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Dirigent

Dirigent

Titel: Dirigent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Quigley
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denselbenVornamen wie die Frau von deinem hochnäsigen Komponistenfreund, dem mit der Brille.«
    »Nina.« Nikolai stöhnte. »Nina Bronnikowa. Ich kenne sie. Ist sie schwer verwundet?«
    »Na ja, sterben wird sie nicht«, sagte Tanja. »Aber tanzen auch nicht mehr, so viel ist wohl sicher.«
    »Nie mehr?« Er erinnerte sich an Ninas kräftige Schultern und schmale Hüften, ihre Freundlichkeit gegenüber Sonja, ihre heitere Gelassenheit auf Sollertinskis Feier.
    »Sie ist noch jung.« Tanja schien zur Zuversicht entschlossen. »Es gibt vieles andere, was sie tun kann – heiraten, eine Familie gründen. Selbst wenn ihr ein Hinken bleibt, hat sie immer noch ein hübsches Gesicht. Es dürfte ihr nicht schwerfallen, einen Ehemann zu finden.«
    »Welch ein Segen«, sagte Nikolai scharf.
    »Nicht wahr«, sagte Tanja, die nie gut darin gewesen war, Sarkasmus zu erkennen.
    Er stellte sich an das verhängte Fenster, fühlte sich dem Ersticken nah. Wie gern hätte er die schwarzen Laken heruntergerissen, die Klebebandstreifen abgezogen und sich in die kühle abendliche Septemberluft hinausgelehnt. Seit Sonja fort war, schien seine Lunge zu tiefen Atemzügen nicht mehr fähig zu sein. Und nun – nun war auch noch Nina verletzt.
    »Schrecklich, wie sie das Astoria zugerichtet haben.« Tanja schnalzte mit der Zunge. »Soldaten verteilen Matsch über den ganzen Treppenläufer, Landstreicher schlafen in der Lobby, alles ist zerkratzt und zerbrochen. Von einem Spitzenhotel keine Spur mehr. Ich weiß nicht, was ...«
    Aber Nikolai hörte ihr gar nicht zu. Seine Klaustrophobie wuchs stetig. Eingesperrt in seiner verdunkelten Wohnung, in der Stadt – aber vor allem: in seinem Kopf. Er begann, sich nach einer gewaltsamen Erlösung zu sehnen.
Das Geschenk
    Schostakowitsch wachte mit einem Gefühl drohenden Unheils auf; das Erste, was er hörte, war das Knattern von Flakfeuer. Er lag da und betrachtete den langen Riss über sich, der inzwischen so tief wie eine Gletscherspalte wirkte. Noch ein paar Bomben und die ganze Decke könnte entzweibrechen. Er stellte sich vor, wie die Leute aus der Wohnung über ihm in sein Arbeitszimmer herabstürzten, und ertappte sich bei der Hoffnung, die vollbusige achtzehnjährige Tochter würde in seinem Bett landen und nicht ihre furchteinflößende Mutter.
    Galina kam ins Zimmer gesaust. »Herzlichen Glückwunsch, Papa! Maxim und ich haben ein Gedicht für dich gemacht! Aber wir sagen es dir lieber im Keller auf, weil die Bomber jeden Moment kommen.«
    Schostakowitsch schlurfte hinter ihr her ins Wohnzimmer. »Alter und Siechtum sind jetzt offiziell in Sicht«, sagte er und zuckte vor der eiskalten Luft zurück.
    Nina mummelte Maxim gerade in seinen Mantel ein und zog ihm die Überschuhe an. »Manche sind sicher der Meinung, dass du jetzt in deine besten Jahre kommst«, sagte sie und gab Schostakowitsch einen Kuss.
    »Die meisten Menschen wissen nichts von dem Druck, unter dem ich stehe.« Er zog seine Schlafanzughose hoch und schnallte sich den Gürtel seines Mantels fest um die Taille. »Den ganzen Tag im Zwielicht hocken und schreiben, ohne Heizung und ohne Ruhepausen – ein unmögliches Unterfangen selbst ohne die Nazis. Die meisten Komponisten lagen längst unter der Erde, bevor sie mein Alter erreicht hatten. Denk an Mozart! Wenn ich Mozart wäre, wäre dies mein letzter Geburtstag.«
    »Ich hoffe, du klammerst dich noch ans Leben, wenigstens bis heute Abend«, sagte Nina. »Israel hat einige Anstrengungen unternommen, um zusätzlichen Wodka aufzutreiben.«
    Schostakowitschs Hoffnung, keinerlei Aufhebens von seinem Geburtstag zu machen, damit er sich auf seine Arbeit konzentrieren konnte, zerschlug sich, sobald sie den Keller betraten.
    »Herr Schostakowitsch!« Irina Barinowas Stimme schallte durch die Dunkelheit. »Wir haben gehört, dass heute ein besonderer Tag für Sie ist. Mögen alle Ihre künftigen Geburtstage friedlicher sein als dieser!«
    Schostakowitsch seufzte. »Woher wissen Sie davon?«
    »Entschuldige«, flüsterte Nina. »Ich habe es ihr erzählt.«
    »Wie kommen Sie mit Ihrem neuen Werk voran?« Irina Barinowa war nicht bereit, sich durch Luftwaffenbomben vom Tratschen abhalten zu lassen. »Reift es ebenfalls heran?«
    Schostakowitsch nahm Maxim bei der Hand und tastete sich an der Wand bis zu der langen Bank vor. Er kniff die Lippen zusammen und hörte zu, wie Nina die Fragen parierte. Ja, der erste und zweite Satz seien fertig, der dritte im Entstehen. Ja, sie hofften auf

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