Dinner mit Rose
erfrischenden kleinen Wettlaufs war das Lamm wieder im Inneren der Mutter verschwunden, aber ich ertastete in der Vulva einen Fuß, klemmte ihn zwischen Zeige- und Mittelfinger meiner rechten Hand, zog ihn behutsam heraus, nahm ihn in die linke und griff nach dem zweiten Huf. Als ich ihn packte, versuchte das Lamm sich tiefer in den Mutterleib zurückzuziehen – kein Wunder, wer will schon bei diesem Wetter geboren werden?
»Es lebt noch«, stellte ich fest.
»Aber wie groß ist die Chance, dass Mildred es säugt?«
»Gleich null«, entgegnete ich. »Vielleicht können wir es Clare aufs Auge drücken.«
Ich rückte den zweiten Fuß gerade und zog dann an beiden, woraufhin das Lamm aufs Gras glitt.
Es blieb dort still liegen, aber als ich zwei Fingerspitzen auf die kleine nasse Brust legte, spürte ich einen schwachen Herzschlag.
»Komm schon, Kleines, atme.« Ich pflückte ein paar Grashalme und kitzelte seine Nase, dann massierte ich die Brust kräftig mit den Knöcheln.
»Ich glaube nicht, dass es überlebt«, urteilte Matt.
»Sein Herz schlägt.« Ich zwickte das Lamm erneut in die Nase, um es zum Atmen anzuregen, aber es blieb schlaff und leblos liegen. Wieder tastete ich nach dem Herzschlag – nichts. »Scheiße!«
»Schau lieber nach, ob noch eines drin ist«, riet er.
Ich wischte mir erneut die Hand ab und schob sie in die Vulva. »Nein.« Dann erhob ich mich langsam. »Mildred, du grässliches Biest, du hast es noch nicht mal versucht .«
Matt zog Mildred hoch und stieß sie mit der Spitze seines Gummistiefels an. »Hau ab«, befahl er. »Na los, mach dich vom Acker.« Sie rappelte sich auf und stürmte sofort zum anderen Ende des Gartens. »Mach dir nichts draus, Jose.«
Ich seufzte. »Es wäre schön gewesen, zur Abwechslung einmal etwas gut und richtig gemacht zu haben.«
»Das machst du doch die ganze Zeit.« Er bückte sich und hob das tote Lamm auf. »Ich nehme es mit nach Hause und verscharre es, damit die Hunde nicht herankommen. Es sei denn, du willst eine kleine Beerdigungszeremonie veranstalten.«
»Ach, hör doch auf.« Einen Augenblick lang lehnte ich den Kopf gegen seine Schulter. »Danke.«
»Stets zu Diensten.« Er umarmte mich kurz mit seinem freien Arm. »Jo, du siehst aus wie eine ertrunkene Ratte.«
»Schmeichler. In der Nähe des Zauns liegt übrigens noch ein totes Lamm.«
»Ich kümmere mich darum. Wir sehen uns später.« Er ging zum Zaun, ich schlug die andere Richtung ein, stieg den Hügel hinauf und kam auf dem Rasen unterhalb der Veranda heraus.
Dort ging ich zum Holzschuppen, fütterte die drei jüngeren Hunde und trat mit Spuds Ration durch die Hintertür in die Küche. Der Ofen war ausgegangen; es war kalt und dunkel. Ich knipste das Licht an, nahm ein altes Handtuch aus dem Schrank und hörte Rose im selben Moment mit zittriger Stimme rufen: »Josephine?«
»Komme!« Ich wischte mir mit dem Handtuch das Gesicht ab und hielt die Hände unter den Wasserhahn. »Entschuldige, dass ich so spät dran bin.«
Auf dem Flur traf mich der Gestank wie ein Schlag. Rose lag in einem Gewirr beschmutzter Bettwäsche am Bettrand. Tränen strömten ihr über die eingefallenen Wangen. »Oh, Josie«, schluchzte sie. »Es tut mir so leid. Ich konnte nicht aufstehen.«
»Schon gut.« Ich empfand tiefes Mitleid. »Das macht doch nichts – mir tut es leid, dass ich mich verspätet habe.«
Die Vorstellung, dass Rose, dieser Inbegriff von Reinlichkeit und Hygiene, hilflos in ihren eigenen Exkrementen hatte liegen müssen und niemand da gewesen war, um sich um sie zu kümmern, war unerträglich. Ich setzte sie auf – viel wog sie inzwischen weiß Gott nicht mehr – und streifte ihr das besudelte Nachthemd ab. »Ich drehe schnell die Dusche auf.«
»Wo warst du?«, fragte sie schwach, als ich ins Zimmer zurückkam.
»Mildred hat gelammt, und Matt und ich mussten sie einfangen.«
»Er ist doch nicht etwa hier?« Ihre Stimme klang schrill vor Entsetzen.
»Nein.« Ich trug sie ins Bad – sie war leicht, ein bis auf die Knochen abgemagertes Gerippe mit einer großen roten Narbe quer über der Brust. Sie sank auf den Plastikhocker in der Dusche, den wir im Krankenhaus bekommen hatten, schloss die Augen, und während ich sie wusch, lehnte sie den kahlen Kopf erschöpft gegen die Wand der Duschkabine.
»Ich beziehe kurz dein Bett frisch«, sagte ich. »Bin in einer Minute zurück – willst du unter der Dusche sitzen bleiben, oder soll ich das Wasser abdrehen und dich in ein
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