Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Meinungsverschiedenheit auch das Geschäft verlassen und als Portier im Ritz angefangen.«
»Und wo ist dieses Haus?«, wollte Etienne wissen.
»Auf dem Montmartre.« Noah gab Etienne einen Zettel, auf dem die Adresse stand. »Jetzt wissen wir also, wo er wohnt. Wenn mein Schwager und Kompagnon so ein Haus erben und dort einziehenwürde und mich mit dem Geschäft allein sitzen ließe, wäre ich auch verdammt wütend.«
»Aber er wohnt dort nicht.« Etienne runzelte die Stirn. »Ich bin ihm heute nach der Arbeit gefolgt. Er lebt in einem Mietshaus in einer Seitenstraße des Boulevard Magenta.«
Noah machte ein verdutztes Gesicht. »Wirklich? Aber ich habe überprüfen lassen, ob er nach wie vor der Besitzer des Hauses ist, und er ist es. Warum wohnt er nicht dort?«
Philippe griff nach dem Zettel und warf einen Blick auf die Adresse. »Ich kenne diese Straße, dort stehen große, relativ neue Häuser. Er hat es wahrscheinlich vermietet.«
Etienne sprang auf. »Ich fahre jetzt sofort dahin!«
»Aber ich wollte gerade für uns alle etwas zu essen bestellen«, wandte Philippe ein. »Kann es nicht bis morgen warten?«
»Ihr zwei bleibt hier und esst«, sagte Etienne eilig. »Ich muss der Sache einfach nachgehen.«
Er verschwand so schnell, dass die beiden Männer einen erstaunten Blick wechselten. »Ist es wirklich so dringend?«, fragte Noah.
Philippe lächelte ihn freundlich an. »Zehn Minuten, bevor Sie gekommen sind, wollte er auch schon los, weil ich ihm von meinem Zusammenstoß mit Pascal erzählt hatte. Hören Sie sich an, was passiert ist.«
Etienne betrachtete nachdenklich das fünfstöckige Gebäude in der Rue Tholoze. Es war ein schönes und gut proportioniertes Haus, vermutlich irgendwann in den letzten zwanzig Jahren erbaut und, soweit man im schwachen Licht der Gaslaternen sehen konnte, in gutem Zustand. Abgesehen von dem matten Schein hinter dem halbrunden Oberlicht über der Eingangstür waren alle Zimmer dunkel. Seiner Erfahrung nach bedeutete das, dass die Bewohner ausgegangen waren und nur in der Diele das Licht angelassen hatten, um beim Heimkommen nicht im Dunkeln zu stehen.
Auch er fragte sich, warum Pascal nicht hier eingezogen war. Jeder würde lieber hier wohnen als in der schäbigen Gasse, in der sichseine Wohnung befand. Wenn Etienne ein Haus wie dieses geerbt hätte, hätte er das Erdgeschoss für sich behalten und die oberen Räumlichkeiten vermietet. Die Mieten auf dem Montmartre waren heutzutage sehr hoch; die Zeiten, in denen das Viertel von armen Künstlern bewohnt wurde, waren längst vorbei.
Da er nicht mit leeren Händen zu Philippe und Noah zurückkehren wollte, ging er zum Nachbarhaus und klopfte an die Tür. Ein Mann um die sechzig mit einer dichten weißen Haarmähne machte auf. »Entschuldigen Sie bitte die Störung«, sagte Etienne höflich. »Ich versuche, Monsieur Pascal, den Besitzer des Nebenhauses, zu erreichen. Wie ich höre, hat er Zimmer zu vermieten?«
»Der nicht«, sagte der Mann kurz. »Der vermietet an keinen.«
»Nicht?«, sagte Etienne. »Ich habe gehört, dass er unbedingt vermieten will.«
»Wer Ihnen das erzählt hat, kennt den Mann nicht. Ständig wollen Leute da drüben etwas mieten, aber er will nicht. Kommt mir ziemlich verrückt vor, weil er praktisch nie hier ist.«
»Tatsächlich?«, fragte Etienne. »Seltsam, ein so großes Haus einfach leer stehen zu lassen.«
»Der Mann ist seltsam. Kommt gelegentlich für eine Stunde her und geht dann wieder.« Der Tonfall des Manns verriet, dass er nicht viel für Pascal übrig hatte.
»Ich habe gehört, dass er ziemlich schwierig ist«, bestätigte Etienne. »Außerdem soll er ein aalglatter Typ sein. Stimmt das?«
»Absolut! Ein Wichtigtuer und Niemand, der sich für etwas Besseres hält, weil er das Haus geerbt hat – unter äußerst fragwürdigen Umständen!«
»Wirklich?«
»Er hat Madame Florette, die alte Dame, der es früher gehört hat, mit irgendwelchen Tricks dazu gebracht, ihn als Erben einzusetzen. Eine Schande! Sie hatte zwei Neffen. Die hätten es erben sollen!«
Etienne freute sich insgeheim, dass der Zorn den Mann so redselig machte. »Aber es ergibt doch keinen Sinn, kein Kapital daraus zu schlagen. Wissen Sie zufällig, wann er zum letzten Mal hier war?«
»Donnerstag nach Ostern. Ich erinnere mich genau, weil ich wütend auf ihn war. Sein verwilderter Garten wuchert bis in meinen Hinterhof! Als er an meinem Fenster vorbeiging, bin ich gleich rausgelaufen, um ihm gehörig
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