Dinner mit Rose
ungefähr fünfzig Pfund. Kein übles Tier.«
»Wenn du dir nicht die Mühe machen willst, es zu zerlegen – ein Bekannter von mir hat einen großen Kühlraum und alle nötigen Gerätschaften dafür«, sagte Andy.
»Ausgezeichnet«, erwiderte Matt. »Es gehört dir.«
»Ich bringe es handlich zerlegt zurück.«
»Nicht nötig. Ich war versucht, es in einen Brombeerstrauch zu werfen, aber das habe ich dann doch nicht fertiggebracht. Nur habe ich keine Lust, eine Stunde damit zu verbringen, ein Wildschwein zu zerstückeln.«
»Mir macht es Spaß«, sagte Andy. »Zu Hause bin ich oft auf die Jagd gegangen, aber hier habe ich keinen Hund.«
»Wo ist ›zu Hause‹?« Tante Rose brachte eine schwere, mit Ranken von warzenähnlichen Trauben verzierte Silberplatte für die Sandwiches.
»In der Nähe von Gisborne. Dad und mein Bruder haben da eine Schaffarm.«
»Und Farmarbeit ist nicht dein Ding?«
Andy schüttelte den Kopf. »Ich bin der Niedrigste in der Hackordnung, deswegen musste ich immer nur Disteln ausgraben.«
»Ich glaube, der Spaß am Ausgraben von Disteln lässt sehr schnell nach«, sagte Tante Rose. »Also hast du beschlossen, deinen eigenen Weg zu gehen. Eine weise Entscheidung.«
Nach dem Essen schob Matt seinen Stuhl zurück. »Ich schätze, dieser Abfluss wird nicht von selbst wieder frei. Willst du das Wildschwein heute holen, Andy? Es hängt im Fleischhaus – Kim kann dir zeigen, wo das ist, wenn du sie nett darum bittest.«
Angesichts dieses Vorschlags hellte sich Andys Miene so offensichtlich auf, dass Tante Rose einen längeren, nicht sehr überzeugenden Hustenanfall bekam. »Ein Krümel im Hals«, murmelte sie. »Entschuldige, Matthew, aber gibt es einen Grund, warum Andy sich nicht ein bisschen auf eurer Farm und dem Umland umsehen sollte, wenn er ein so begeisterter Jäger ist?«
»Überhaupt keinen.«
Mit einer herzerwärmenden Vortäuschung von müder Gleichgültigkeit erbot sich Kim: »Ich kann dich hinbringen, wenn du willst. Aber du hast wahrscheinlich Besseres zu tun.«
»Ich nehme das Angebot gern an«, sagte Andy. »Wenn du Zeit hast.«
»Klar.« Kim zuckte die Achseln – die Lässigkeit in Person.
»Ihr könnt mein Auto nehmen«, sagte Matt. »Ich brauche es heute Nachmittag nicht.«
»Ich hätte nichts dagegen, zu Fuß zu gehen«, sagte Andy. »Da sieht man mehr, und die Landschaft hier ist faszinierend.«
»Es ist ein schöner Spaziergang«, bestätigte Kim. »Man hat einen herrlichen Blick auf die Berge.«
Ich sah sie an, erlaubte mir aber angesichts dieser noch nie dagewesenen Begeisterung für frische Luft noch nicht einmal den Anflug eines Lächelns, sondern stellte die Teller auf das Silbertablett, auf dem zuvor die Sandwiches gelegen hatten. Matt und Tante Rose stürzten sich in ein unverfängliches Geplänkel über den Verbleib ihrer Leiter, und trotzdem bedachte uns Kim alle drei mit der Art von Blick, die normalerweise Leuten vorbehalten ist, die im Restaurant Besteck mitgehen lassen.
»Du bist ein ausgesprochen verständnisvoller Bruder«, bemerkte ich, als ich mit einer leeren Schüssel unter dem Arm über den Rasen zurückkam. Zumindest Percy hatte das Gemüse von gestern Abend geschmeckt.
»Na ja.« Matt sprang mühelos vom Dach auf den Wassertank und von dort auf den Boden. Tante Roses hölzerne Leiter hatte sich als Brutstätte für Holzwürmer entpuppt, und so hatte er über den Pflaumenbaum vor dem Badezimmerfenster auf das Dach steigen müssen. »Er scheint ein netter Bursche zu sein.«
»Ist er.«
Er wischte sich die Hände an seinen Jeans ab. »Danke übrigens, dass du mein Abflussrohr frei gemacht hast.«
Ich musste kichern, und er blickte einen Moment lang verwirrt drein, bis er den Grund für mein kindisches, jegliches ernsthafte Gespräch ins Lächerliche ziehende Gackern erkannte. Mein Sinn für Humor ist etwas unterentwickelt.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen. »So wie in ›Hey, Baby, möchtest du gern mein Abflussrohr reinigen?‹ Irgendwie glaube ich nicht, dass dieser Satz als Anmache taugt.«
»Wer darauf eingehen würde, den würdest du nicht wollen«, stimmte ich zu.
»Vermisst du Melbourne?«, fragte er unverhofft.
Ich dachte über diese Frage nach. »Manchmal. Stus Besuch hat mich daran erinnert. Ich vermisse meinen Job und meine Freunde und das Leben in meinem eigenen Haus. Und Schuhgeschäfte.« Ich vermisste es auch, die eine Hälfte eines Paares zu sein und mich daher nicht schuldig fühlen zu müssen, wenn ich
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