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Dinner for One Killer for Five

Dinner for One Killer for Five

Titel: Dinner for One Killer for Five Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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gekommen? Würde sie ihn jetzt erhören, jetzt, wo die Standesunterschiede um ein Haar...?
    »Sicher, Miss Sophie?«
    »Ich denke, wir sollten nicht vergessen, dass auch der liebe Gero ein Mitglied der Familie war.«
    »Ja, Miss Sophie.«
    »Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Einen Stuhl am Tisch unseres Herzens freihalten. Ich denke, dass sind wir ihm nach dieser Verkettung unglücklicher Umstände schuldig.«
    »Ja, Miss Sophie.«
    »Ach, James.«
    »Ja, Miss Sophie?«
    »Und besorgen Sie mir doch bitte aus der Buchhandlung Castlespoons etwas über Ornithologie.«
    »Selbstverständlich, Miss Sophie.«



Mr. Pommeroy

    Zärtlich strich Archibald Pommeroy über die Härchen auf James’ Fingerrücken. Der Butler räusperte sich und zog die Hand zurück. Mr. Pommeroy warf ihm einen koketten Blick zu. Nun gut, der Mann pflegte seltsame Marotten, doch andererseits hatte James ihm einiges zu verdanken.
    »Heilige Heerscharen des Himmels, ich bin ganz außer Atem«, hörte er Miss Sophies Stimme aus der Bibliothek. Eigentlich fand James die Erscheinung von Mr. Pommeroy geradezu grotesk. Die eng anliegenden Sporthosen erinnerten ihn an ein Insekt. Eine Mischung aus Fliege und Hummel vielleicht. Mr. Pommeroy drehte sich in einer Pirouette einmal um die eigene Achse..
    »Nun? Ganz ordentlich in Schuss, was?«
    James nickte und fuhr sich über den Bauch.
    »Na, mein lieber James, Kopf hoch. Das wird schon. Haben wir erst ein paar Wochen trainiert, dann werden Sie zehn, ach, was sage ich, fünfzehn Jahre jünger aussehen!«
    James lächelte verlegen.
    »Pommeroy, müssen Sie mich hier so schrecklich allein lassen?« Miss Sophies Stimme klang vorwurfsvoll.
    James fuhr fort, mit dem Staubwedel das Bücherregal neben der Vitrine zu bearbeiten. Es war ungerecht: Die hatten ihren Spaß, und er durfte später wieder alles aufräumen. Nach den Sportstunden mit dem neuen Trainer für körperliche Ertüchtigung sah es in der Bibliothek immer aus wie in einer Turnhalle, die von einer Kompanie zu allem entschlossener Kinder heimgesucht worden war. Das Grässlichste aber war die schwere Rosshaarmatte, die er in die Abstellräume wuchten musste. Warum turnten sie nicht auf dem Teppich, wie andere Leute auch?
    »Pommeroy, mein Lieber, wollen Sie mir untreu werden?« Mr. Pommeroy reichte James sein Handtuch und flüsterte: »Ganz feucht von meinem Schweiß.« Mit einem Augenklimpern verabschiedete er sich in die Bibliothek.
    James war der Zutritt während der Leibesertüchtigung strengstens verboten. Miss Sophie befürchtete, dass die »angemessene Distanz«, die zwischen ihnen herrschte, zunichte gemacht werden könnte, wenn er sie in ihren Sporthosen sah. Miss Sophie und ihr Standesdünkel. Das verklemmte 19. Jahrhundert war doch endgültig vorbei! Aber das würde ihr wohl frühestens an ihrem 90. Geburtstag dämmern. Wenn überhaupt.
    Sie hatte ein Auge auf diesen Pommeroy geworfen. Hundert Meilen gegen den Wind konnte er das riechen. Doch Archibald Pommeroy beachtete Miss Sophie lediglich als Herausforderung für seine Trainerqualitäten. Auch das hatte er bemerkt. Oh ja, er, James, kannte sich aus mit den Untiefen der menschlichen Seelen.
    Aus dem Nebenraum vernahm er das Knacken von Gelenken. »Schön in die Knie und federn, federn... ja, so ist es gut...« Pommeroy war in seinem Element. »Und die Taille schön drehen... drehen... drehen...«
    Merkwürdig dieser Pommeroy. Arbeitete als Trainer für Leibesübungen »unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Bewegungslehre«, wie er sagte, und war doch eigentlich ein Spross aus überaus begüterten Verhältnissen. Die väterlichen Fabriken zur Herstellung von Konservendosen verteilten sich über das gesamte Königreich. Pommeroy senior galt als echter Industriemagnat. Als Konserven-König. Für James war es unerfindlich, warum sich sein Sohn damit abmühte, steifen Damen und früh vergreisten Männern geschmeidige Gelenke und einen federnden Gang anzutrainieren. Immerhin war Pommeroy anders als alle anderen seines Schlages. Wie spleenig er auch immer sein mochte, der Mann kannte keine Standesunterschiede. Sofort hatte er auch ihm Stunden angeboten. Selbstverständlich hinter Miss Sophies Rücken. James’ Haltung, seinen, wie er sagte, »durch die Schwerkraft etwas außer Fasson geratenen Bauch«, ja selbst die Durchblutung von James’ Gesichtshaut wollte Mr. Pommeroy mit seiner chinesischen Bewegungstherapie wieder »harmonisch ausbalancieren«. So hatte er das

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