Diverses - Geschichten
eine ganze Weile gedauert bis ich, sozusagen, wieder ein Teil der Gesellschaft werden konnte.”
Donna sah ihn mit plötzlich erwachendem Interesse an. “Waren Sie im Knast?”
Tom verscheuchte die Wolken aus seinen Gedanken und grinste sie an. “Du hast leider nicht die erforderliche Sicherheitsstufe um Näheres zu erfahren, aber auf eine gewisse Art... ja, ich war im Gefängnis.”
Verständnislosigkeit begegnete seinem mit einem Mal erheiterten Gesichtsausdruck.
“Es hat dir wohl niemand gesagt, dass dein Vater beim Geheimdienst war.” Sie schüttelte den Kopf. “Scheiße, nein.”
“Nun, auf jeden Fall, bin ich deiner Tante einmal zu Weihnachten begegnet, da dürftest du...”, er überlegte, “... ungefähr zwei Jahre alt gewesen sein.” Er zögerte wieder und fuhr dann leiser fort. “Als ich hörte, dass du bei ihr lebst, hatte ich das Bedürfnis, mich näher zu erkundigen.”
Mit einer Hand strich er sich die weißen Strähnen, die seine Augen verdeckten, aus der Stirn.
“Ich meine, ich war selbst ein miserabler Vater, aber bei ihr gab es vermutlich auch nicht viel zu lachen.”
“Oh nein”, rutschte es ihr heraus. Einen Augenblick später kicherte sie. “Nein, wirklich nicht!” Das Vertrauen, das ihr dieser Fremde entgegenbrachte, weckte seltsamerweise den Wunsch es zu erwidern.
Schließlich setzte sie sich zu ihm. “Also sie waren in geheimer Mission im Gefängnis.” Die Sache fing langsam an interessant zu werden. “Und das anscheinend ziemlich lange.”
Tom nickte lächelnd. “Wenn du zehn Jahre für lange hältst?”
“Wow!” Sie war ehrlich beeindruckt. “Und dann, haben sie auf ‘Graf von Monte Christo’ gemacht?” Er hustete, halb amüsiert, halb verlegen.
“Nein, die Sache war etwas komplizierter.”
“Verstehe.” Sie nickte altklug. “Top Secret, natürlich.”
Tom konnte das Grinsen nicht mehr zurückhalten. “Genau. Wenn du mehr erfahren willst, musst du dich als Geheimagentin bewerben.”
“Ja klar!” Die Leichtigkeit fiel von ihr ab, wurde ersetzt durch die Wirklichkeit, die unendlich schwerer wog.
“Ich meine es ernst.” Auch Tom war ernst geworden. “Wenn du es willst, kannst du alles werden.”
“Sehr witzig! Was glauben Sie, was wir hier von morgens bis abends zu hören bekommen?”
“Lass mich raten. Aufbauende Bemerkungen wie: ...mit dieser Akte könnt ihr dankbar sein für jeden Fabrikjob?”
Donna nickte frustriert.
“Das erzählen sie gerne, da solltet ihr gar nicht erst hinhören. Zudem, ich mache vielleicht nicht den Eindruck, aber ich habe Beziehungen und Einfluss. Wenn ich mich dafür einsetze, wird dich jede Schule, jede Ausbildungseinrichtung aufnehmen, ohne unnötige Fragen zu stellen. Natürlich nur, wenn du es auch willst.”
Skeptisch zog sie ihre Stirn in Falten. “Warum sollten Sie so etwas tun?”
Das Misstrauen war wieder da, diesmal stärker als zuvor. Es war vielleicht ein Fehler gewesen, sich zu öffnen. Niemand bot selbstlos einen so großen Gefallen an. An der Sache stimmte etwas nicht, ganz und gar nicht.
Tom spürte ihren innerlichen Rückzug, und ließ ihr ein wenig Zeit, bevor er seine Erzählung abschloss.
“Es hat mich eine Weile gekostet, bis ich in der Lage war, die Realität wieder in einer Weise wahrzunehmen, die mir den Umgang mit anderen Menschen und die Konfrontation mit den Ereignissen der vergangenen Jahre, ermöglichte. Deshalb habe ich auch nicht früher erfahren, dass dein Vater bei dem Versuch, mir zu helfen, sein Leben verloren hat.”
“Was?” Donna sah ihn verständnislos an, fuhr sich nervös durch die Haare und sprach dann hastig weiter. “Also, sie wollen mir ernsthaft erzählen, mein Vater wäre eine Art Held gewesen.”
In Toms Mundwinkeln zuckte es belustigt, doch sein Blick blieb ernst.
“So kannst du es sicher nennen.” Er legte den Kopf in den Nacken und blickte nachdenklich in den strahlend blauen Frühlingshimmel hinauf.
“Manchmal werfe ich mir vor, dass er sich zu viel von meiner Art, an die Dinge heranzugehen, angeeignet hat, in der Zeit, in der wir zusammengearbeitet haben. Davon abgesehen hatte er diesen Dickkopf, es war beinahe unmöglich, ihm etwas auszureden.”
Tom schloss müde seine Augen. “Er hatte etwas herausgefunden, eine Spur entdeckt, und war nicht davon abzubringen, ihr zu folgen.”
“Aber er wollte Ihnen helfen.”
Er nickte und wandte ihr seinen Blick zu, der mit einem Mal tiefe Trauer wiederspiegelte, den Blick eines Menschen, der
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