Diner des Grauens
heilvolle Kichern eines Schulmädchens, das mit den Legionen der Dunkelheit verkehrte und einen Heidenspaß dabei hatte.
VIERZEHN
Sobald Duke den Wagen auf dem Parkplatz des Diners anhielt, sprang Earl heraus, schnappte sich den ramponie r ten Kassette n recorder von der Ladefläche und ging die Straße hinunter.
»Wo gehst du hin?«
»Ich besorg mir was zu essen«, antwortete Earl.
»Irgendein besonderer Grund, warum du den Kassette n recorder mitnimmst?«
»Ist ein weiter Weg.«
»Denk dran, der Sheriff will dich sprechen.«
»Ich bin irgendwann wieder da.«
Earl trat aus dem Licht der Leuchtreklame des Diners und wurde von der Nacht verschluckt. Er ging etwa eine halbe Meile die Straße entlang, bevor er umdrehte. Er fühlte sich den Schikanen, denen Duke ihn aussetzen würde, wenn der We r wolf herausfand, dass er einen Geist besuchte, nicht gewachsen. Er würde nicht viel sagen. Nicht mit Worten. Aber Duke konnte mehr mit einem Blick ausdrücken als jeder andere, den er kannte. Earl hatte Glas fressende, stahlharte, betrunkene Kerle vor Entsetzen zitternd zurückweichen sehen, wenn Duke auch nur eine Augenbraue hob. Earl konnte es nicht nachvollziehen. Er wusste nur, dass er den hochgezogenen Augenbrauen und dem wissenden Lächeln, das Duke ihm zuwerfen würde, wenn der Werwolf etwas von seiner Friedhofsverabredung erfuhr, nicht gewachsen war.
»Es ist keine Verabredung«, erinnerte er sich selbst ve r bal. »Es ist einfach ein … « Er suchte nach einem weniger unang e nehmen Wort: » … nur ein Termin.«
Er runzelte die Stirn. Das war einen Tick zu formell.
»Geselliges Beisammensein?«, versuchte er. Aber das klang auch nicht gut. Nicht, wenn es nur zwei Leute waren, die be i sammen saßen.
»Sitzung?«
Er wusste nicht, was es war, aber es war definitiv keine Ve r abredung. Cathy war einsam und er war einfach nur nett. Das war alles.
»Rendezvous«, versuchte er, aber das Wort war so fra n zösisch, dass es sofort romantische Schlüsse zuließ.
»Es ist nur eine Sache«, entschied er schnell. »Eine nette S a che. Das ist alles.«
Er schlich geduckt zum Friedhof hinauf, damit niemand ihn vom Diner aus entdecken konnte, obwohl er ziemlich sicher war, dass keiner so genau hinschauen würde. Nur zur Sicherheit sprang er an der dunklen Seite des Friedhofs über den zerbr o chenen Zaun.
»Sie sind gekommen«, sagte Cathy.
Sie lächelte, und obwohl Earls Körper nicht genau wie ein sterblicher Körper reagierte, spürte er trotzdem ein seltsames Flattern im Magen.
»Ich hatte es versprochen. Ich hab das hier mitge b racht.« Er hielt den verbeulten Kasten hoch. »Ich dachte, Sie würden vielleicht ein bisschen Musik hören wollen. Weil – ich meine – es ist wahrscheinlich schon eine Weile her, seit Sie das letzte Mal die Gelegenheit dazu hatten.« Er kramte ein paar Kassetten aus seinen Taschen hervor. »Ich habe Elvis und Randy Travis, B. B. King, Buddy Holly … «
»Buddy Holly. Das wär ganz toll.«
»Sie sind tatsächlich schon eine Weile hier.« Er legte die Kassette ein.
»So lang auch wieder nicht. Ich mag Buddy Holly ei n fach.«
Buddy schmetterte gerade ein Lied, das so sehr vom Kna t tern des Geräts übertönt wurde, dass es kaum noch erkennbar war. Earl fummelte an den Knöpfen herum, um das Problem zu beheben, doch das Rauschen blieb. Er gab auf und setzte sich neben Cathy auf ihr Grab.
»Wie war Ihr Tag?«, fragte er.
»Wie immer, wie immer. Ich habe ein paar Vögel ges e hen. Ich glaube, es waren Enten. Und ein Käfer ist vorbe i gefahren. Hab schon lang keinen mehr gesehen.«
»Man hat wieder angefangen, sie zu produzieren. He i ßen jetzt Beetle.«
»Cool.«
»Der Motor ist neuerdings vorn.«
Sie runzelte die Stirn. »Das ist blöd. Dann ist es gar kein richtiger Käfer mehr, oder?«
»Nö«, stimmte er zu.
Sie hörten eine Weile der Musik zu. Sie sang den Text lau t los mit.
»Wie war Ihr Tag?«, fragte sie.
»Okay. Ich hab geschlafen.«
»Oh. Stimmt ja. Hab ich vergessen. Müssen Sie tagsüber schlafen oder können Sie herumlaufen, wenn Sie wollen?«
»Ich bin ziemlich tot, wenn die Sonne aufgegangen ist.«
»Träumen Sie?«
»Vampire träumen nicht.«
»Nie?«
»Naja, wir schlafen nicht richtig. Wir schalten eher ab.«
»Schade.«
Cathy nickte im Takt der Musik. Earl dachte daran, ihr den Arm um die Schulter zu legen, aber es erschien ihm nicht richtig. Er wollte es zwar, dachte er, aber es war vielleicht noch ein bisschen zu früh. Und was, wenn
Weitere Kostenlose Bücher