Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
Vom Netzwerk:
getrübt. Er war nachlässig und auffallend farbenfroh gekleidet: eine alte Khakihose und eine apfelgrüne Strickjacke, bis zum Hals zugeknöpft und an den Ellbogen ausgebeult. Sandalen und darunter dicke Wollsocken in Braun und Orange. Lynley wähnte Eddie Kerne vor sich. Er zückte seinen Polizeiausweis, während er sich vorstellte.
    Kerne sah vom Ausweis zu seinem Gesicht. Dann wandte er sich von der Tür ab und ging wortlos ins Innere des Hauses zurück. Die Tür blieb offen, was Lynley als Einladung auffasste; also folgte er ihm.
    Innen sah das Haus nicht wesentlich besser aus als von außen. Nach dem Alter der freigelegten Balken zu urteilen, schien es sich um ein langwieriges Renovierungsprojekt zu handeln. Die Wände entlang des zentralen Flurs waren vor langer Zeit bis auf das Fachwerk abgetragen worden, und doch nahm Lynley nicht den Duft frisch eingesetzten Holzes wahr. Vielmehr bedeckte ein Schorf aus Staub die Balken, der darauf hindeutete, dass die Arbeit vor Jahren begonnen und nie vollendet worden war.
    Kernes Ziel war die Werkstatt, und der Weg dorthin führte durch die Küche und eine Waschküche, in der eine Waschmaschine neben einer altmodischen Bügelpresse stand und Leinen unter der Decke kreuz und quer gespannt waren, um auch bei schlechtem Wetter die Wäsche trocknen zu können. Schwerer Schimmelgeruch hing in diesem Raum – ein Aroma, das sich nur geringfügig verbesserte, als sie die Werkstatt erreichten. Dort hinein führte eine türlose Öffnung am entlegenen Ende der Waschküche. Nur eine dicke Plastikplane trennte sie vom Rest des Hauses. Stücke derselben Plastikplane bedeckten auch die Fenster der Werkstatt – ein Raum, der jüngeren Datums war. Er bestand aus unverputzten Betonblöcken und war eisig kalt, wie eine altmodische Speisekammer.
    Ein Höhlenbewohner, kam es Lynley in den Sinn, als er eintrat. Der Raum war mit einer Werkbank, schief hängenden Schränken, einem hohen Sitzhocker und mit einer Unzahl Werkzeugen vollgestopft; doch was in erster Linie ins Auge fiel, waren Sägemehl, verschüttetes Maschinenöl, Farbflecken und Schmutz. Es schien ein unzulänglicher Rückzugsort für einen Mann, der Frau und Kindern mit diesem oder jenem Heimwerkerprojekt für eine Weile zu entfliehen suchte.
    Es präsentierte sich in der Tat eine Vielzahl Heimwerkerprojekte auf Eddie Kernes Werkbank: Teile eines Staubsaugers, zwei zerbrochene Lampen, ein Föhn ohne Kabel, fünf Teetassen, denen die Henkel fehlten, ein kleiner Fußhocker, aus dem die Polsterung hervorquoll. Kerne schien sich die Teetassen vorgenommen zu haben, denn eine aufgeschraubte Klebstofftube steuerte das ihre zur Geruchsmischung im Raum bei, die vornehmlich von Feuchtigkeit bestimmt schien. Tuberkulose war wohl das wahrscheinlichste Ergebnis eines längeren Aufenthalts in solch einem Raum, und Kerne hatte einen schlimmen Husten. Wie Keats, als er seine herzerweichenden Briefe an seine angebetete Fanny schrieb, dachte Lynley.
    »Ich kann Ihnen nichts sagen«, sagte Kerne über die Schulter, während er eine der Teetassen aufnahm, sie betrachtete und einen abgebrochenen Henkel daranhielt, um festzustellen, ob er passte. »Ich weiß natürlich, weswegen Sie hier sind, aber ich kann Ihnen nichts sagen.«
    »Sie sind über den Tod Ihres Enkels informiert worden?«
    »Er hat angerufen.« Kerne zog Schleim hoch, spuckte aber gnädigerweise nicht aus. »Hat mir Bescheid gesagt. Das war aber auch schon alles.«
    »Ihr Sohn? Ben Kerne? Er hat angerufen?«
    »Genau der. Wenigstens dafür hat's gereicht.« Die Betonung auf dafür deutete darauf hin, dass Kerne seinen Sohn in allen anderen Lebensbereichen für unzulänglich hielt.
    »Soweit ich weiß, lebt Ben schon seit einigen Jahren nicht mehr in Pengelly Cove«, bemerkte Lynley.
    »Ich wollte ihn nicht mehr hierhaben.« Kerne ergriff die Klebstofftube und gab zwei großzügige Tropfen auf beide Enden des Henkels. Er hatte eine ruhige Hand, wenn auch kein gutes Auge. Der Henkel gehörte eindeutig zu einer anderen Tasse; weder Farbe noch Form passte. Trotzdem drückte Kerne ihn an und wartete darauf, dass der Klebstoff anzog. »Ich hatte ihn zu seinem Onkel nach Truro geschickt, und da ist er dann geblieben. Musste er ja auch, oder, nachdem sie ihm gefolgt war.«
    »Sie?«
    Kerne warf ihm einen Blick zu, eine Braue in die Höhe gezogen. Er schien zu sagen: Sie wissen es noch nicht? »Seine Frau«, antwortete er knapp.
    »Die jetzige Mrs. Kerne?«
    »Genau. Er mag vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher