Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
erschien in einer Tür am hinteren Ende der Halle, um ihnen ihre Hüte zu geben, und die beiden Männer sagten nichts mehr, bis sie den Platz überquert hatten.
»Sie war wundervoll«, platzte James heraus. »So freundlich, so großzügig.«
»Aber ich wette, dein Geld hat sie trotzdem genommen«, sagte Noah spöttisch. Er war froh, dass sein Freund diese Hürde endlich überwunden hatte, aber ihm war klar, dass jetzt von ihm erwartetwurde, sich den ganzen Abend James’ Schwärmerei über diese fantastische Erfahrung anzuhören.
»Ich glaube, sie wollte es gar nicht«, sagte James träumerisch. »Aber sie hat zu viel Angst vor Madame Sondheim, um das Geld nicht anzunehmen.«
»Hast du ihr ein paar Fragen gestellt?«
»Sie schien das meiste nicht zu verstehen. Als ich nach jungen Mädchen fragte, meinte sie, dass sie besser für mich wäre als diese ganz jungen Dinger.«
Noah konnte sein Lächeln nicht unterdrücken. Vermutlich war es ein Ding der Unmöglichkeit, von James zu erwarten, eine so hübsche Frau wie Arielle zu befragen, wenn er mit ihr allein in einem Schlafzimmer war.
»Bedeutet das Wort couvent Konvent?«, fragte er unvermittelt.
»Ja, warum?« James runzelte die Stirn.
»Weil dort anscheinend einige der jungen Mädchen landen. Leider habe ich die Befürchtung, dass die Suche nach einem Pariser Konvent, dessen Namen wir nicht kennen, kaum leichter als die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen ist.«
KAPITEL 20
1911
Belle wachte auf, weil es unerträglich heiß war; wie gewöhnlich war sie schweißgebadet. Jetzt dachte sie oft wehmütig an das kühle englische Klima, denn die drückende Sommerhitze in New Orleans war strapaziös.
Sie erinnerte sich, wie begeistert sie im April des vergangenen Jahres gewesen war, als ihr dieses Zimmer zugewiesen wurde. Es befand sich auf der Rückseite des Hauses, war ruhiger, größer und sonniger als die anderen Schlafzimmer und verfügte über ein schönes, großes Messingbett. Damals hatte sie nicht daran gedacht, dass es die Hölle sein würde, wenn es wärmer wurde, und dass es deshalb keines der anderen Mädchen haben wollte.
Aber in den sechzehn Monaten, die sie jetzt bei Martha war, hatte sie feststellen müssen, dass sie im Grunde auf nichts und niemanden vertrauen konnte. Was an einem Tag gut schien, konnte sich schon am nächsten als schlecht entpuppen.
Es war ein großer Fehler gewesen, Martha nach Belegen für die Unkosten zu fragen, die ihr durch Belle entstanden waren, insbesondere so kurz nach ihrer Ankunft in diesem Haus. Die Frau war sehr frostig gewesen, und Hatty hatte Belle eindringlich geraten, sich sofort zu entschuldigen.
»Wir stehen hier alle irgendwie unter Vertrag, Schätzchen«, erklärte sie. »Die Madame eines Bordells muss das Heft in der Hand haben, sonst tanzen ihr die Mädchen auf der Nase herum. Auch für diejenigen von uns, die nicht gekauft worden sind wie du, stellt sie Kost und Logis, Kleider, Schuhe und dergleichen zur Verfügung, und natürlich wird uns das vom Lohn abgezogen – sie muss ja von irgendetwas leben. Außerdem müssen wir uns erst ihr Vertrauen erwerben. Was wäre, wenn sie ein Mädchen aufnimmt, nur um eines Morgens festzustellen, dass es mitsamt dem Tafelsilber und einem Koffer voller Kleider getürmt ist?«
So gesehen verstand Belle, was Hatty meinte. »Aber ich wollte doch nur wissen, wie lange es dauert, bis ihre Unkosten gedeckt sind«, rechtfertigte sie sich. »Ich verstehe nicht, was daran falsch sein soll. Wie soll ich denn sonst Pläne für die Zukunft machen?«
»Martha sieht das anders. Sie würde sagen, dass es ihre Sache ist«, beharrte Hatty. »Und wir Mädchen sind wie Blumen, wir halten uns nur eine begrenzte Zeit. Sie muss Profit aus uns schlagen, solange es geht. Wenn wir schwanger werden, eine Geschlechtskrankheit bekommen oder von einem der Männer zusammengeschlagen werden, hat sie keine Verwendung mehr für uns.«
Belle lief es eiskalt den Rücken hinunter. Sie hatte nie daran gedacht, dass ihr so etwas passieren könnte. »Aber der Mann, der mich hergebracht hat, hat gesagt, dass sie eine gute Frau ist, und sie wirkt so freundlich«, sagte sie verwirrt. »Wie kann sie so viel Geld mit uns verdienen und uns dann rauswerfen, wenn etwas passiert?«
Hatty lächelte, als könnte sie nicht fassen, wie naiv Belle war. »Sie ist eine gute Frau, zumindest verglichen mit den meisten anderen Madames in dieser Stadt. Sie gibt uns gut und reichlich zu essen, und wenn
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