Diner des Grauens
Duke, mitzukommen und ihr Gesellschaft zu leisten. Er stimmte widerstrebend zu, besorgt, es könnte sich wieder ein peinliches Schwe i gen über die Fahrerkabine legen. Seine Bedenken wurden jedoch schnell beiseite gewischt. Ob sie ihm nun seine Werwolf-Ausrede abnahm oder nicht, Loretta schien die Zurückweisung jedenfalls gut aufzunehmen.
Der Truck glitt die Interstate entlang. Kurze Gespräche wechselten sich mit langen Schweigeperioden ab . Nicht die unangenehme Art von Schweigen, sondern die absolute Stille zweier Menschen, die nicht das Gefühl hatten, jede Sekunde mit Lärm füllen zu müssen. Ab und zu warf Loretta einen höflichen Kommentar über das Wetter ein und Duke nickte oder schüttelte den Kopf, je nachdem, was die Situation erfo r derte.
Nachdem sie jede mögliche Variante von »Warm genug für Sie?« ausgereizt hatte, konnte Loretta nicht anders, als ihrer Neugier nachzugeben.
»Macht es Ihnen was aus, wenn ich Ihnen eine persönl i che Frage stelle? Es geht um Ihren Zustand.«
»Nö.«
»Wie sind Sie so geworden?«
Er zog den Schirm seiner Baseballmütze tiefer in die Augen. »Hab einen Werwolf getötet. So wird man einer. › Wer die Bestie tötet, erbt ihr Herz. ‹ Zumindest ist das die hübscheste Art, auf die ich es bisher gehört habe.«
»Sie haben einen Werwolf getötet?«
»Ich habe ihn mit einem Sattelschlepper überfahren. Es war dunkel und ich habe mich nicht genug auf die Straße konzen t riert. Er schoss mir genau vor den Wagen und diese Neunachser kriegt man ja nicht so schnell zum Stehen. Hat dem armen Kerl den Kopf platt wie einen Pfannkuchen gequetscht. Es war keine Enthauptung im eigentlichen Sinn, aber nah genug dran, denke ich. Jedenfalls bin ich aus dem Truck geklettert. Da hatte er sich dann schon wieder in einen nackten Menschen verwandelt.«
»Was haben Sie gemacht?«
»Bin zurück in meinen Truck gestiegen und hab g e macht, dass ich wegkomme.«
»Sie haben nicht auf Hilfe gewartet?«
»Glaube nicht, dass es Ärzte gibt, die einen zermatsc h ten Schädel wieder hinkriegen. Und ich hatte eben erst meinen Führerschein bekommen. Wollte mir nicht das Leben versauen, weil ich einen nackten Typen platt gefa h ren hatte, der mitten in der Nacht im Wald rumrannte.«
Loretta runzelte die Stirn. »Kommt mir nicht richtig vor.«
»Es war auch nicht richtig, aber das habe ich eben g e macht. Weiß heute noch nicht, wie er hieß oder wie er aussah, aber er war eindeutig ein Werwolf.«
»Also haben Sie gewusst, dass Sie auch einer werden wü r den?«
»Nicht vor dem nächsten Vollmond. Das Zeug über den Mond, der Werwölfe beeinflusst, ist allerdings nur halb richtig. Ich werde mit dem Vollmond stärker, aber ich muss mich nicht verwandeln, wenn ich nicht will. Damals war ich aber noch ein halbes Kind und wusste nicht mal, dass ich geworden war, was ich war. Ich gerate in diese Kne i penschlägerei wegen dieser Meinungsverschiedenheit beim Billard. Dieser Biker zerschlägt diesen Billardqueue auf meinem Kopf und ich verliere die Kontrolle. Ich verwandle mich genau da vor allen Leuten. Hat allen eine Heide n angst eingejagt, inklusive mir.« Er kicherte. »War auch gut so. Ich war so panisch, dass ich wegrannte, statt jeden Einzelnen in dem Laden umzubringen.
Danach war ich ein paar Monate lang unterwegs, hab mich bei jedem Vollmond verwandelt und gedacht, ich dürfte nicht in die Nähe von Leuten gehen, weil es damit enden könnte, dass ich ihnen die Herzen rausreiße. We r wölfe können nicht anders. Es baute sich immer mehr und mehr auf, bis ich schließlich diesen Typen allein im Wald fand und anfiel.«
In stiller Missbilligung schüttelte sie den Kopf.
»Ich nehme ihn also auseinander, beuge mich über se i nen zerfetzten Körper und nage an seinen Eingeweiden. Die scheiße schmecken. Also beiße ich ein großes Stück von seinen Innere i en ab und würge es hinunter, weil ich denke, dass das jetzt von mir erwartet wird. Und ich habe dieses Bild vor Augen, wie mein Leben sein wird. Faulige Innereien essen, durch die Wälder schleichen, faulige Innereien auskotzen, mich auf einem einsamen Stück der Interstate unter einen Neunachser werfen.«
»Inzwischen scheint es Ihnen aber ganz gut zu gehen«, stellte Loretta fest.
»Dazu komme ich gerade. Ich höre auf, an dem Kerl rumz u kauen, weil ich würgen muss, und als ich mich umdrehe, ist er gerade dabei, seine Innereien wieder rei n zustopfen. Er starrt mich finster an und sagt mir, ich soll ihm helfen, seine
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