Dinner für eine Leiche
schlicht fantastisch. Das hatte nichts mit dem Alter zu tun. Gloria hatte einfach ein Händchen dafür, das Richtige zusammenzustellen.
»Du siehst toll aus.« Honey meinte das ernst. Manchmal war sie wirklich stolz auf ihre Mutter. Bei anderen Gelegenheiten wollte sie allerdings am liebsten auf Däumlingsgröße schrumpfen und sich in der nächsten Pfütze ertränken.
Gloria lächelte und musterte Honey von Kopf bis Fuß. »Mit diesen Jeans müssen wir was machen, Hannah. Die haben bessere Zeiten gesehen.«
Da war sie wieder, die Pfütze. Der Augenblick des Stolzes war vorbei. Honey rang sich ein schmallippiges Lächeln ab. »Ja.«
|235| Sie wollte lieber nicht darauf eingehen, dass diese Jeans einiges mitgemacht hatten und dass Steve Doherty sie höchstpersönlich zerrissen hatte. Das wäre viel zu kompliziert gewesen.
Honey reichte ihrer Mutter die Tragetasche mit den Leckereien. »Möchtest du, dass ich mitkomme?«
Gloria blitzte sie an. »Ganz gewiss nicht. Das ist eine Party nur für Erwachsene.«
Und dann stöckelte sie davon. Honey blieb noch eine Weile stehen, spazierte schließlich gemütlich den Crescent entlang auf die beiden Sänftenträger zu, die sie kannte.
»Wie stehen die Geschäfte?«
Der Mann, den sie im Park getroffen hatte, versuchte ein fröhliches Gesicht zu machen. »So so lala.«
Sein Partner dagegen sah ziemlich zerknittert aus. »Alles Mist. Nur Paare, sonst nichts.«
Die Lösung schien einfach. »Warum tun Sie sich nicht mit den beiden anderen da zusammen? Die können eine Person nehmen, Sie die andere. Insgesamt also zwei.«
»Wir können zählen«, erwiderte der sauertöpfische Sänftenträger. »Es geht ums Prinzip. Wir haben angefangen, und die da haben alles nachgemacht.«
»Hat das was zu bedeuten? Ich meine, wenn mein Hotel ausgebucht ist und Leute kommen und Zimmer wollen, dann schicke ich sie doch auch zu den anderen Hotels. Das ist ein Geben und Nehmen. Wenn die ausgebucht sind, schicken sie mir Gäste.« Honey fand, dass sie sehr wortgewandt, sogar weise gesprochen hatte. Das stimmte wirklich. Sie verwies gern Gäste an andere Hotels, die noch Zimmer frei hatten. Und die anderen erwiderten diesen Gefallen oft. Hotelbesitzer waren im Grunde großzügige Leute. Bis auf Stella Broadbent. Die Kuh hatte wirklich nie etwas an andere weitergegeben – höchstens eine schlimme Erkältung.
Honey lächelte gewinnend. »Also, wie wär’s, wenn ihr das |236| Kriegsbeil begraben und eine Kooperative gründen würdet? Gemeinsam sind wir stark. Je mehr, desto besser und so.«
Ihr Argument schien Wirkung zu zeigen – zumindest bei einer Hälfte der Geschäftspartnerschaft.
Ihr Freund aus dem Park zog sich die Kniehose zurecht und schaute seinen Partner an. »Eric, ich glaube, wir sollten versuchen, uns mit Aubrey und Brett zu einigen.«
Eric warf ihm einen finsteren Blick zu. »Harold! Du Verräter!«
Harold seufzte und schüttelte den Kopf. »Eric, ich muss Geld verdienen.« Er hielt inne, als überlegte er sich alles noch einmal gut. »Wenn ich nichts verdiene, dann muss ich unsere Partnerschaft aufkündigen und mir einen richtigen Job suchen.«
Erics Kopf fuhr herum. »Das würdest du mir nicht antun!«
»Ich hab keine andere Wahl.« In Harolds Stimme schwang keine Drohung mit, er sagte nüchtern und ohne Umschweife, wie es war.
Erics Miene schlug von Sturheit in Schockiertheit um. Harold hielt dem ganz gelassen Stand.
»Na ja«, meinte Eric, »na ja …«
Es hätte Honey Spaß gemacht, zuzuschauen, wie sich die künftige Verbindung der beiden Unternehmen anbahnte. Die erste Krisensitzung war vorbei. Aber Honey sah schon die nächste auf sich zukommen.
Die hohen roten Absätze klackten wie ein wildgewordenes Metronom. Rasch stöckelte ihre Mutter auf sie zu, viel rascher, als sie in die andere Richtung gegangen war. Schamröte schimmerte durch ihre Estée-Lauder-Grundierung. Irgendwas war schiefgelaufen. Sehr schief!
Gloria blieb mit steinerner Miene stehen. Nur die Unterlippe bebte. »Er wohnt nicht da!«
Am besten nichts erzwingen wollen, überlegte Honey. Alles zu seiner Zeit. Sie schaute ihre Mutter mit einem Gesichtsausdruck an, der Mitgefühl ausdrücken sollte.
»Er hat mir doch gesagt, dass er da wohnt.«
|237| »Aber ihr seid nie in die Wohnung gegangen. Hast du je gesehen, wie er reinging?«
Ihre Mutter blitzte sie wütend an. »So senil bin ich nun auch wieder nicht.«
Honey packte Gloria beim Arm. »Lass uns einen Kaffee trinken gehen.«
Ihre
Weitere Kostenlose Bücher