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Dinner mit Rose

Dinner mit Rose

Titel: Dinner mit Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Hawkins
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herausbringen konnte, und nickte stattdessen.

    Ich erklomm den steilen Hügel hinter dem Haus in einem Zwischending von Klettern und Laufen. Es war schwierig, sich durch das nebelfeuchte Gestrüpp welken Farns vom letzten Jahr hinaufzukämpfen, und der Hang war von Schaftrampelpfaden durchzogen. Nach ungefähr vier Schritten waren meine Jeans bis zu den Knien durchnässt und klebten mir unangenehm an den Beinen.
    Auf dem Hügelkamm blieb ich im eisigen Wind, der von den Bergen herunterwehte, stehen und blickte ins Tal. Die mit Büschen bewachsenen Hügel, die sich bis zur Bergkette erstreckten, zeigten mindestens tausend verschiedene Schattierungen von Grün, und als ich wieder zu Atem kam und versuchte, sie zu zählen, ließ mein schwelender Groll allmählich nach. Sicher, es war furchtbar, dass Tante Rose starb, dass ich nicht mehr das Recht hatte, diesen Ort als meine Heimat zu bezeichnen und dass Matt mich nicht wollte, aber irgendwie verändern Berge die Sichtweise auf die Dinge. Sie sind so beständig und grandios und gleichmütig, dass menschliche Probleme im Vergleich dazu banal erscheinen. Ein gutes Stück unter mir quälte sich Spud mühsam den Hügel hoch, um mir Gesellschaft zu leisten. Er war zu alt für solche Anstrengungen. Seufzend köpfte ich mit einem Tritt einen unglücklichen Fingerhut und ging zu dem Hund hinunter.
    Spud schnaufte heftig, und als ich ihn erreicht hatte, ließ er sich mit hängender Zunge auf meine Füße fallen. Ganz offensichtlich wünschte er keine weiteren törichten Abenteuer mehr. Ich bückte mich, um ihn hinter den Ohren zu kraulen. Dabei fiel mein Blick in die andere Richtung zu unserer alten Farm hinüber und über das weiß verschalte Haus hinweg, in dem ich aufgewachsen war (wobei ich registrierte, dass das neue Gewächshaus wirklich ein Schandfleck war), und von dort bis zu dem Kuhstall der Kings auf der anderen Seite der Straße.
    Matt hatte die hochträchtigen Kühe schon vor Stunden gefüttert, und eigentlich hätten sie jetzt wiederkäuend daliegen und über das nachdenken sollen, was wiederkäuende Kühe normalerweise beschäftigte (vermutlich nicht viel). Aber sie lagen nicht geruhsam da; sie standen alle in einer Ecke und wurden von einem kleinen schwarzen Wildschwein immer enger gegen den Zaun getrieben.
    Dieses Wildschwein sah aus, als hätte es den Spaß seines Lebens; es lief hin und her und scheuchte jede arme Kuh, die einen Ausbruchsversuch unternahm, in die Gruppe zurück. Aber auch wenn es ihm noch so viel Spaß machte – ich konnte nicht zulassen, dass wichtigtuerische Wildschweine trächtigen Kühen Todesangst einjagten, also schob ich Spud von meinen Füßen und rannte schlitternd den Hügel hinunter.
    Dabei ging ich über unser altes Grundstück, nicht über das von Tante Rose. Das Betreten war vermutlich verboten, aber der Weg, den ich einschlug, war vom Haus aus nicht zu sehen. Ich öffnete das Holztor für Spud – und freute mich unsinnigerweise, dass es noch immer schief in den Angeln hing und mit einem kleinen Ruck angehoben werden musste. Dann trabte ich zu dem Flüsschen hinunter, um an der schmalsten Stelle darüber hinwegzuspringen. Am anderen Ufer standen ein paar Adlerfarnbüsche und ein glatter, mit Flechten überzogener Felsen, auf dem ich oft mit einem Buch und einer Angel gesessen hatte, obwohl es mir nie gelungen war, den riesigen Aal zu fangen, der angeblich dort im Fluss hausen sollte.
    Spud versuchte noch nicht einmal, den Sprung zu wagen, sondern blieb am Ufer sitzen und sah mich bekümmert an. »Nutzlose Töle!« Ich watete bis zu den Knien ins Wasser und hob ihn auf die andere Seite. Er wog gut vierzig Kilo, war klatschnass und roch wie alte, feuchte Socken. »Na komm schon.« Gemeinsam stiegen wir das steile Ufer zu dem Zaun hoch, der entlang der Straße verlief.
    Ich hob Spud über den Grenzzaun und ging die Straße entlang zu den Koppeln der Kings. Die Wolken hingen tief, und es hatte wieder zu regnen begonnen – dieser feine Nieselregen, der einen bis auf die Haut durchweicht. Ich schritt rasch aus und hielt den Kopf gesenkt, daher hätte ich fast vor Schreck aufgeschrien, als Matt mir plötzlich zurief: »Schöner Morgen für einen Spaziergang, nicht wahr?«
    Er stand am Rand einer großen Wasserlache auf seiner vorderen Koppel, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und machte ein nachdenkliches Gesicht.
    »Nette Seenlandschaft«, rief ich zurück.
    »Du kannst gerne hingehen und das Abflussrohr frei machen, wenn du

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