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Diner des Grauens

Diner des Grauens

Titel: Diner des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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auf dem Papier zwar gut, aber so toll wie man denkt, ist es auch wieder nicht.
    Ich sehe das so: Sterben ist das Ding, das deinem Leben Sinn gibt, okay? Du willst vielleicht nicht da ankommen, aber ohne hast du nur eine lange, lange Straße ins Ni r gendwo. Ich hatte mich daran gewöhnt , diese Straße en t langzuschauen, Duke.« Er blickte zum Horizont, wo die Sonne bald aufgehen würde. »Aber ich glaube nicht, dass ich das noch länger kann.«
    »Von was redest du da, Earl?«
    »Ich rede davon, dass es vielleicht Zeit ist, damit Schluss zu machen.«
    Duke warf dem Vampir einen skeptischen Blick zu.
    »Jetzt hör mir mal bis zum Schluss zu, bevor du sagst, ich sei blöd. Jeder muss mal sterben. Wir Untoten vers u chen zwar, so zu tun, als müssten wir nicht. Doch nur weil wir keinen natürl i chen Tod sterben. Das ist aber nicht genau das Gleiche. Natü r lich kann es sein, dass es bis zum Ende der Zeit geht, aber ich würde nicht drauf wetten.
    Ich habe jetzt gut hundert Jahre gelebt. Das meiste d a von war nicht schlecht. Es gab hier und da ein paar gute Stellen, aber zum größten Teil war es einfach nichts B e sonderes. Dann kommen Cathy und diese letzten fünf Tage daher, und mir wird klar, dass es das Warten wert war. Das wars wirklich. Aber jetzt ist es vorbei, und ich glaube nicht, dass da draußen noch i r gendwas Besseres auf mich wartet.
    Ich sage jetzt nicht, dass ich mich wirklich selbst u m bringen will. Aber es wird irgendwann passieren und entweder muss ich es selbst machen oder jemand macht es für mich. Vermutlich auf eine weniger angenehme Art.«
    »Auf was willst du raus?«
    »Es ist so, Duke, auf die eine oder andere Art werde ich he u te Nacht sterben. Und ich bitte dich als meinen besten Freund, mir zu helfen. Ich werde dir einfach den Rücken zudrehen, hier an Cathys Grab, und an sie denken. Und du schleichst dich von hinten an und reißt mir sauber den Kopf ab. Das wird der letzte Gefallen sein, um den ich dich bitte, und wenn du wirklich mein Freund bist, wirst du es für mich tun.«
    Er drehte sich um, versuchte, einen klaren Kopf zu b e kommen, und spürte die kalte, trockene Erde unter sich. Cathys lächelndes Gesicht erschien vor seinem inneren Auge, und er lächelte zurück. Er wagte zu hoffen, dass er sie auf der anderen Seite finden würde, obwohl er, wenn es ein Leben nach dem Tod gab, bezweifelte, dass sie am selben Ort landen würden.
    »Du tust es nicht, oder?«
    Duke schüttelte den Kopf.
    »Mann, du Arsch! Das ist doch nicht zu viel verlangt!«
    »Vielleicht, aber du wirst es schon selbst machen mü s sen.«
    »Na toll. Das werde ich. Ich überlasse es einfach der Sonne.«
    »Tu das.« Duke räusperte einen Mund voll Spucke und Schleim hoch und spuckte ihn in den Dreck. »Earl, du weißt, dass es andere geben wird.«
    »Nicht so wie sie.«
    »Warts ab.«
    »Was? Noch mal hundert Jahre? Danke, aber nein da n ke.«
    »Mach, was du willst. Schon mal einen Vampir gesehen, der im Sonnenlicht brät?«
    »Nein.«
    »Ich aber. Einmal.« Duke schüttelte langsam den Kopf. »Es ist nicht wie im Film. Er ist nicht explodiert oder in Flammen aufgegangen oder irgendwas Schnelles in der Art. Nein, er ist mehr zu Matsch geworden. Als Erstes hat sich seine Haut abgeschält, Schicht für Schicht. Dann sind seine Muskeln einfach irgendwie von den Knochen we g gematscht. Und seine Organe haben gequalmt und getropft und es gab eine schwarze Pfütze. Dann haben seine Kn o chen geknackt und gekracht und sind flüssig geworden. Hat ungefähr fünf Minuten gedauert, bis die arme Sau endlich den Geist aufgegeben hat. Die meiste Zeit davon hat er sich heiser geschrien.«
    Earl starrte ihn wütend an. »Du redest es mir nicht aus, D u ke!«
    »Das versuch ich auch gar nicht. Dachte nur, ich sage dir, worauf du dich einstellen musst.«
    »Danke.«
    »Gern geschehen. Also, du hast noch ungefähr zehn M i nuten bis Sonnenaufgang. Ich würde ja dableiben, aber einem Blutsauger beim Bräunen zuzusehen hat mir g e reicht.«
    »Wenn du mein Freund wärst, würdest du mich umbri n gen.«
    »Tja, vielleicht ist mir morgen danach, aber so lange kannst du ja nicht warten.« Als der Werwolf durch das Friedhofstor ging, rief er, ohne sich umzusehen: »Wir sehen uns, Earl … oder eher nicht.«
    Die ersten Sonnenstrahlen kamen. Der Horizont färbte sich blassrot. Earl tat es in den Augen weh, hinzusehen. Er versuc h te, an Cathy zu denken, um nicht über den Schmerz nachdenken zu müssen, den der Morgen seinem

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