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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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überkam mich plötzlich das Bedürfnis, mich nicht länger vor der Vergangenheit zu verstecken.
    „Mo?“, flüsterte ich. „Bitte. Ich muss mit dir darüber sprechen. Über das, was geschehen ist. Ich kann einfach nicht länger schweigen. Es macht mich krank.“
    „Du bist bereits krank.“ Sie deutete mit der Zigarette auf mich. „Du musst endlich darüber hinwegkommen! Er ist tot! Er ist fort?“
    „Auch das ist nicht meine Schuld?“, schrie ich.
    „Und ob es deine Schuld ist?“, brüllte sie zurück, und dann inhalierte sie den Rauch so, als ob er kostbarer wäre als Sauerstoff.
    Benommen beobachtete ich, wie sie die Zigarette austrat und sofort die nächste anzündete. Rauchen ist eine schmutzige Angewohnheit, schlecht für die Zähne und die Haut, ganz zu schweigen von den Lungen, und auch wenn ich gelegentlich rauchte, war ich nie süchtig geworden. Dass meine Mutter rauchte, erstaunte mich immer wieder.
    „Es ist nicht meine Schuld, dass er gestorben ist.“ Ich wollte, dass meine Worte fest klangen. Ich wollte sie glauben. „Andrew hat sich umgebracht, Mutter, damit hatte ich nichts zu tun.“
    „Du hast ihn dazu gebrach?“, schnappte sie. „Bevor du ihn in die Finger bekamst, war alles in Ordnung.“
    „Das glaubst du nicht wirklich.“ Dabei wusste ich, dass es so war.
    „Ich hätte dich niemals aufhalten sollen, als du es versucht hast.“ Zigarettenqualm waberte zwischen uns in der Luft und brannte in meinen Augen und meinem Hals. Ich sehnte mich nach Tränen, um das Brennen wegzuwaschen. „Dann würde er noch leben und du wärst …“
    „Nicht“, flüsterte ich. „Sag es nicht.“
    Sie sah mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an. „Du und Chad, ihr beide wart eine einzige Enttäuschung für mich und euren Vater. Ich verstehe nicht, was geschehen ist. Andrew war der perfekte Sohn.“
    „Auch das glaubst du nicht wirklich, oder? Wie kannst du so etwas sagen?“ Am liebsten hätte ich sie an den Schultern gepackt und durchgeschüttelt. „Mutter, er war nicht perfekt. Das ist sowieso niemand. Und er … schon gar nicht.“
    „Hüte deine Zunge, Ella.“
    „Standen Chad und ich immer nur an zweiter Stelle?“, fragte ich. „Eltern sollten kein Lieblingskind haben.“
    „Nun, ich verrate dir was.“ Sie trat die zweite Zigarette unter ihrem teuren Wildlederschuh aus. „Hatten wir aber.“
    Dann stieg sie ein und fuhr davon.
    „Du solltest nach Hause komme?“, sagte ich zu Chad, als er mich das nächste Mal anrief. „Ich vermisse dich.“
    „Ich vermisse dich auch. Komm mich doch besuchen. Es ist schön hier in Kalifornien.“
    „Mutter sagt, dass es Dad überhaupt nicht gut geht.“
    „Und hast du ihn besucht, Süße?“
    Mein Bruder wusste immer, welche Knöpfe er drücken musste, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Im Grunde ist er meiner Mutter ähnlicher, als er zugeben will. Ich musste aber trotzdem lächeln, weil er ja recht hatte.
    „Nein. Komm nach Hause. Dann besuchen wir ihn zusammen.“
    „Weißt du mehr als ich? Hat unser Vater vielleicht zu unseren Gunsten eine riesige Lebensversicherung abgeschlossen? Denn sobald ich einen Fuß in dieses Haus setze, kratzt er umgehend ab, das ist dir doch klar.“
    „Er ist todkrank, Chad. Willst du, dass er stirbt, ohne ihn noch einmal gesehen zu haben?“
    „Nicht.“ Mein kleiner Bruder schien heute nicht besonders gut drauf zu sein. „Fang erst gar nicht damit an, Ella. Die beiden haben mich rausgeworfen und gesagt, ich solle diese Türschwelle nie mehr überschreiten. Sie haben mich beschimpft.“
    „Er nicht.“ Ich öffnete eine Wasserflasche und nahm einen Schluck.
    „Er hat sie nicht aufgehalten, also ist es dasselbe. Nur weil er zu besoffen war, um aus seinem beschissenen Sessel aufzustehen, ist das keine Entschuldigung. Und ehrlic?“, rief er vorwurfsvoll, “ich bin verdammt überrascht, dass ausgerechnet du so etwas sagst. Ausgerechnet du, Ella.“
    „Ich wünschte, du würdest mich nicht so nennen.“
    „Ell?“, korrigierte er sich. „Süße, Kleines. Ich hab dich lieb.“
    „Ich dich auch, Chaddie.“
    „Bitte mich einfach nicht, nach Hause zu kommen. Du weißt, dass ich das nicht kann.“
    „Ich weiß.“ Seufzend rieb ich mir die Stirn, um die aufsteigenden Kopfschmerzen zu lindern. „Ich weiß. Aber sie ruft mich immer wieder an.“
    Unser Gespräch auf dem Parkplatz erwähnte ich nicht.
    „Sag ihr, sie soll sich verpisse?“, meinte er schlicht. „Dieses Miststück hat nie etwas für uns

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