Diplomat der Sterne
Retief steckte die Lampe ein, kletterte auf die Ballen hinauf und blickte auf der anderen Seite in einen Ring aus Ballenbündeln. Innerhalb dieses Ringes lag der alte Fustianer, einen dicken Sack über den Kopf gebunden. Retief sprang herunter, kniete neben ihm nieder, säbelte den starken Strick durch und befreite den Alten von dem Sack.
»Ich bin’s, alter Knabe«, sagte er, »der neugierige Fremde. Es tut mir leid, daß ich dich in diese Lage gebracht habe.«
Der Alte schlug mit seinen knorrigen Beinen um sich, wiegte sich ein wenig hin und her und fiel dann wieder zurück. »Einen Fluch auf die Wiege, die sie in ihren kindlichen Schlummer wiegte«, brummte er. »Aber stelle mich wieder auf meine Füße, und ich werde den jugendlichen Slock erwischen, und möge er auch bis in den untersten Schlamm des Meeres der Qualen fliehen.«
»Wie bekomme ich dich hier heraus? Vielleicht sollte ich Hilfe holen.«
»Nein. Die heimtückischen Jugendlichen sind hier in der Überzahl«, entgegnete der alte Fustianer. »Es würde dich das Leben kosten.«
»Ich bezweifle, daß sie so weit gehen würden.«
»Warum nicht?« Der Fustianer reckte seinen Hals. »Leuchte mit deinem Licht hierher. Wäre meine Haut nicht so zäh …«
Retief lenkte den Lichtstrahl seiner Lampe auf den ledrigen Hals des Alten. Ein großer Fleck dicken, purpurnen Blutes quoll aus einer häßlichen, zackigen Schnittwunde. Der Alte lachte glucksend; es klang wie das Bellen eines Seehundes.
»Verräter haben sie mich genannt. Lange haben sie an mir herumgesägt – vergebens. Dann banden sie mir den Sack über den Kopf und ließen mich hier liegen. Sie wollen mit Waffen zurückkehren, um ihre Aufgabe zu vollenden.«
»Waffen? Ich dachte, es wäre illegal …«
»Ihr böser Geist, der Weichgliedrige«, sagte der Fustianer, »er beschafft den Brennstoff für das Teufelsfeuer.«
»Wieder mal die Groaci«, bemerkte Retief. »Ich frage mich, was sie vorhaben.«
»Und ich muß gestehen, ich habe ihnen von dir erzählt, bevor ich ihre wahren Absichten erkannte. Vieles kann ich dir berichten von ihrem Tun. Aber erst bitte ich dich – den Flaschenzug.«
Retief fand den Flaschenzug an der von dem Fustianer angegebenen Stelle, manövrierte ihn in die richtige Position, befestigte ihn an dem Rand des Rückenschilds und zog. Langsam erhob sich der riesige Fustianer, wippte kurz und fiel dann auf die Brust. Langsam kam er auf die Füße.
»Mein Name ist Whonk«, sagte er. »Meine Kühe gehören dir, Schnellfüßiger.«
»Danke. Ich heiße Retief. Es würde mich freuen, deine Mädchen mal kennenzulernen. Aber jetzt sollten wir hier besser verschwinden.«
Whonk lehnte seine massige Gestalt gegen die schweren Stapel der Seetang-Ballen und schob sie wie ein Bulldozer beiseite. »Langsam bin ich zu erzürnen«, sagte er, »aber unerbittlich in meinem Zorn. Nimm dich in acht, Slock …«
»Einen Augenblick«, sagte Retief plötzlich und schnupperte. »Was ist das für ein Geruch?« Er leuchtete mit seiner Lampe umher und entdeckte einen trockenen Fleck auf dem Boden. Er kniete nieder und roch an dem Fleck.
»Welche Art von Fracht wurde hier gelagert, Whonk? Und wo ist sie jetzt?«
Whonk überlegte. »Da waren Trommel-Behälter. Vier Stück, ziemlich klein und häßlich grün bemalt – sie gehörten den Weichen, den Groaci. Sie lagerten hier einen Tag und eine Nacht. In der vollen Dunkelheit der ersten Periode kamen sie mit Stauern und verluden sie an Bord der Barke Moss Rock .«
»Das VIP-Boot. Wer soll es demnächst benutzen?«
»Das weiß ich nicht. Aber wozu ist das wichtig? Laß uns über Frachtlieferungen sprechen, nachdem ich meine Rechnung mit diesen Jugendlichen beglichen habe.«
»Wir sollten besser diese Angelegenheit zuerst klären, Whonk. Es gibt nur eine Substanz, die in solchen Behältern transportiert wird und so riecht wie dieser Fleck auf dem Boden, soweit ich weiß. Und das ist Titanit – der stärkste Sprengstoff, abgesehen von einem Haufen Uranium.«
Beta ging gerade unter, als Retief den keuchenden Whonk auf den Fersen, zum Wachhäuschen neben der Gangway kam, die in das luxuriöse Innere der Amtsbarke Moss Rock führte.
»Ein Zeichen der Zeit«, sagte Whonk mit einem Blick auf das leere Wachhäuschen. »Ein Posten sollte hier stehen, aber ich sehe ihn nicht. Zweifellos hat er sich fortgeschlichen, um ein Nickerchen zu halten.«
»Laß uns an Bord gehen und uns dort einmal umsehen.«
Sie betraten das Schiff. Sanftes Licht
Weitere Kostenlose Bücher