Diplomatische Beziehungen (German Edition)
einer Zitrone hinzu.“ Maria holte Lucas bereits die Zitrone und den Zestenreißer. Jack zog eine Augenbraue hoch, als er sich dem jungen Briten zuwandte. „Sag nicht, ich muss dir erst zeigen, wie man einen Zestenreißer benutzt.“
Lucas warf ihm einen verzweifelten Blick zu. „Na gut, du mischst die Zutaten und ich schäle die Zitrone. Lucy? Könntest du bitte das Eiweiß steif schlagen?“ Mit Händen, die eindeutig geübter waren als Lucas‘, verwendete Jack das seltsame Werkzeug, um feinste Streifen aus der äußeren Schicht der Zitronenschale zu lösen.
Nachdem sich Jack umgedreht und die Temperatur des Ofens überprüft hatte, klatschte er in die Hände und sah Lucas an, dem das Ganze Spaß machte, auch wenn er sich offensichtlichnicht ganz wohlfühlte.
„Also gut, Herr Chefkoch, setzen wir den Kuchen zusammen. Backblech, Kuchenboden. Stich mit einer Gabel kleine Löcher in die Mitte.“
Lucas folgte der Anweisung und Jack wendete sich an Lucy. „Auf den Boden kommt eine Schicht Eischnee. Darauf dann die Beeren.“
Er wartete, bis Lucas seine Schüssel ausgeleert hatte. „Jetzt kommt der schwierige Teil.“
Er zwinkerte Lucas zu und stellte sich so dicht neben ihn, wie beim letzten Mal in der Küche, nur dass er dem Briten jetzt einen Arm um die Schultern legte, während er auf das Backblech zeigte. „Jetzt müssen wir den Teig über den Beeren schließen und eine schöne Tasche daraus machen.“ Jack sah zu den beiden Frauen und ihren belustigten Gesichtern auf, als Lucas den Rand des Teiges über die Beeren faltete und sie zudeckte. Er spürte, wie angespannt Lucas war und da er davon ausging, dass die Blicke der Frauen auf Lucas‘ Arbeit gerichtete waren, senkte er seine Hand und strich damit sanft Lucas‘ Rücken hinab. Jack sah den hoffnungsvollen Blick, den der junge Mann auf ihn richtete, und lächelte. Dann zeigte er wieder auf den Kuchen. „Stell sicher, dass nirgendwo Löcher sind, sonst fließt der ganze Saft raus und das wäre schade.“
Lucas klopfte scherzhaft hier und da auf den Teig, um sicherzugehen.
„Und jetzt, le moment supreme . Damit er eine schöne Farbe bekommt, bestreichen wir ihn mit ein wenig Eigelb und dann kommt er in den Ofen. In ungefähr fünfundzwanzig Minuten haben wir den besten Blaubeerkuchen, den Lucas je gebacken hat.“
Kapitel 6
I N DER Woche darauf hatte er unglaublich viel zu tun und als dann der Freitagabend kam, war Jack glücklich, dass er endlich in seinem verhältnismäßig stillen und friedlichen Büro sitzen und sich um den Schriftverkehr kümmern konnte. Tatsächlich war es das erste Mal in dieser Woche, dass er sich lange genug in seinem Büro aufhielt, um sich an den Schreibtisch zu setzen. Heute Abend würde er der Eröffnung einer Kunstausstellung beiwohnen müssen, doch im Augenblick war er zufrieden damit, einfach dazusitzen und sich mit den vielen Briefen und Dokumenten zu beschäftigen, die seine Aufmerksamkeit verlangten.
Seine Sekretärin betrat mit einem Ordner unter dem Arm leise das Büro und brachte ein Tablett mit Kaffee und Kuchen herein.
„Bitte sehr, Mr. Christensen. Nett von Ihnen, sich mal im Büro sehen zu lassen“, sagte sie mit einem frechen Lächeln. Da sie sich um den Terminkalender kümmerte, wusste sie ganz genau, womit er die ganze Woche über beschäftigt gewesen war und dass er den Großteil davon auf der Rückbank seines von einem Chauffeur gefahrenen Wagens auf dem Weg von einem Meeting zum nächsten zugebracht hatte.
Nachdem sie das Tablett abgestellt hatte, reichte sie ihm den Ordner. „Das ist der Entwurf für das Gesetz zur gleichgeschlechtlichen Ehe, das sie durch die Kammer und den Senat bekommen wollen, und ein Überblick über die vorausgehenden Debatten, mit allen Umfragen zur Meinung der belgischen Bevölkerung, die ich dazu finden konnte. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, warum deshalb so ein Theater gemacht wird, aber meine Meinung ist wohl nicht sehr wichtig.“
Jack war amüsiert. Sie war eine erschreckend effiziente Sekretärin und manchmal hatte er das Gefühl, sie könne seine Gedanken lesen. So auch jetzt. Er hatte seine Rechtsabteilung damit beauftragt, ihm den Entwurf zu besorgen, doch es war Mrs. Claessens, die sich in dem Wissen, dass er sich für mehr als nur das neue Gesetz interessierte, um die Debatten und Umfragen gekümmert hatte. Ihr professionelles Verhalten gebot ihr, ihre Meinung für sich zu behalten, doch da sie Belgierin und damit Bürgerin der erst zweiten
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