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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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verwandelt.
    »Ich brauche eine Frau«, murmelte Rohwedder kauend. Boff verschluckte sich, obwohl er weder kaute noch trank. »EineFrau, die mir den Haushalt führt, wäscht, kocht, wozu Frauen eben gut sind.«
    »Du kennst doch Hermine?«
    »Natürlich. Steht sie zur Verfügung? Braucht Ihr sie nicht mehr?«
    Boff ignorierte alle Unterstellungen und sagte: »Tu dir den Gefallen und rede nicht so über Frauen, wenn Hermine anwesend ist. Versprichst du mir das?«
    »Weil es ihr gefallen könnte?«
    »Weil sie dir wehtun könnte.«
    »Ich will sie ja nicht heiraten«, sagte Rohwedder verträumt. »Das würde ja nur wieder Arbeit bedeuten. Frauen können anstrengend werden.«
    »Das weißt du woher?«
    »Aus eigener … man hört dies und das und merkt sich einiges. Aber es wäre schön, wenn man nach Hause kommt und weiß, dass man in ein Heim zurückkehrt und nicht in eine … in eine … was ich eben habe. Ihr wisst schon.«
    »Du willst mir nicht erzählen, dass ein erwachsener Mann nicht in der Lage ist, ein Zimmer in Ordnung zu halten.«
    »Nicht? Sieh an. Genau das wollte ich eigentlich sagen.«
    Boff fürchtete sich vor der Frage nach seiner eigenen Haushaltsführung. Stine hatte ihm ein Mädchen besorgt. Sie lüftete die Betten, fegte und wischte, hielt die Küche in Ordnung und sorgte für Glut im Herd, wenngleich hier nicht gekocht wurde. Sie hätte auch die Polster ausgeklopft und die Teppiche in den Hof getragen, aber das hatte Boff ihr ausgeredet. Aus Angst, als faul zu gelten, hatte sie seine Anordnungen erst befolgt, nachdem sich eine Münze auf dem Tisch im Flur gefunden hatte, an dem sie regelmäßig vorbeikam. Boff bezahlte sie also dafür, dass ein Teil der Arbeit nicht getan wurde. Davon durfte Rohwedder nichts erfahren. So vergesslich er sonst war, diese Tatsache würde er bis zu seinem letzten Tag nicht vergessen, und er würde sie Boff bei jeder Gelegenheit auf die Nase binden.
    Boff bestand darauf, den jungen Gelehrten nach Hause zu begleiten. Rohwedder war das nicht recht, viermal fand an einer Straßenecke die Verabschiedung statt, um von Boff jedes Mal eine Straßenecke weiter aufgeschoben zu werden.
    »Ich gucke mir das an«, murmelte er.
    »Es ist nicht so schlimm, wie man denkt«, erklang es unglaubwürdig neben ihm.
    Boff glaubte ihm nicht. Aber bevor er aussprach, was er in sich bewegte, wollte er jeden Zweifel ausschließen. Vielleicht war es ja wirklich nicht so schlimm …
    »Oh mein Gott. Warum tust du dir das an?«
    »Bei Tageslicht macht es einen freundlicheren Eindruck.«
    »Das will ich hoffen. Jetzt sieht es nämlich aus wie eine Gruft. Eine verschimmelte Gruft. Hier drin kann man doch nicht atmen.«
    Rohwedder verteidigte, was nicht zu retten war. Der Geruch nach Schimmel war beißend. Im Raum stand Gerümpel, einen Herd gab es nicht. Das Klosett befand sich im Hof, der Weg dorthin war mit weiterem Gerümpel zugestellt. Angeblich verfügte Rohwedder über einen zweiten Raum, den er jedoch partout nicht herzeigen wollte. So wurde das, was sich Boff vorstellte, mit jeder Minute schlimmer. Die Treppe in die höheren Etagen war nicht zu benutzen. Was im Treppenhaus lag, hatte sich vor einigen Tagen noch bewegt und weniger gestunken. Rohwedder behauptete, es würde sich um Tauben handeln. Aus den oberen Stockwerken kam Lärm. Geschrei und Gegröle wie von betrunkenen Männern, aber es war auch eine Frauenstimme darunter.
    »Wo isst du, wenn du Hunger hast?«
    »Das findet sich.«
    »Wie viel Geld nimmst du im Monat ein? Zeig mir, was du an Geld in der Tasche trägst. Zeig es mir, ich will es sehen.«
    Er hatte nichts, er war arm, er hungerte, und diese Wohnung würde ihn krank machen. Erst traurig und dann krank. Rohwedder kämpfte, aber Boff ließ nicht locker. Der Anblick dieses Drecklochs verlieh ihm die Durchsetzungsfähigkeit, die ihm bisher gefehlt hatte. Er zwang Rohwedder, ihn in seine Wohnung zu begleiten und in einem freien Zimmer zu übernachten. Der Gelehrte wollte einige angeblich lebensnotwendige Utensilien mitnehmen, aber Boff fürchtete sich davor, den Gestank ertragen zu müssen, und untersagte es. Rohwedder stellte sich stur, um plötzlich zusammenzuklappen. »Eine Nacht wird mich nicht umbringen«, murmelte er in grotesker Umdrehung der Tatsachen.
    Boff war entschlossen, ihn nie wieder in die Schimmelhöhle zurückzulassen. Zur Not würde er ihn in seinem neuen Zimmer einschließen.

15
    Auch am folgenden Tag floss ein Strom von Patientinnen in die Praxis.

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