Division der Verlorenen
Weisheit zu erleuchten.
›Unsterbliche Unterstützung‹, dachte der Imperator, als er durch den Mittelgang schritt. Nur die Hälfte der Legislatoren war überhaupt anwesend. Ganze Galaxien, die ihn vor dem Krieg lauthals unterstützt hatten, hatten inzwischen ihre Neutralität erklärt, sich aus dem Parlament zurückgezogen oder sich auf die Seite der Tahn geschlagen.
Der Imperator trug die schmucklose weiße Uniform mit den fünf Sternen und dem geflochtenen Kranz auf jeder Epaulette, die ihn als Befehlshaber der Raumflotte auswies. Er hätte tausend andere Uniformen anderer Imperialer Streitkräfte wählen können, deren Befehlshaber er war, doch wie meist zog er ein zurückhaltendes Auftreten vor.
Auf seiner linken Brust war eine einzige Auszeichnung zu sehen: das Emblem, das ihn als qualifizierten Raumschiffingenieur auswies. Von allen Auszeichnungen, die ihm verliehen worden waren, war er auf diese, wie er Mahoney einmal gestanden hatte, besonders stolz. Es war die einzige, die er sich selbst erworben hatte und mit der man ihm nicht hatte schmeicheln wollen.
Der Imperator begann mit seiner Rede und blickte sein Publikum an nicht das Parlament, sondern das rote Licht auf der Livie-Kamera, die im Hintergrund über den Legislatoren aufgehängt war. Das war sein eigentliches Publikum. Seine Rede wurde innerhalb weniger Minuten im gesamten Imperium ausgestrahlt und in eine halbe Million verschiedene Sprachen simultanübersetzt.
»Vor einem Zyklus«, fing er ohne Vorrede an, »erhielt unser Imperium von denen, die wir in allen Ehren wie unseresgleichen behandelt haben, einen Dolchstoß in den Rücken versetzt. Die Tahn haben ohne Grund, ohne Vorwarnung und ohne Gnade zugeschlagen. Diese Geschöpfe bringen ihren eigenen Göttern Opfer mit blutigen Händen dar – den Göttern der Vernichtung, der Zerstörung und des Chaos.
Ich werde Sie nicht anlügen, meine Mitbürger. Die Verräter haben auf unseren Lebensnerv gezielt. Nicht ohne Erfolg. Sie sollten sich über dieses kurze Aufflackern ihres Kriegsglücks freuen, solange es noch anhält. Denn ihr Erfolg wird in der Tat nicht von langer Dauer sein.
Krieg ist das schlimmste aller Übel. Doch manchmal muss ein Krieg ausgefochten werden. Und selbst den Kriegen, die aus den selbstsüchtigsten Gründen geführt werden, wird meist das Deckmäntelchen edelster Gründe umgehängt. Der rücksichtsloseste Tyrann findet irgendwo in seinem Innern ein Fünkchen Ehrenhaftigkeit, mit dem er seine Schlächterei rechtfertigt.
Nicht so die Tahn. Einige von Ihnen haben womöglich ihre Propagandasendungen gesehen. Was wollen die Tahn?
Sie wollen unser Imperium stürzen.
Sie wollen meine Vernichtung.
Aber was haben sie anzubieten? Was versprechen sie den Völkern der Galaxis?
Den Tahn zufolge wird durch ihren Sieg allen Lebewesen ein gleicher Anteil an Ruhm und Ehre zuteil. Was ist denn dieser Ruhm, den sie versprechen? Es ist nicht mehr Nahrung. Es ist nicht mehr Sicherheit. Es ist nicht das Wissen, dass Generationen von jetzt noch Ungeborenen den Unbilden der Zeit nicht hilflos ausgeliefert sind. Nein. Davon ist kein Wort zu hören.
Nur von diesem Ruhm. Manchmal nennen sie es auch das ›Schicksal der Zivilisation‹. Damit meinen sie nichts anderes als ihre Zivilisation.
Diejenigen Welten, diejenigen Völker, die bereits an die Tahn gefallen sind und ohne Hoffnung und ohne Zeugen unter ihrer Knute leiden, könnten uns ein Lied davon singen, was dieses Schicksal zu bieten hat.
Verzweiflung. Erniedrigung. Und schließlich Tod. Der Tod ist die einzige Belohnung, die die Tahn uns wirklich garantieren können, denn nur der Tod garantiert ihnen die völlige Freiheit ihrer Tyrannei.
Ich habe zuvor die Siege der Tahn erwähnt. Ich habe auch gesagt, dass sie diese Siege rasch genießen sollten. Denn das Blatt wendet sich bereits.
Ich spreche jetzt zu den Völkern, die die Tahn unter ihre Herrschaft gezwungen haben. Seid frohen Mutes. Ihr seid nicht vergessen. Wir werden die Tahn wieder vertreiben. Friede wird wieder einkehren.
Jetzt möchte ich mich denen widmen, die den Verblendungen der Tahn verfallen sind, so wie Hunde, die vom süßen Geruch der Verwesung angezogen werden. Überlegt euch noch einmal, wie die Tahn sind, wie sie vorgehen. Schon vor diesem Krieg zählten alle von ihnen geschlossenen Bündnisse nur so lange, wie sie ihnen Nutzen brachten. Das einzige Bündnis, das die Tahn anerkennen, ist das Bündnis zwischen Herr und Sklave.
Seht euch ihre Vergangenheit
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