Dinner fuer drei Roman
Proteingemisch direkt aus dem Mixer, zündete sich eine Zigarette an und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Als er an der Couch vorbeiging, fiel sein Blick in den ovalen Wandspiegel. Einen Moment lang starrte er sein Spiegelbild an und wünschte sich, er sähe vollkommen normal aus, wie ein ganz normaler Kerl mit einer etwas schiefen Nase und einem unregelmäßigen Gebiss.
Er wandte den Blick von dem verhassten Gesicht ab. Doch vor seinem Inneren gab es kein Entrinnen. Und das hasste er noch mehr.
5
Was Honey betraf, so war das Beverly Hills Hotel für sie das Paradies auf Erden. Als sie die kleine, blumengeschmückte Empfangshalle betrat, kam sie zu dem Schluss, dass dies genau der Ort sein sollte, an dem sich alle guten Menschen im Augenblick des Todes wiederfanden.
Die iranische Rezeptionistin erklärte ihr, wie alles in dem Hotel funktionierte. In ihrer Stimme lag nicht einmal ein Anflug von Herablassung, obwohl ihr klar sein musste, dass Honey und Chantal bislang bestenfalls in einem Motel mit höchstens zehn Zimmern abgestiegen sein mussten.
Honey liebte die Tapeten, auf denen dicke Wedel aus Bananenblättern aufgedruckt waren, die schalldichten Türen und die kleine Terrasse, auf die es von ihrem geräumigen und zugleich gemütlichen Zimmer hinausging. Abgesehen von ein paar hochnäsigen Kellnern in der Polo Lounge waren die Leute, die das Hotel führten, so ziemlich die nettesten Menschen auf Erden - kein bisschen eingebildet oder arrogant. Die Zimmermädchen und Kofferträger begrüßten sie freundlich, obwohl sie bestimmt glaubten, dass sich Gordon Delaweese heimlich auf ihr Zimmer geschlichen hatte, um auf der Couch zu schlafen.
Als sie am Samstagnachmittag aus dem Ankleidezimmer kam, hob Gordon den Kopf. Es war ihr zweiter Tag in dem Hotel, und sie hatte sich einen leuchtend roten Badeanzug angezogen, den eins der Zimmermädchen ihr freundlicherweise besorgt hatte, damit sie schwimmen gehen konnte. Gordon und
Chantal fläzten gemütlich auf dem Sofa, sahen sich Wheel of Fortune im Fernsehen an und versuchten, die Fragen schneller zu beantworten als die Kandidaten.
»He, Honey, warum bestellen wir uns nicht noch was zu essen?«, meinte er, den Mund noch voll Pommes frites. »Die Hamburger waren wirklich einsame Spitze.«
»Wir haben erst vor einer Stunde zu Mittag gegessen«, antwortete Honey angewidert. »Wann wolltest du verschwinden, Gordon? Ich weiß, dass da draußen noch jede Menge wahres Leben auf dich wartet, das du unbedingt beobachten solltest, wenn du wirklich Maler werden willst.«
»Ich kann mir keinen besseren Ort als dieses Hotel vorstellen, an dem Gordon das wahre Leben kennen lernen kann«, bemerkte Chantal und nippte an ihrer Diät-Pepsi. »Eine solche Chance kriegt er sicher kein zweites Mal.«
Honey erwog, es auf einen Streit ankommen zu lassen, aber jedes Mal, wenn sie damit anfing, dass Gordon endlich gehen sollte, fing Chantal an zu weinen. »Ich bin fertig, Chantal. Jetzt kannst du dich umziehen.«
»Ich glaube, ich bin zu müde, um schwimmen zu gehen. Ich glaube, ich bleibe einfach hier und sehe noch ein bisschen fern.«
»Du hast gesagt, dass du mit mir schwimmen kommen würdest! Komm schon, Chantal. Es wird sicher lustig.«
»Außerdem habe ich leichte Kopfschmerzen. Geh doch einfach schon mal vor.«
»Ich soll euch beide allein in diesem Zimmer lassen? Denkst du, ich bin verrückt?«
»Manche mögen’s heiß!«, rief Gordon und zeigte auf den Bildschirm.
Chantal sah ihn bewundernd an. »Gordon, du bist wirklich clever. Bisher hat er alle Antworten gewusst, Honey. Wirklich alle.«
Honey sah die beiden Gestalten an, die wie das mieseste Pack am helllichten Nachmittag auf dem Sofa hockten. Wahrscheinlich war dies ihr letzter Tag in diesem Hotel, und sie
hatte sich seit ihrer Ankunft auf ein Bad in dem tollen Pool gefreut.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Sie trat an die kleine Kommode neben dem Bett, öffnete die Schubladen, zog das heraus, wonach sie gesucht hatte, und trug es hinüber zu Chantal.
»Leg deine Hand auf diese Bibel und schwör mir, dass du und Gordon Delaweese nichts tun werdet, was ihr nicht tun sollt.«
Augenblicklich trat ein schuldbewusster Ausdruck in Chantals Augen, was Honey verriet, dass ihre Befürchtung berechtigt gewesen war. »Schwör es, Chantal Booker.«
Widerstrebend leistete Chantal den verlangten Schwur. Zur Sicherheit ließ Honey, obwohl sie nicht genau wusste, ob er ein guter Christ war, auch den armen Gordon schwören und
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