sieben Uhr morgens.

XXVII
    George machte sich auf den Weg zur Arbeit. Er sollte um acht Uhr morgens beim Rathaus sein.
    Es war ein strahlend heller Septembertag, ein sonniger, klarer Montagmorgen mit nicht mehr als einem Hauch Kühle in der Luft. Am Himmel zeigten sich keine Flugzeuge, und der Lärm des Krieges war fern. Die einzigen Fahrzeuge auf den Straßen waren deutsche Lastwagen, die um Schutthaufen herumkurvten. Erstaunlicherweise hatte eine Bäckerei geöffnet, vor der bereits eine lange Schlange größtenteils alter Leute stand, die alle ihre Zuteilungshefte umklammerten. Zwei nervös wirkende deutsche Soldaten beobachteten sie, das Gewehr über der Schulter. In der Stadt stank es nach Abwasser und Staub, aber die Brise vom Meer war frisch, und er glaubte, einen Anflug des hölzern-rauchigen Geruchs von Herbstlaub darin entdecken zu können.
    Ihm war, als schwebe er. Er war nicht sicher, ob er in der Nacht ein Auge zugetan hatte.
    Ein Anruf des Bürgermeisters hatte ihn aus dem Bett geholt – Neuigkeiten über die Invasion. Seit der Morgendämmerung waren überall an der Küste Einheiten der zweiten Welle gelandet. Die Navy und die RAF
nahmen die Deutschen unter anhaltenden Beschuss, und ihre Verluste waren gewaltig, wahrscheinlich noch höher als bei der ersten Welle. Trotzdem kamen einige von ihnen durch. Und sie schafften es, ihre Panzer und ihre schwere Ausrüstung in Häfen wie Folkestone an Land zu bringen, obwohl ihre Pioniere die Häfen zunächst von Trümmern befreien mussten. »Es wird alles erst noch schlimmer, bevor es besser wird, George«, hatte Harry Burdon düster gesagt.
    Nach allem, was geschehen war, schwirrte George der Kopf. Das Schlimmste war die Sorge um seine Tochter, sein kleines Mädchen in ihrer WAAF-Uniform, im Brennpunkt eines tödlichen Konflikts. Er hatte seit Freitag, als sie sich mitten in einem Streit getrennt hatten, nichts mehr von ihr gehört. Aber er musste seine Pflicht erfüllen. Er sog die frische Luft tief in die Lungen und versuchte, seine Gedanken zu klären.
    Als er zum Rathaus kam, traf gerade der Bürgermeister ein. Er hatte einen Koffer dabei. »Morgen, George. Gut geschlafen?«
    »So gut, wie man’s erwarten kann, schätze ich, Harry. Und Sie?«
    »Hab mich schlaflos im Bett gewälzt. Diese verrückte Geschichte in der Abbey.«
    »Wozu der Koffer?«
    »Tja, ich werde abgeholt. Anordnung der SS. Ich und meine Familie. Sie sprechen nicht von ›Geiseln‹, aber darauf läuft’s hinaus.«
    »Hmm. Wir müssen uns

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