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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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diese auf den Boden und zauberte eine dahinter versteckte, bereits angebrochene Flasche Mirabellengeist nebst einem dazu passenden kleinen Trinkgefäß hervor.
    Bereits der erste ›Belli‹, wie Tannenberg und Dr. Schönthaler ihren eindeutigen Favoriten unter den edlen Obstbränden in der Kurzfassung nannten, munterte den Kriminalbeamten spürbar auf. Während in recht geringen zeitlichen Abständen weitere hochprozentige Alkoholzuführungen folgten, vergruben sich Tannenbergs Augen immer tiefer in das vorliegende Bildmaterial.
    Die von ihm sehnlichst erwarteten Aufnahmen des Pressefotografen waren allerdings eher enttäuschend, zeigten die Fotografien doch lediglich noch einmal genau dasselbe, was Tannenberg gerade erst vor kurzem mit seinen eigenen Augen gesehen hatte.
    Das ihm übergebene kleine Heftchen dagegen, das ihn vom Format, jedoch nicht von der Dicke her, unweigerlich an das Veranstaltungsheft der Volkshochschule erinnerte, beinhaltete einige sehr interessante neue Informationen.
    Es waren natürlich nicht diese unerträglichen, dauer-smilenden Politiker- und Funktionärsgestalten, die mit ihren tumben Allerweltsgesichtern auf den ersten Seiten der Broschüre den Besucherinnen des Frauenbeauftragten-Kongress ihre populistische Aufwartung machen.
    Diese Seiten hatte er zutiefst angewidert überblättert. Dann war er aber fündig geworden: Plötzlich blickte ihm sehr selbstbewusst dieselbe Frau entgegen, deren gräuliches, entstelltes Gesicht er eben noch auf einem Bild des Pressefotografen ausführlich betrachtet hatte.
    Nachdem Tannenbergs Augen sich in dem ausdrucksstarken Foto Charlotte Kindelberger-Wintergersts lange genug geweidet hatten, schlich sich sein Blick nach unten und bohrte sich in den beigefügten Text.
    Daraus ging hervor, dass die Kulturredakteurin der PALZ den Kongress am frühen Samstagabend mit einem Gastvortrag eröffnen sollte, der den Titel trug: ›Frauen im Journalismus – kritische kommunikative Kompetenz als feministisches Korrektiv patriarchalischer Machtstrukturen.‹
    „Mann, Mann, Mann – was für ein Titel!“, stellte Tannenberg beeindruckt fest. Mehrmals wiederholte er ihn laut. Dann wandte er sich wieder der Verköstigung der hocharomatischen glasklaren Flüssigkeit zu.
    Plötzlich stand Karl Mertel neben ihm. Tannenberg hatte ihn gar nicht kommen hören.
    „Na, altes Haus. Kannst du nicht schlafen, oder warum bist du noch nicht im Bett?“, sagte er mit einem milden Lächeln auf den Lippen.
    „Was? Schlafen?“, gab Tannenberg verwirrt zurück.
    „Ich hab noch ein paar Fotos für dich, die ein Kollege von der Streife gemacht hat, kurz nachdem die Feuerwehr die Strahler angeschaltet hat. Darauf siehst du, wie man die Leiche vorgefunden hat.“ Mertel legte die Bilder auf Tannenbergs Schreibtisch ab und schickte sich an, den Raum zu verlassen. „Gute Nacht, Wolf!“
    „Danke, Karl!“
    Der Kommissariatsleiter hob den Blick und wollte noch etwas ergänzen, aber sein Kollege war schon nicht mehr zu sehen. Er nahm die Fotos in die Hand und schaute sie nacheinander durch. Man konnte ihnen entnehmen, dass die Frau, als sie aufgefunden wurde, bäuchlings mit dem Gesicht im Wasser getrieben hatte, schätzungsweise zwei Meter vom schilfumsäumten, zur Felswand hin gelegenen Uferrand, hinter dem der Stegosaurus stand und Tannenberg auf mehreren Fotos abermals herausfordernd angrinste – meinte Tannenberg jedenfalls.
    Deshalb entfernte er umgehend seinen Blick von dem urzeitlichen Lebewesen. Als er auf dem nächsten Bild auch noch ein neben einem kleineren Sandsteinfindling lauerndes, krokodilähnliches Tier entdeckte, drehte er voller Abscheu die Fotos um und schob sie weit von sich weg.
    Tannenberg rieb sich die Augen, gähnte ausgiebig, dehnte Oberkörper und Arme, verschränkte seine Arme vor dem Bauch, gähnte erneut, streckte seine langen Beine unter den Schreibtisch und ließ den Kopf auf die Brust herniedersinken.
    Kaum hatte er sich in diese entspannte Sitzposition gebracht, warfen auch schon die stets auf der Lauer liegenden Geister des Schlafes eine schwere Decke über ihn, wickelten ihn behutsam darin ein und trugen ihn fort in ihr unergründliches Schattenreich.
     
    Da der große Parkplatz unterhalb des auf einer Anhöhe gelegenen Bildungszentrums vollständig belegt war, musste Tannenberg sein altes BMW-Cabrio am rechten Straßenrand des Kaiserbergrings abstellen.
    Natürlich hätte er mit seinem Auto auch direkt vor das Zentralgebäude fahren können, in

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