Dinner mit Rose
einen Schluck und gab mir die Flasche zurück.
»Nirgendwo ist es so schön wie hier«, erwiderte ich bestimmt.
Er grinste. »Genau hier ?«
Ich ließ den Blick gedankenverloren über den rostigen Wellblechzaun rings um Scottys Grundstück, die Rostlauben auf dem Rasen und das Distelbeet neben den Stufen schweifen. »Durchaus auch hier.«
»Schatz, können wir gehen?« Cilla schob eine Hand in die von Matt und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. »Ich muss Dad morgen früh helfen, die Lämmer auf die Welt zu holen.«
»Okay«, sagte er. »Willst du mitfahren, Jo? Du solltest im Dunkeln nicht unbedingt allein in der Stadt herumlaufen.«
Kurz darauf kletterte ich vom Rücksitz von Cillas riesigem silbernem Ungetüm und stieg langsam die Eingangstreppe hoch. Ich war müde und einsam und hatte genug getrunken, um in Weltschmerz zu versinken. Drinnen hörte ich den Fernseher, aber ich ging nicht hinein. Stattdessen ließ ich mich auf die oberste Stufe sinken und legte die Stirn auf meine jeansbekleideten Knie.
Ich musste verrückt gewesen sein, hierher zurückzukommen. Jetzt, wo Mum und Dad nicht mehr hier lebten und die Farm verkauft hatten, war Waimanu nicht mehr mein Zuhause. Es erschien mir wie eine Ironie des Schicksals, dass Matt derjenige war, der nach Hause hatte kommen müssen, um die Familienfarm zu übernehmen, während ich das mit Freuden freiwillig getan hätte. Dennoch hatte ich mich mit einem australischen Chirurgen zusammengetan, der in einer Stadt leben musste, die groß genug war, um über ein anständiges Krankenhaus zu verfügen. Und man kann ja von seinem Vater schlecht erwarten, dass er nur für den Fall, dass sein Sprössling aus einer plötzlichen Eingebung heraus beschließt, auf einer Farm leben zu wollen, sich ewig lange mit Schafen abplagt, besonders dann nicht, wenn er Knieprobleme und ein chronisch überzogenes Bankkonto hat.
»Hey!«, rief jemand von der Straße herauf. »Hast du deinen Schlüssel vergessen und kommst nicht rein?« Ich blickte auf und sah, dass sich Cilla aus dem Fenster ihres Autos lehnte. Sie musste bis zum Ende der Straße gefahren sein und dort gewendet haben. Was wieder einmal bewies, dass man nur wie ein Idiot dastand, wenn man in Selbstmitleid schwelgte.
»Nein, alles in Ordnung«, krächzte ich über den verräterischen Kloß in meiner Kehle hinweg mit erstickter Stimme. »Mir fehlt nichts.« Ich stand auf und suchte in der Tasche meiner Jeans nach dem Haustürschlüssel.
»Gute Nacht!« Der Motor grollte ungeduldig, und die beiden fuhren los.
Hinter mir ging die Tür auf, und vor mir stand Andy in seinen guten, hautengen grauen Jeans, das Haar kunstvoll zerzaust und mit Gel fixiert. Er musste kurz vor mir nach Hause gekommen sein. »Jo?«, rief Sara vom Wohnzimmer her. »Was um alles in der Welt machst du denn da so lange?«
»Mich selbst bemitleiden«, rief ich zurück.
»Dummerchen«, sagte Andy sanft. »Du musst wirklich aufhören, deinem Ex über Facebook nachzuspionieren.« Und er legte linkisch die Arme um mich. In mir wallte Dankbarkeit für sein Mitgefühl auf – zum Glück war ich schließlich doch nicht in das kleine Farmhäuschen gezogen.
Ich erwiderte seine Umarmung einen Moment, dann machte ich mich von ihm los und lächelte ihn an. »Zu schade, dass wir letzte Woche den ganzen Kokoslikör ausgetrunken haben.«
Sara erschien an der Küchentür. » Meinen Kokoslikör?«, fragte sie entsetzt.
»Ich ersetze ihn dir«, versprach ich ihr und verwünschte sie innerlich.
»Kauf mir lieber eine Flasche Pfirsichschnaps. Ich mag den Geschmack von Kokosnuss nicht.«
Andy und ich sahen uns einen Moment stumm an, dann brachen wir gleichzeitig in hilfloses Gelächter aus, in das Sara nicht mit einstimmte.
»Was habt ihr denn?«, erkundigte sie sich erstaunt. »Ich finde das nur gerecht.«
Kapitel 11
A MBER.« ICH TRAT hinter meine Sprechstundenhilfe und schlug meinen besten Strenge-Chefin-Tonfall an. »Du musst morgen Craig von Waikato Medical Supplies anrufen und dich vergewissern, dass er das Ultraschallgerät per Kurier zurückgeschickt hat.« Es war Montagabend, und ich würde am Dienstag nicht in der Praxis sein.
»Okay«, sagte Amber. »Ich erledige das gleich als Erstes.«
»Und mach bitte im Empfangsbereich ein bisschen sauber – putz die Fenster und so. Es sieht etwas schmuddelig aus.« Sie drehte sich um und sah mich mit leerem Blick an. Es war, als starre man einem toten Fisch in die Augen. »Cheryl hat versprochen, am
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