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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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ich hier bin, Lisette, und wie es mit mir weitergehen soll«, bettelte Belle. »Ich weiß, dass du nett bist, also sag mir bitte die Wahrheit.«
    Oberflächlich betrachtet schien es kaum einen Grund zur Sorge zu geben. Ihr Zimmer war hell und freundlich, jeden Morgen wurde im Kamin ein Feuer gemacht, Lisette brachte ihr dreimal am Tag etwas zu essen und zu trinken, sogar Obst gab es, und sie hatte neue Kleidung und englische Bücher bekommen. Aber draußen vor dem Fenster erstreckte sich, so weit das Auge reichte, Ackerland in trübem, winterlichem Graubraun und Schwarz, nirgendwo war ein anderes Haus zu sehen, und die Tür zu ihrem Zimmer war stets abgesperrt.
    »Ich fühle mit dir, ma chérie «, erwiderte die Französin aufrichtig. »Aber ich bin nur ein Dienstmädchen, und man ’at mir befohlen, dir nichts zu sagen. Ich kann dir sagen, dass du in einem Dorf in der Nähe von Paris bist, mehr nicht.«
    »Paris!«, rief Belle.
    Lisette nickte.
    »Ich möchte nicht, dass du Ärger bekommst«, sagte Belle. »Aber du kannst mir doch bestimmt sagen, ob Männer herkommen, um mich wieder zu vergewaltigen.«
    »Nein, nein, das nicht, nicht ’ier.« Lisette machte ein entsetztes Gesicht. »Dieses ’aus wie ein ’ospital, für kranke Frauen.«
    »Aber ich bin nicht mehr krank. Was hat man mit mir vor?«
    Lisette spähte zur Tür, als ob sie halb erwartete, dass jemand lauschte. »Du darfst nicht verraten, dass ich es dir erzählt ’abe. Aber du sollst bald nach Amerika reisen.«
    »Amerika!«, rief Belle ungläubig. »Aber warum?«
    Lisette hob die Schultern. »Sie ’aben dich gekauft, Belle, du bist   … wie soll ich sagen … ihr Eigentum.«
    Belle fühlte sich plötzlich sehr elend. Sie wusste, was das bedeutete.
    »Was soll ich tun?«, fragte sie.
    Lisette antwortete nicht sofort, sondern sah Belle, die auf einem niedrigen Hocker vor dem Kamin saß, nur an. »Ich glaube«, sagte sie schließlich, »das Beste für dich ist, das zu sein, was sie wollen.«
    Belle blickte auf. Zorn sprühte aus ihren Augen. »Eine Hure, meinst du?«
    Lisette runzelte die Stirn. »Es gibt Schlimmeres, ma chérie . Zu ’ungern, kein ’eim zu ’aben. Wenn du dich wehrst, werden sie dich bestrafen. Einem Mädchen wurde ein Arm abgeschnitten. Jetzt kann sie keine Arbeit mehr machen und muss sich auf der Straße für ein paar Centimes an Männer verkaufen.«
    Belles Magen schnürte sich bei dem drastischen Bild, das Lisette entworfen hatte, krampfhaft zusammen. »So etwas machen sie?«, wisperte sie entsetzt.
    »Und Schlimmeres«, erwiderte Lisette. »Du tust mir wirklich leid, aber ’ör gut zu. Wenn du lernst, das zu tun, was den Gentlemen gefällt, werden sie dich nicht mehr so scharf beobachten.«
    »Ich verstehe nicht, wie du mir so etwas sagen kannst!«, rief Belle.
    »Weil ich dich gern ’abe, Belle, und dir sagen muss, was für dich am besten ist. Ich bin auch in so ein ’aus gekommen, als ich in deinem Alter war, genau wie du. Ich weiß, wie schlimm es ist. Aber irgendwann macht es mir nichts mehr aus, ich finde Freunde, ich lache wieder.«
    »Tust du es immer noch?«
    Lisette schüttelte den Kopf. »Nein, ich arbeite ’ier und pflege die Kranken. Ich ’abe einen kleinen Sohn.«
    »Bist du verheiratet?«
    »Nein. Ich erzähle den Leuten, dass mein Mann ist tot.«
    Belle verdaute schweigend all diese Informationen, während Lisette das Zimmer aufräumte. Bei dem Gedanken, dass ein Mann auch nur in ihre Nähe kommen könnte, geschweige denn diese furchtbaren Dinge mit ihr machte, erschauerte sie, aber ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass die meisten Frauen Sex nicht fürchteten oder verabscheuten, sonst gäbe es weder romantische Liebe noch die Ehe. Sie konnte sich nicht erinnern, dass eines von Annies Mädchen je behauptet hätte, Männer zu hassen; einige von ihnen hatten sogar feste Freunde, mit denen sie sich an ihren freien Abenden trafen.
    »Wie kann ich lernen, es zu ertragen?«, fragte sie nach einer Weile.
    Lisette trat zu Belle und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Vielleicht kommt eines Tages ein junger Mann, der dir gefällt, dann ist es ganz anders. Viele Mädchen werden dir ihre Tricks verraten, wie man die Männer so erregt, dass es schnell vorbei ist. Aber ich verspreche dir, dass es nie wieder so wehtun wird wie bei den ersten paar Malen.«
    Belle traten Tränen in die Augen, weil sie spürte, dass sich die Frau wirklich Sorgen um sie machte. »Ich vermisse meine Mutter und Mog, die sich immer

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