Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
hatte sie nicht lesen können. Aber Jimmy wusste alles darüber und schilderte das Unglück so detailliert, als wäre er selbst dabei gewesen.
Belle fiel auf, dass Jimmy zwar viel über das Tagesgeschehen, die Nachbarn und Mog und Garth redete, ihre Frage nach seinerArbeit aber nicht beantwortete. Deshalb fragte sie ihn noch einmal.
»Ich glaube, wenn Onkel Garth und Mog erst einmal verheiratet sind, werden sie es eilig haben, aus London herauszukommen«, erwiderte Jimmy. »Ich könnte natürlich bleiben und die Gaststätte allein führen, aber das will ich eigentlich nicht. Zu Ostern haben wir einen Tagesausflug nach Blackheath gemacht. Damals haben die beiden über nichts anderes geredet, als dass sie versuchen wollen, dort ein Pub zu finden. Aber seit du heimgekommen bist, ist das ein bisschen in Vergessenheit geraten.«
»Wo ist Blackheath?«, wollte Belle wissen.
Jimmy zeigte hinter sich. »Genau auf der anderen Seite vom Greenwich Park. Die Straße nach Dover führt dort durch, und nachdem jetzt schon so viele Leute Automobil fahren, wäre es eine günstige Lage. Außerdem werden in der Gegend gerade viele neue Häuser gebaut. Falls Garth ein geeignetes Gasthaus findet, könnten sie sogar Fremdenzimmer vermieten. Ich halte das für eine glänzende Idee. Die Gegend ist wirklich schön, die Heide und der Teich haben mir sehr gut gefallen, und als wir da waren, fand gerade ein Jahrmarkt statt. Im Sommer wird auf dem Grasland Kricket gespielt, und das Dorf ist auch sehr hübsch.«
»Klingt, als würdest du gern dort hinziehen«, sagte Belle. »Wäre es ein guter Ort für einen Hutsalon?«
Sie hatte Jimmy und Mog erzählt, dass sie in Amerika gelernt hatte, Hüte anzufertigen, und ein Geschäft aufmachen wollte, aber bei all der Aufregung über ihre Heimkehr und die Gespräche mit der Polizei hatten sie sich gar nicht dazu geäußert.
»Ideal«, behauptete Jimmy. »Dort wohnt die gehobene Mittelschicht, mit Männern, die in der City arbeiten, und Frauen, die auf modische und elegante Kleidung Wert legen.«
Belle wurde ganz aufgeregt bei der Vorstellung, irgendwo neu anzufangen, wo niemand etwas über sie wusste. Aber gleich darauf verlor sie wieder den Mut. Als Hauptzeugin in einem Mordprozess würde ihre Geschichte ihr überallhin folgen.
»Was ist los?«, fragte Jimmy, als sie ein langes Gesicht machte.
Sie erklärte es ihm.
»So etwas behalten die Leute nicht lange im Gedächtnis«, beruhigte er sie. »Sie nehmen die alte Zeitung, um damit Feuer zu machen, und damit hat sich die Sache. Nur Verwandte und enge Freunde können so etwas schwer vergessen. Aber du könntest deinen Namen ändern, dann kann dich niemand mit dem Prozess in Verbindung bringen.«
Belle dachte über seinen Vorschlag nach. »Ich kann mir nicht vorstellen, jemand anders als Belle Cooper zu sein«, sagte sie schließlich.
»Du könntest Belle Reilly werden, wenn du mich heiratest.«
Belle hatte befürchtet, dass Jimmy irgendwann dieses Thema anschneiden würde, aber er wirkte so unbekümmert, dass sie lachen musste. »Eine Namensänderung sollte für ein Mädchen nicht der Hauptgrund sein, zu heiraten«, bemerkte sie.
»Stimmt«, erwiderte er genauso beiläufig. »Aber falls wir alle nach Blackheath ziehen, wo es schrecklich ehrbar zugeht, müsste ich so tun, als ob ich dein Bruder wäre, um den Leuten keinen Anlass zu Gerede zu geben. Und das würde irgendwann sehr kompliziert werden. Viel einfacher wäre es, dich als meine Frau zu präsentieren. Und du würdest leichter ein Geschäft bekommen – Hausbesitzer haben starke Vorbehalte gegen alleinstehende Frauen.«
Belle dachte, dass die Richtung, in die sich diese Unterhaltung bewegte, sie eigentlich nervös machen sollte, aber so war es nicht. Alles was Jimmy sagte, stimmte.
»Ich meine, Mann und Frau nur dem Namen nach«, fügte er rasch hinzu, bevor sie etwas erwidern konnte. »Nach allem, was du hinter dir hast, ist ein Mann, der dein Leben bestimmt, sicher das Letzte, was du willst, nehme ich an.«
Sie fühlte, wie ehrlich er es meinte, und war tief gerührt. »Das wäre dir gegenüber nicht fair, Jimmy«, sagte sie leise.
»Weil du nicht mein Bett teilen willst, meinst du?«, fragte er unverblümt.
»Ja, und auch weil ich nicht auf diese Art für dich empfinde«, sagte sie befangen. »Ich mag dich sehr, Jimmy, und ich vertraue dir. Wir könnten die besten Freunde sein, aber …« Sie brach ab, weil sie nicht weiterwusste.
»Hör mal«, sagte er und nahm ihre
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