Diner des Grauens
sie herausgefunden hatte, dass er im wahren Leben eine Schwuchtel war. Niemals zuvor jedoch hatte sie gefühlt, was sie für den Werwolf in der Lederj a cke fühlte.
Aber am Ende der Nacht würde er entweder tot oder ve r jagt sein. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie daran, ihre Pläne zu ändern. Doch keine noch so große Menge schamloser Teenagerlust konnte sie von ihrer heiligen Mission abbringen. Was furchtbar schade war, weil sie sich ernsthaft mit dem Gedanken trug, ihre Unschuld an ihn zu verlieren. Chad zählte wohl kaum. Er war mehr eine lästige Pflicht als eine sexuelle Begegnung. Und eine kurze Pflicht noch dazu.
»Gehen wir, Babe?«, fragte Chad.
Sie nickte.
Sie stiegen auf Chads Motorrad und verließen den Par k platz.
DREIZEHN
Früher war Make Out Barn ein bevorzugter Zufluchtsort f ür Teenager gewesen. Das leer stehende Gebäude war Schauplatz regelmäßiger Treffen mit heftigem Gefummel und linkischem Herumgetatsche gewesen. Es hatte sogar einen oder zwei Fälle von echtem Sex im Gebäude geg e ben, wenn auch lange nicht so viele, wie es einen die Prahlereien im Umkleideraum gla uben machen wollten. Das Gebäude war ein Ort für bestimmte Leute, vor allem für solche mit überschwappenden Hormonen und akne-induzierter Angst, vorzugsweise in Zweiergruppen. Ein Ort, an dem sie aus der endlosen Hölle fliehen konnten, als die die Teenager ihr Leben wahrzunehmen pflegen, bis sie erwac h sen werden und feststellen, dass die wirkliche Hölle im Allg e meinen um das mittlere Alter herum zuschlägt, wenn man entdeckt , dass das Leben entweder viel zu kurz oder viel zu lang ist.
Tammy hatte dem ein Ende gemacht.
Jede Priesterin brauchte einen Tempel, einen Ort, wo sie ihre verbotenen Künste in Ruhe und Frieden ausüben konnte. Das erste Mal, als ihre Mutter hereingeplatzt war, als sie die Geister beschworen hatte , hatte das erwiesen. Zu diesem Zweck hatte Tammy Make Out Barn in Besitz genommen. Es war nicht schwer gewesen. Es hatte nur ein wenig sorgfältig kontrollierter Brandstiftung bedurft und eines einfachen Ritus der Schaurigen Aura. Ihr Tempel war seitdem in Ruhe gela ssen worden und eignete sich deshalb für ihre Bedürfnisse. Sie konnte ihre Vo r sehung studieren, die Toten aufwecken und Leichen liegen lassen, um schwarze Magie aufzusaugen, ohne sich Gedanken um Kinder machen zu müssen, die nach den Freuden des Au s tauschs verschiedenster K örperflüssigkeiten suchten. Oder um Erwachsene, die ebendiese Freuden unterbinden wollten.
Sie ließ den Lichtstrahl ihrer Taschenlampe über die Leichen wandern. Das Ritual verlangte, dass sie in flachen Gräbern begraben wurden, deshalb lagen sie in zentimete r tiefen Löchern im Boden, von Kopf bis Fuß mit einer dünnen Erdschicht bedeckt. Das Zeichen Derer Die Den Erdrückenden Schatten Innewohnen war in ihre Stirn eingeritzt. Die erste Stufe des Zaubers war bereits in Kraft getreten. Das stinkende Fleisch der Leichname war blas s grün und ihre Zähne zu Reihen von r a siermesserscharfen Reißzähnen geworden. Dicke, schwarze Krallen waren aus ihren Fingerspitzen gewachsen. Sie waren immer noch tot, würden sich aber bald erheben, um ihr zu dienen.
Fröhlich grinsend holte sie die okkulten Siebensachen aus ihrem Rucksack.
Chad beleuchtete ein totes Gesicht. »Äh … Tammy?«
Sie achtete nicht auf ihn. Tammy existierte innerhalb der Tempelmauern gar nicht.
»Mistress Lilith.«
»Ja?«
Er schlich in einem weiten Kreis um die toten Leute h e rum. »Was machen wir mit denen da?«
»Wir?« Sie kicherte über das Pronomen. Als wäre Chad ein ebenbürtiger Partner innerhalb ihres Vorhabens. »Wir wecken die Toten auf.«
»Oh. Okay. Wie Zombies, oder?«
»So ähnlich.«
Das Ritual besaß auch gewisse Elemente der Zombi e produ k tion, aber dies hier war eine viel gefährlichere Sorte von wa n delnden Toten. Schon der Zauberspruch selbst barg für diejen i gen, die ihn aussprachen, ein gewisses Risiko. Es war die schwierigste Leistung in schwarzer Magie, die sie je versucht hatte. Und falls etwas schief ging, würde jemand zerrissen werden, wenn ihre Lakaien erst auferstanden. Chad hatte sich freiwillig für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt, wenn es nötig werden sollte. Obwohl er es im Augenblick noch nicht wusste.
Er griff nach der schwarzen Kerze, die sie aufgestellt hatte. Sie schlug seine Hand weg.
»Fass nichts an!«
»Okay.« Er warf einen nervösen Blick auf den nächsten toten Kerl. »Und müssen wir uns wieder
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