Diplomat der Sterne
die gar nicht recht zu seinem gefransten Wildleder zu passen schien. »Erklärungen können Sie sich sparen. Ich erkenne einen Schwindler und Betrüger auf den ersten Blick.«
»Nur zur Abwechslung würde ich gern einmal einen Satz beenden«, sagte Retief. »Und ich schlage vor, daß Sie Ihren Mut wieder in die Tasche zurückstecken, bevor er Sie ins Bein beißt.«
»Sie reden mir zu geschwollen; das paßt mir nicht.«
»Sie irren sich. Ich rede, wie es mir paßt. Und jetzt zum letzten Mal: stecken Sie das Ding weg.«
Lemuel starrte Retief an. »Sie wollen mir Befehle geben …?«
Retiefs linke Faust schoß vor und landete mitten in Lemuels Gesicht. Der grobknochige Siedler stolperte rückwärts, und Blut spritzte ihm aus der Nase. Die Pistole feuerte in den Sand, als er sie fallen ließ. Er fing sich wieder, stürzte sich auf Retief … und begegnete einer geraden Rechten, die ihn auf den Rücken warf, wo er ohne Besinnung liegenblieb.
»Donnerwetter!« sagte Potter ehrfürchtig. »Der Fremde hat Lem mit zwei Schlägen fertiggemacht …«
»Mit einem«, berichtigte Swazey. »Der erste war bloß ein Streichler.«
Bert erstarrte plötzlich. »Still, Jungs«, flüsterte er. In der folgenden Stille erklang der Ruf einer Nachtechse. Retief spitzte die Ohren, hörte aber nichts. Er kniff die Augen zusammen und spähte in die Büsche jenseits des Feuers.
Mit einem schnellen Satz ergriff er einen Eimer mit Trinkwasser, schüttete das Wasser über das Feuer und warf sich flach auf den Boden. Den Bruchteil einer Sekunde später fielen auch die anderen neben ihm in den Staub.
»Sie sind sehr schnell für einen Stadtmenschen«, flüsterte Swazey neben ihm. »Und sehen können Sie auch hervorragend. Wir werden uns teilen und sie von zwei Seiten angreifen. Sie und Bert von links, Potter und ich von rechts.«
»Nein«, widersprach Retief. »Sie warten hier. Ich gehe allein.«
»Was soll das heißen …?«
»Später. Halten Sie sich ruhig und die Augen offen.« Retief peilte einen Baumwipfel an, der sich schwach gegen den Himmel abzeichnete, und kroch los.
Fünf Minuten vorsichtiges Vorwärtsschleichen brachte Retief zu einer sanften Bodenwelle. Mit unendlicher Vorsicht richtete er sich auf und riskierte einen Blick über einen herausragenden Felsstein hinweg. Ein paar Meter vor ihm endeten die verkrüppelten Bäume. Jenseits konnte er die Umrisse welliger Wüste erkennen: Schlapper-Jaq-Territorium. Retief stand auf, kletterte über den Felsbrocken, der immer noch heiß von des Tages tropischer Hitze war, und ging zwanzig Meter weiter, auf die Wüste zu. Um sich herum sah er nichts als Treibsand, schwach sichtbar im Sternenlicht, und hier und dort den Schatten einer herausragenden Schieferplatte. Hinter ihm war der Dschungel still. Er setzte sich auf den Boden und wartete.
Zehn Minuten waren vergangen, bevor er eine Bewegung wahrnahm. Etwas hatte sich aus einer dunklen Masse von Steinen gelöst und glitt ein paar Meter weit über offenes Gelände zur nächsten Deckung. Retief beobachtete aufmerksam. Wieder vergingen Minuten. Der Schatten bewegte sich erneut, schlüpfte in einen anderen Schatten, nur drei Meter von Retief entfernt. Retief fühlte mit dem Ellenbogen nach dem Knauf der Energie-Pistole. Hoffentlich bestätigte sich seine Vermutung, sonst …
Ein plötzliches kratzendes Geräusch wie Leder gegen Beton und aufspritzender Sand, als der Jaq angriff. Retief rollte sich zur Seite und warf sich dann mit seinem ganzen Gewicht auf den flappenden Schlapper-Jaq – ein Meter breit und hoch, acht Zentimeter dick in der Mitte und ganz und gar aus Muskeln. Das rochenartige Geschöpf richtete sich auf, bog sich nach rückwärts, während sich seine Kante kräuselte, um sich auf dem abgeflachten Rand seines rundumlaufenden Schließmuskels aufzustellen. Es tastete mit seinen Fransen-Fühlern nach einem Griff an Retiefs Schultern. Retief schlang seine Arme um das Geschöpf und kämpfte sich mühsam auf die Füße hoch. Das Ding war schwer, mindestens hundert Pfund, aber kämpfend kam es Retief eher wie fünfhundert Pfund vor.
Der Schlapper-Jaq änderte seine Taktik und wurde ganz schlaff. Retief griff zu und fühlte, wie einer seiner Daumen in eine Öffnung glitt.
Das Geschöpf gebärdete sich wie verrückt. Retief hielt es fest und grub seinen Daumen tiefer hinein.
»Tut mir leid, Junge«, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Die Augen eindrücken ist nicht sehr fein, aber dafür wirksam …«
Der
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