Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
und behauptet Ende Februar seinerseits, Cola in der Tastatur habe seinen Rechner ruiniert. Ein gewisses Maß an einvernehmlicher Tatsachenverdrehung funktioniert so ähnlich wie die Demokratie – nicht besonders gut, aber immer noch besser als alles andere.
Mit der richtigen Einstellung aller Beteiligten ist die Deadline das machtvollste Arbeitsinstrument, das dem Prokrastinierer zur Verfügung steht. Wo auch nur ein FünkchenKreativität für die Erledigung der Aufgaben benötigt wird, vermag die Deadline oft alle verfügbare Schaffenskraft herauszukitzeln – jedenfalls besser als andere Instrumente. Die Deadline stellt das Versprechen einer zukünftigen, plötzlichen Erleichterung dar und wirkt so antriebsverstärkend. Nicht zufällig trägt sie ihren martialischen Namen. Der Wunsch, auf einen oft mythisch überhöhten Zeitpunkt hinzuarbeiten, hat vermutlich mit der Sehnsucht zu tun, dass man irgendwann «ankommen» könne und dann alle Erdenschwere von einem abfalle. Kommende Forschergenerationen mögen daher untersuchen, ob das Verlangen nach einer Deadline mit der Sexualisierung der Arbeit und dem Streben nach einem Höhepunkt zu tun hat.
Leider haben Deadlines nicht nur Vorteile. Diverse Studien aus den letzten vierzig Jahren zeigen, dass angenehme, freiwillig ausgeübte Aktivitäten unattraktiver werden, sobald jemand sie mit einer Deadline ausstattet. Sofort wird es schwerer, sich zu dem aufzuraffen, was sich jetzt wie eine lästige Pflicht anfühlt, und die Qualität der Ergebnisse sinkt. Die Psychologen Mark Burgess, Michael Enzle und Rodney Schmaltz haben sich mit der Frage befasst, wie sich diese schädlichen Auswirkungen von Deadlines begrenzen lassen. In ihren Experimenten mussten Studenten einfache Lego-Bauaufgaben lösen. Eine Gruppe konnte selbst entscheiden, wie viel Zeit zur Verfügung stehen sollte, eine zweite Gruppe bekam ein festes Limit vorgegeben, einer dritten Gruppe gab man lediglich die Anweisung, möglichst schnell zu arbeiten, und eine Kontrollgruppe hatte gar keine Deadline. Nach Lösung dieser Aufgabe wurde heimlich gemessen, ob und wie lange sich die Studenten in einer Pause freiwillig mit den Legosteinen beschäftigten. Die Studenten, die möglichst schnell arbeiten sollten, spielten danach gern weiter mit den Steinen, gefolgt von denen, die keine oder eine selbstgesetzteDeadline hatten. Nur die Studenten aus der Gruppe mit der festen Deadline mochten ihre Pause nicht mehr mit dem unsympathisch gewordenen Lego verbringen. Eigene Zwischendeadlines richteten keinen Schaden an: Das Legovergnügen der Studenten, die so vorgingen, blieb fast genauso groß wie das einer Kontrollgruppe ganz ohne Deadline.
Eine Studie der Verhaltensökonomen Dan Ariely und Klaus Wertenbroch aus dem Jahr 2002 untersucht dieselbe Frage, aber weniger im Hinblick auf das Vergnügen an der Arbeit als im Hinblick auf deren pünktliche Abgabe und Qualität. Dabei erwies sich die End-Deadline als das ungünstigste Modell, sowohl was die Pünktlichkeit der Abgabe als auch ihre gründliche Erledigung anging. Am besten schnitten die Testpersonen ab, denen man drei feste Zwischendeadlines vorgegeben hatte. Allerdings machte ihnen die Arbeit am wenigsten Spaß. Eine dritte Gruppe mit selbstgesetzten Deadlines lag, was Gründlichkeit und Pünktlichkeit betraf, im Mittelfeld.
Im Hinblick auf den Spaß an der Arbeit ist es also ideal, gar keine Deadline zu haben. Ernstzunehmende Zwischendeadlines tun der Qualität der Arbeit gut und sorgen für pünktliche Abgabe, machen aber nicht froh. In der im Alltag häufigsten Situation, in der man vor einer einzigen, von außen festgesetzten Deadline steht, sollte man sich zumindest eigene Zwischendeadlines setzen, selbst wenn das nicht so leicht ist.
Die Psychologen Roger Buehler und Michael Ross baten in zahlreichen Versuchen Studenten, einzuschätzen, wann sie bestimmte Projekte abschließen würden. Die Studenten sollten pessimistische, realistische und optimistische Prognosen abgeben. Das Ergebnis ist wenig überraschend: In keinem Experiment gelang es auch nur der Hälfte der Teilnehmer, ihre Aufgaben zu irgendeinem der drei Zeitpunkte abzuschließen.Selbst wenn die Forscher ausdrücklich um eine äußerst konservative Vorhersage baten, überschätzten die Studenten ihre Fähigkeiten, die Projekte pünktlich zu beenden.
Gerade für LOBOs funktionieren Deadlines zwar nur dann, wenn sie mit Selbstschussanlagen und mehreren eingebauten Weltuntergängen ausgerüstet
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