Diner des Grauens
das Motorrad und schlang ihre Arme tief unten um seinen Bauch, legte ihr Kinn auf seine Schulter und hauchte ihm ins Ohr.
»Können wir die Apokalypse nicht bis nach dem Schu l abschluss verschieben?«
»Chad!«
»Okay, okay.« Er brachte den Motor auf Touren. »Ich hab ja nur gefragt.«
ZWEIUNDZWANZIG
Rockwood General Supply war eine Kombination aus Lebensmittelgeschäft, Futtermittelhandlung und G e brauchtwagenhän d ler. Wie auch große Teile der restlichen Architektur in der Stadt, erhob das Gebäude keinerlei Anspruch auf Dekoration. Sein Name war mit einer Scha b lone in schwarzen Buchstaben an jede der weißen Wände gepinselt worden. Der Vorrat an Gebrauchtwagen bestand aus drei ramponierten Pick-ups in verschiedenen Stadien des Verfalls und einem auf Betonklötzen aufgebockten Volvo, der, glaubte man einem unter die Sche i benwischer geklemmten Pappschild, nichtsdestotrotz »trau m haft lief«. Abgesehen von schrottreifen Autos war der Laden gut sortiert. Duke bekam die meisten Dinge auf Earls Liste. Nicht, dass viel schwer zu findendes Zeug draufgestanden hätte. Das meiste war ziemlich unspektakulär.
Die Magie lag im Banalen. Hector hatte ihm einmal e r zählt, dass ein Typ mit drei Metern Klebeband, einem PEZ-Spender, einem CD-Player und einem Paar übergroßer Clownsschuhe für den Untergang des Römischen Reichs verantwortlich gewesen war. Duke hatte eigentlich nie verstanden, wie das funktioniert haben sollte, denn imme r hin war das Römische Reich schon lange, bevor irgende i ner dieser Gegenstände erhältlich gewesen war, unterg e gangen. Aber Magie hielt sich niemals mit solchen Parad o xen auf. Angeblich gab es in jedem durchschnittlichen Badezimmer die nötigen Utensilien, um die Toten aufer s tehen zu lassen oder einen bösen Geist zu exorzieren. Natürlich brauchte man einen gewissen Grad an Talent, um so etwas anzustellen. Was der Grund dafür war, dass es sich die meisten Magie Praktizierenden leichter machten, indem sie mit Blut geschriebenes bizarres Gekritzel daz u gaben, mit exotischen Requisiten herumwedelten und übertrieben dramatische Gesä n ge intonierten. Um mit Hector zu sprechen: Die unsichtbaren Mächte hatten im Allgemeinen immer etwas für eine gute Show übrig.
Duke streifte zweimal durch die Gänge. Er hatte immer noch nicht alle Artikel gefunden, als er zur Kasse ging.
»'n Abend, Junge«, sagte die kleine alte Frau. »Alles g e fu n den?«
Er ging seine Liste durch. »Ich brauche Kerzen.«
»Da hinten haben wir welche.«
»Die sind weiß. Ich brauche blaue.«
»Ich glaub nicht, dass wir so etwas haben.« Sie drehte sich zum hinteren Teil des Gebäudes um und rief: »Hey Bill! Bill! Also Bill, du fauler Hurensohn!«
Die Tür mit der Aufschrift »Privat« öffnete sich einen Spalt weit. Niemand kam heraus, aber eine Stimme war zu hören.
»Was?«
»Haben wir Kerzen?«
»Gang sechs!«
»Die sind weiß! Dieser Typ hier will blaue!«
»Blaue? Für was?«
Die Dame an der Kasse schüttelte den Kopf. »Geht uns nichts an! Schau einfach nach, ob wir welche haben!«
»Wir haben keine!«, brüllte Bills Stimme auf der Stelle z u rück.
»Hast du nachgesehen?«
»Ich hab doch gesagt, wir haben keine, Mary!«
»Hast du nachgesehen?«
»Heiliger Bimbam, Mary! Ich weiß, was wir hier hinten h a ben!«
»Jetzt schau gefälligst nach, du nutzloser … «
»Schon gut, schon gut! Ich seh nach!«
»Und ich rate dir, auch wirklich nachzuschauen!«, knurrte Mary. »Ich werds merken, wenn du's nicht tust!«
Die Tür knallte zu.
Mary fing an, Dukes Einkauf einzutippen. »Tut mir Leid, Junge.«
»Schon in Ordnung.«
Die Kasse war antik. Sie schepperte und klingelte bei jedem Tastend ruck.
»Hey, Duke!«
Tammy kam durch die Vordertür des Ladens gehüpft, gefolgt von einer Frau, die ihre Mutter sein musste. Das Mädchen hopste an seine Seite.
»Hey«, nuschelte er zurück.
»Was machst du so?«
»Einkaufen.«
»Cool.«
Bills Tür öffnete sich. »Gibt keine blauen Kerzen hier hi n ten!«
»Sicher?«, fragte Mary.
»Ja!«
Sie wandte sich achselzuckend zu Duke um. »Tut mir Leid, Junge.«
»Das macht nichts. Kein Problem.« Er fuhr mit dem Finger seine Liste entlang zum nächsten Posten. Sie hatten es vermu t lich nicht, aber in einer Stadt wie Rockwood konnte man nie wissen, wenn man nicht fragte.
»Haben Sie gepulverte Rabenaugen?«
»Könnte sein. Muss mal nachschauen. Hey Bill! Bill, du nichtsnutziger Bastard!«
Die Tür öffnete sich wieder einen
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