Dinotod: Tannenbergs vierter Fall
wasserdichtes Alibi! Was meinst du wohl, was diese Pressemeute mit uns veranstaltet hätte.“
Tannenberg ging auf seinen Bruder zu und wollte ihn umarmen. Aber Heiner ließ den Körperkontakt nicht zu.
„Komm, Wolf, lass diese blöde Theatralik“, forderte er mit einer abweisenden Geste. „Ich muss mich jetzt erst einmal damit abzufinden versuchen, dass mein eigener Bruder mich eben gerade als Frauenmörder verdächtigt hat. Meinst du denn wirklich, ich würde einen Menschen umbringen, bloß weil der mir eine schlechte Kritik über mein Buch in die Zeitung gesetzt hat?“
„Heiner, jetzt hör aber endlich mal auf, hier so albern rumzuspinnen.“
„Rumspinnen nennst du das? Du hast gut reden! Ich würde dich mal gerne erleben, wenn ich dich eben als Mörder bezeichnet hätte.“
„Hab ich doch überhaupt nicht!“, wehrte sich der Kriminalbeamte. „ Ich hab dich doch nicht verdächtigt, du verdammter Idiot! Ich versuche doch nur zu verhindern, dass man dich verdächtigen kann . Und das ist doch wohl ein gewaltiger Unterschied, oder?“
„Also, ich weiß wirklich nicht, was du hast“, bemerkte Tobias an seinen Vater gerichtet. „Mir leuchtet das total ein. – Komm, lass uns jetzt endlich weiterspielen. Onkel Wolf, machst du’n Game mit?“
„Nein, Tobi, tut mir leid, im Moment geht’s leider nicht. Später vielleicht. Ich muss zuerst noch was Wichtiges erledigen.“
Mit verschränkten Armen an den Türrahmen gelehnt, hatte Heiners Ehefrau dem Streitgespräch der beiden Brüder die ganze Zeit über interessiert beigewohnt. Nun löste sie die Umklammerung und stützte ihre Hände in die Hüften.
Während sie einen herausfordernden Blick auf die Reise zu Tannenberg schickte, sagte sie: „Wie soll das denn jetzt eigentlich weitergehen, herzallerliebster Schwager?“
„Was?“
„Was wohl? Erst wird eine Frauenbeauftragte ermordet, dann eine feministisch engagierte Kulturredakteurin. Und die Kripo tappt mal wieder völlig im Dunkeln. Wer wird denn wohl jetzt dran glauben müssen?“
„Na ja, du kannst da ganz unbesorgt sein, glaube ich“, entgegnete Tannenberg mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen. „Du kommt als nächstes Opfer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in Frage. Weit vorausschauend hast du dir ja damals keinen Doppelnamen zugelegt. Und damit bist du wohl auf der sicheren Seite, denn der Täter scheint es ausschließlich auf solche Frauen abgesehen zu haben.“
„So ein Irrer! Ihr Männer seid einfach das Letzte!“, schimpfte Betty wütend und verließ daraufhin Tobis Zimmer.
Nachdem die im Raum verbliebenen Geschlechtsgenossen kopfschüttelnd verständnislose Blicke ausgetauscht hatten, wandte sich Tannenberg noch einmal an Heiner: „Hat dieser Chefredakteur mir vorhin vielleicht einen Schrecken eingejagt, als er ›kiwi‹ sagte.“
Heiner hatte sich zwischenzeitlich weitgehend beruhigt. „Kann ich mir vorstellen. Irgendwie hast du ja auch recht. Ich sollte dir eigentlich dankbar sein.“ Er ging auf ihn zu, legte ihm die Hand auf die Schulter. „Dein neuer Fall scheint dir ja ganz gewaltig zuzusetzen.“
„Das kann man guten Gewissens behaupten“, stimmte Tannenberg nickend zu.
„Weißt du was? Du wirst jetzt einfach zwangstherapiert: Ich setze Kraft meines Amtes als dein älterer Bruder – und damit dein Erziehungsberechtigter – für heute Abend einen spontanen Skatabend an.“
„Nein, das geht nicht, Heiner. Dafür stecke ich einfach zu tief in meiner Arbeit drin.“
„Quatsch. Du brauchst dringend Entspannung, sonst gehst du uns noch vor die Hunde. Außerdem bist du ja für deine Kollegen jederzeit erreichbar. Übrigens solltest du folgendes nicht außer acht lassen: Wenn wir uns nachher bei dir oben versammeln, hast du alle deine überaus kompetenten Privatermittler unter einem Dach versammelt – im Stockwerk darunter sogar Sherlock Holmes höchstpersönlich.“
Wolfram Tannenberg lachte herzhaft. „Na ja, da kann ich wohl wirklich nicht Nein sagen.“
„Ich hab auch noch etwas Interessantes für dich, vielleicht bringt dich das ja ein wenig weiter.“
„Komm, mach’s nicht so spannend. Rück besser jetzt schon mal damit raus!“
„Nein, erst heute Abend. Aber es sind sowieso bloß Spinnereien eines unausgelasteten Deutschlehrers.“
Sichtlich erleichtert machte sich der Leiter des K 1 zu Fuß auf den Weg zum Gartenschaugelände. Via Handy hatte er mit Kommissar Fouquet Rücksprache gehalten und ein Treffen am
Weitere Kostenlose Bücher