Dinner fuer drei Roman
geringste Ähnlichkeit. Was war aus dem grüblerischen jungen Herzensbrecher geworden, der er vor so vielen Jahren gewesen war?
»Was machst du hier?«, fragte sie mit rauer Stimme. Er hatte kein Recht, sie so zu erschrecken. Und er hatte kein Recht, einfach hier einzudringen. Es war ihr vollkommen egal, dass er in Hollywood zu den ganz Großen zählte. Inzwischen machten selbst die größten Leinwandstars keinen Eindruck mehr auf sie.
»Ungefähr zwanzig Meilen von hier habe ich ein Schild gesehen und mich daran erinnert, dass du immer von diesem Park erzählt hast. Ich war einfach neugierig.«
Es war kein Wunder, dass sie ihn mit der Augenklappe, den schlammigen, zerknitterten Kleidern, den schmutzigen Händen und den unrasierten Wangen nicht erkannt hatte. Natürlich, er hatte einen Autounfall gehabt, doch sie konnte kein Mitleid mehr für die Menschen aufbringen, die das Glück gehabt hatten, lebend einen Unfall zu überstehen.
Und es missfiel ihr, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Warum hast du nicht gleich gesagt, dass du es bist?«
Er zuckte mit den Schultern. »Reine Gewohnheit.«
Erneut kroch ein leichtes Unbehagen in ihr hoch. Er stand reglos vor ihr, ohne eine Erklärung für sein bedrohliches Aussehen oder für sein Auftauchen hier in ihrem Park abzugeben. Er starrte sie nur mit seinem einen leuchtend blauen Auge an, und je länger er sie ansah, umso stärker wurde das beunruhigende Gefühl, dass sie in das Spiegelbild ihrer eigenen Erscheinung blickte - in die Trostlosigkeit seiner Seele, die sie nur zu gut kannte.
»Du versteckst dich, stimmt’s?«, fragte sie erschaudernd. »Die langen Haare. Der falsche Akzent. Die Augenklappe.«
»Die Augenklappe ist echt. Sie haben sie ins Drehbuch meines letzten Films integriert. Und was den Rest angeht, wollte ich dir ganz bestimmt keine Angst einjagen. Der Akzent kommt automatisch. Ich benutze ihn, um nicht überall sofort erkannt zu werden. Er fällt mir gar nicht mehr auf.«
Doch schien er in etwas Grundlegenderem gefangen zu sein als einer Rolle, die er spielte, um sich seiner Fangemeinde zu entziehen. Wenn man selbst vor etwas floh, war es nicht weiter schwierig, einen anderen Flüchtling zu erkennen, auch wenn sie nicht verstand, wovor ein Mann wie er wohl davonlief.
Er blickte in die Ferne. »Keine Nachbarn. Keine Satellitenschüssel. Du hast wirklich Glück«, sagte er und zog die Schultern gegen die Kälte hoch.
»Das mit Dash tut mir Leid. Er hat mich nie besonders gemocht, aber ich habe ihn aufrichtig bewundert.«
Dennoch entging ihr der Widerwille in seiner Stimme nicht. »Als Schauspieler bestimmt nicht«, fauchte sie.
»Nein, als Schauspieler nicht. Er war vor allem eine beeindruckende Persönlichkeit.«
»Er hat immer gesagt, dass er Dash Coogan besser spielt als jeder andere.« Sie presste die Zähne aufeinander, damit sie nicht anfingen zu klappern. Sie zeigte ihre Schwäche niemandem, und Eric schon gar nicht.
»Er war sein eigener Herr. Das können nicht viele von sich behaupten.« Er wandte den Kopf und blickte über sie hinweg auf den schmalen Streifen See zwischen den Bäumen.
Sie erinnerte sich an ein Foto, das sie am Tag vor der Oscar-Verleihung von ihm in der Zeitung gesehen hatte: mit Gel aus dem Gesicht gekämmtes Haar, RayBan-Sonnenbrille, ein Anzug von Armani. Auf dem Foto waren seine Füße nicht zu sehen gewesen, aber wahrscheinlich hatten sie nackt in einem Paar Gucci-Slipper gesteckt. Er war ein Mann mit tausend Gesichtern, und wahrscheinlich war die Verkleidung des Landstreichers nur eine seiner vielen Maskeraden.
»Du hast hier eine Menge Platz«, sagte er zu ihr.
»Aber nur sehr wenig menschliche Gesellschaft«, antwortete sie. »Und genau so soll es auch bleiben.«
Statt auf diese Feststellung einzugehen, blickte er in Richtung ihres Wohnwagens. »Du hast nicht zufällig eine Dusche und heißes Wasser in diesem Ding?«
»Ich fürchte, ich bin nicht in der Stimmung für Gesellschaft.«
»Ich auch nicht. Trotzdem hole ich mir nur ein paar saubere Kleider aus dem Wagen und bin gleich wieder zurück.«
Ehe sie den Mund aufmachen konnte, um ihn zum Teufel zu schicken, war er bereits verschwunden. Sie ging zu ihrem Wohnwagen und überlegte, ob sie die Tür hinter sich verriegeln sollte. Doch plötzlich war sie so erschöpft, dass es ihr im Grunde vollkommen egal war, ob er zurückkam oder nicht. Sollte er ruhig duschen. Dann würde er verschwinden, und sie
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