Dinner for One Killer for Five
Colonel, ohne Zweifel, aber können Sie mir trotzdem etwas über seinen Umgang verraten?»
»Ich weiß nur, dass er in letzter Zeit mit so einem kleinen Buckligen herumgezogen ist. James, hieß er, glaube ich. Mein Sohn war nicht nur schwul, der muss auch unter Geschmacksverirrung gelitten haben. Außerdem war er kurzsichtig. Aber glauben Sie nur nicht, dass er eine Brille getragen hätte. Der ist lieber gegen irgendwelche Hausmauern gelaufen. Von mir hat er das jedenfalls nicht. Vielleicht...«
»Ja?«
»Möglich, dass ich ihn zu jung zur Jagd mitgenommen habe.«
»Es geht eigentlich weniger um die Kindheit...«
»Ich weiß noch, mit welcher Begeisterung er einmal in der Serengeti zwei Elefanten beobachtet hat, die es direkt vor unserem Unterstand miteinander trieben. Ganz normale Elefanten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Die gewaltigen Rüssel vor uns, das brünftige Stöhnen... Aber so ein Anblick kann doch einen gesunden Jungen nicht zu einer Schwuchtel machen? Oder, Chefinspektor? Da müsste ja ganz Afrika... Unsinn. Dem Jungen hat die Mutter gefehlt. Kein Wunder, dass er diese Miss Sophie...«
DeCraven zuckte zusammen.
»Sie kennen Miss Sophie?«
»Sicher. Sie wollte ihn doch heiraten. Jedenfalls hat sie mir diesen Plan unterbreitet. Sie würde Archibald heiraten, der Klatsch würde schlagartig verstummen, und er könnte getrost seinen Neigungen frönen. Was das betreffe, sei sie ganz großzügig. Sie benutzte das Wort >tolerant<.«
»Aus welchem Grund wollte er...?«
»Nun, Archibald würde damit im Gegenzug in den Landadel erhoben, und sie versprach sich eine lebenslange Apanage.« DeCraven nickte.
»Kurz und gut, sie wollte Geld«, fuhr der Colonel fort. »Geld gegen einen guten Leumund. Ein reelles Geschäft. Ich fand den Vorschlag gar nicht so übel. Aber Archibald hat abgelehnt. Wissen Sie, was er gesagt hat?«
»Nein.»
»Er könne nicht zum Verräter an seiner Liebe werden. Stellen Sie sich das vor! Stockschwul der Mann, und dann solche Sprüche.«
Colonel Jeremiah Pommeroy griff zu einer schmiedeeisernen Stange und stieß sie in die Kaminglut. Funken sprühten, dann zischte es und weißer Rauch stieg durch den Kamin auf. »Nicht richtig abgelagert«, sagte DeCraven.
Der Colonel brummte etwas Unverständliches. Dann rieb er sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Verdammte Asche«, murmelte er.
Nach einer Viertelstunde verabschiedete sich der Chefinspektor. Huntington brachte ihn zur Tür. Auf dem Weg in das kleine Hotel in Blackpool, in dem er und der Constabler während der Ermittlungen Zimmer bezogen hatten, versuchte DeCraven Ordnung in seine Gedanken zu bringen. James war also seiner Herrin in die Quere gekommen. Hatte sie am Ende Pommeroy junior auf dem Gewissen? Aus Enttäuschung, weil er ihre Heiratspläne ablehnte? Aber genauso gut hätte sie James umbringen können. Schließlich war er ein Konkurrent, der ihre Absichten durchkreuzte. Ja, er war sozusagen ein Nebenbuhler.
Andererseits ging es in ihrem Plan ja darum, den Sohn des Fabrikanten trotz seiner abseitigen Neigungen gesellschaftsfähig zu machen. Hatten James und Miss Sophie zusammengearbeitet? Ein mörderisches Komplott geschmiedet? Das würde zur Handschrift dieses Pärchens passen. James bringt Archibald Pommeroy dazu, sich in ihn zu verlieben, und dann taucht Miss Sophie als Retterin mit einem großartigen Angebot auf. Aber wie konnte ausgerechnet dieser schmuddelige Butler einen Archibald Pommeroy bezirzen? Und warum das alles?
Die Motive lagen im Dunklen, eindeutige Indizien gab es nicht. Kurz und gut, der Fall war abstrus. DeCraven zerbiss das Pfefferminzbonbon und schluckte es hinunter.
Ihn fröstelte, wenn er an das Hotelzimmer dachte. Es war nicht nur kahl, sondern die undichten Fenster sorgten auch für einen unangenehmen Zug. Doch mehr als dieses Hotel hatte das Spesenbudget des Yard nicht hergegeben.
Die Saison in dem Badeort war in vollem Gange, und dann war im Ballroom-Tower auch noch für das kommende Wochenende eine Tanz-Meisterschaft angesetzt. Er konnte froh sein, dass sie überhaupt noch zwei Zimmer bekommen hatten. Nicht auszudenken, wenn er mit Oggerty in einem Zimmer... Nein, dann wäre er doch lieber jeden Tag zwischen London und Blackpool hin- und hergependelt. Eine knappe Stunde hätten sie dafür gebraucht. Aber er wollte nun mal keine Minute nutzlos verstreichen lassen. Er war dieser Miss Sophie und ihrem Butler dicht auf den Fersen.
Und momentan sah es so aus, als wäre dieser
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