Diverses - Geschichten
Zeiten, weniger frostige, und damit von der Überwindung des Unheils kündeten.
Luzifer legte den Apfel auf seine linke Hand und hob diese langsam an, näherte sich mit ihm Josefs Gesicht.
Und obwohl dieser schlecht sah, wurde sein Staunen immer größer. Denn was sich ihm auf dieser Hand näherte, war kein Apfel mehr, es verwandelte sich in eine Kugel von einzigartiger Klarheit, geprägt von scharfen Konturen und mit spiegelnder Oberfläche.
"Was ist das?", fragte Josef verblüfft.
Eine freie, heiße Hand nahm Josefs in die eigene und legte den Apfel oder das, was einst eine Frucht gewesen war, in Josefs Finger.
Der Gegenstand vor ihm blitzte im schwachen Licht der Kerze.
"Sag du es mir“, forderte Luzifer ihn auf.
„Du weißt es besser als ich."
„Ein Diamant", flüsterte Josef. Und Luzifer nickte nur.
"Wozu?"
"Jeder Apfel, den du berührst, verwandelt sich in einen Edelstein“, klärte Luzifer in auf. „In das Kostbarste, was sich ein Mensch vorstellen kann."
" Aber wie", stotterte Josef.
Luzifer lachte.
„Nun, du bist tot, was dachtest du, wie das funktioniert?"
Josef schnappte nach Luft. Luzifer lachte erneut.
"Du glaubst doch nicht, dass ich mich einem Lebenden zweimal zeige. Was hätte ich davon?"
"Aber was ist mit dem Aufschub?"
Luzifer schnalzte mit der Zunge.
"Wie schon gesagt, unser Handel gilt. Doch da alles, was du berührst, zu Edelstein wird, egal wie wertvoll oder wie unnötig er ist, treten für dich besondere Vorschriften in Kraft. Du wirst einmal im Jahr aus der Tiefe steigen, einmal im Jahr versuchen, deinen Apfel zu verkaufen. Eine Nacht, diese magische Nacht, wird dein ausgemergelter, verstaubter Körper zum Leben erwachen und mir und meinen Zwecken zu Diensten sein.“
Josef ächzte. Schmerz schoss in seinen Gliedern empor, von denen er nun wusste, dass sie tot waren, dass sie dazu verdammt waren, in der Erde zu vertrocknen, im Vakuum zwischen Himmel und Hölle auszuharren, bis ein ungnädiges Schicksal, eine unnatürliche schicksalshafte Macht, die er selbst heraufbeschworen hatte, sie zu einem unheiligen Zweck aus dem Schlaf riss.
Luzifers Grinsen verwandelte sich in eine schiefe, hässliche Grimasse. „Such keine Ausflüchte“, empfahl er trocken.
„Aber so war das … so habe ich es mir nicht vorgestellt“, stammelte Josef.
Luzifer kam näher und Josef versuchte, in seinem Stuhl zurückzuweichen. Es gelang ihm nicht, nicht einen winzigen Teil seines steifen Körpers konnte er bewegen.
Sein Herz hatte längst aufgehört zu schlagen, füllte sich stattdessen mit Grauen.
„Was kann ich tun?“ Er flehte, ohne dass seine Lippen sich bewegten. Mit weit aufgerissenen, starren Augen starrte er den Teufel an.
Der verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte langsam den Kopf, so dass seine Hörner die Luft durchschnitten. Ein hohler Klang begleitete die unheimliche Bewegung.
„Besorge mir eine neue Seele, dann erlöse ich dich von dem Fluch“, sagte er dunkel. „Verkaufe den Apfel für den Preis eines Unschuldigen. Wenn dir das gelingt, dann nehme ich dich zu mir.“
„In die Hölle?“, flüsterte Josef.
Luzifer schnalzte mit der Zunge. „Das Fegefeuer wird überschätzt. Es ist kaum zu glauben, was sich mit ein paar Gerüchten und ein wenig Mundpropaganda anrichten lässt. Aber ja, in die Hölle.“
Er neigte sich vertraulich näher zu Josef, löste die Arme voneinander. Eine der riesigen Pranken legte sich auf Josefs Schulter. „Glaub mir, bald wirst du dich danach sehnen.“
„Jedes Jahr?“, hauchte Josef.
„Einmal im Jahr“, bestätigte Luzifer.
Und so geschah es. Jedes Jahr in der Heiligen Nacht stieg der Körper Josefs aus seinem Grab. In seinen vermoderten Kleidern, der ausgetrockneten Gestalt streckte er den wenigen Vorübergehenden seinen glitzernden Apfel entgegen, bot ihnen den Handel an, versuchte, seine Kostbarkeit anzupreisen.
Doch niemand, so verzweifelt und unglücklich ein Mensch auch in dieser Nacht, die zur einsamsten des Jahres werden konnte, sich fühlen mochte, wandte sich auch nur nach ihm um. Niemand fiel auf ihn herein. Egal wie sehr er den Diamanten funkeln ließ, wie verlockend er seinen Edelstein zum Leuchten brachte, als wie glücksverheißend er ihn pries.
„Niemand?“, fragte Sascha atemlos.
Johannes tauchte aus der Welt, in die er ebenso wie sein Neffe versunken war, wieder auf.
„Niemand“, bestätigte er rau, und in seiner Stimme klang Mitleid. „Aber so kann es ausgehen, wenn ein Mensch es
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