Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
senkte den Kopf und rang die Hände. »Ich weiß, dass Sie böse auf mich sind, weil ich nach dem Geld gefragt habe. Sie waren so nett zu mir, und jetzt glauben Sie bestimmt, dass ich undankbar bin.«
»Ich schätze es nicht, von meinen Mädchen ausgefragt zu werden«, erwiderte Martha. »Das hier ist mein Haus, und hier gelten meine Regeln.«
»Es war wirklich falsch von mir«, sagte Belle. »Aber das allesist noch so neu für mich, und ich wusste doch nicht, wie es hier läuft. Ich habe nicht an die schönen Kleider und Schuhe und die Unterwäsche gedacht, die Sie mir gegeben haben, oder wie viel es gekostet hat, mich herzubringen. Aber jetzt habe ich über alles nachgedacht und finde, dass ich großes Glück hatte, zu Ihnen zu kommen. Kann ich es irgendwie wieder gutmachen?«
»Du hast wirklich großes Glück, Schätzchen, und zwar, weil ich dich nicht sofort an ein anderes Haus verkauft habe«, antwortete Martha scharf. »Und das auch nur, weil du so jung bist und dich in diesem Gewerbe nicht auskennst. Ich habe viel Zeit und Mühe in dich investiert; niemand sonst in dieser Stadt würde das tun.«
»Ich weiß, Ma’am«, sagte Belle zerknirscht. »Sie waren wie eine Mutter zu mir. Es tut mir so leid.«
»Habe ich dein Wort, dass es in Zukunft keine unerfreulichen Auftritte mehr geben wird?«, fragte Martha.
»Oh ja, ich verspreche, dass ich mein Bestes geben werde«, beteuerte Belle und schaffte es, ein paar Tränen hervorzuquetschen, obwohl sie der Frau lieber gesagt hätte, was sie von Sklaverei hielt. »Ich möchte das wirklich hinter mir lassen und neu anfangen.«
»Komm her, Schätzchen.« Martha klopfte einladend auf das Sofa. »Ich bin froh, dass du heute zu mir gekommen bist. Es sagt mir, dass du im Grunde deines Herzens das liebe Ding bist, für das ich dich gehalten habe. Dieses eine Mal werde ich deinen Missgriff übersehen. Wahrscheinlich ist es dir ein bisschen zu Kopf gestiegen, dass die Herren so begeistert von dir sind. Aber sollte so etwas noch einmal vorfallen, werde ich nicht so milde sein. Dann stehst du vor der Tür, bevor du Mississippi sagen kannst. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Ja, Ma’am.« Belle ließ den Kopf hängen und produzierte noch ein paar Tränen. »Ich verspreche Ihnen, es nie wieder an Respekt mangeln zu lassen.«
»Dann geh jetzt, Schätzchen«, sagte Martha und tätschelte Belles Knie, als wäre sie ein kleines Kind. »Und zieh das Kleid aus, du siehst darin aus wie eine Gouvernante.«
Belle erinnerte sich, wie sie an jenem Tag Marthas Salon verlassen hatte und in ihr Zimmer gelaufen war, um sich dort ungestört darüber zu empören, dass sie sich hatte demütigen müssen, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben. Insgeheim gelobte sie sich, so lange mitzuspielen, wie es ihr passte, und sich dann aus dem Staub zu machen.
Aber Belle hatte nicht mit dem verführerischen Charme von New Orleans gerechnet und auch nicht erkannt, dass das leichte und luxuriöse Leben in Marthas Haus Wirkung zeigen und sie genauso träge wie die anderen Mädchen machen würde.
Martha wurde wieder zu der warmherzigen, gütigen Frau, die sie vor ihrer kleinen Auseinandersetzung gewesen war. Belle hatte sich mit den anderen Mädchen angefreundet und ging nachmittags mit ihnen am Fluss spazieren, oder sie bummelten zum Jackson Square. Es gab immer genug Stoff zum Reden und Lachen, denn in ihrem Beruf kam es oft zu witzigen Vorfällen, und keine von ihnen nahm ihre Arbeit besonders ernst. Belle bekam ihre zwei Dollar pro Nacht und legte davon jede Woche so viel wie möglich zurück.
Meistens fühlte sich Belle in der Gesellschaft der anderen Mädchen so glücklich, als wären sie die älteren Schwestern, die sie nie gehabt hatte. Sie lernte von ihnen einiges über Amerika, über Mode und Kosmetik und natürlich über Männer, die immer ein beliebtes Gesprächsthema waren.
Belle hatte jetzt ihr großes, neues Schlafzimmer, das im Sommer zwar heiß, aber mit den tiefrosa Rosen auf der Tapete sehr hübsch war. Sie konnte essen, was ihr gefiel, und entwickelte eine besondere Schwäche für würziges Jambalaya und andere traditionelle kreolische Gerichte. Wenn sie wollte, konnte sie den Großteil des Tages verschlafen oder in einem schattigen Winkel im Garten ein Buch lesen. Sie musste nie Böden schrubben, Wäsche waschen oder irgendetwas anderes tun, als sich hübsch zu machen.
Aber gelegentlich regten sich Ärger und Groll in ihr.
Mit der Arbeit hatte sie kein Problem;
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