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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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blieb, steckte er in eine neue Sammlung. Niemand wusste, wo er sie aufbewahrte. Er sprach mit niemandem darüber, ließ sich nie mehr mit einer Frau ein, verkehrte nur mit Huren.
    Der Zahnpriester galt als Mann mit dem größten Geschick, seine Patienten weitgehend schmerzfrei zu behandeln. Natürlich ging es nicht ohne Geschrei und Blut und Ringkämpfe zwischen Reißer und Patient ab. Aber die Patienten erholten sich schneller als andere und der Zahnpriester legte Wert darauf, jeden Patienten in den Tagen nach der Extraktion mehrfach zu sehen. Seine Wunden heilten schneller und mit weniger Komplikationen, in seinem Stuhl saß man besser als in anderen, und der Zahnpriester arbeitete so, dass er beide Hände gleichzeitig einsetzte, was nicht selbstverständlich war.
    Boff hatte von dem Mann mehrfach gehört, zuletzt im Hannoverschen, wo der Zahnreißer eine Welfen-Prinzessin davor bewahrt hatte, sich wegen ihrer Schmerzen in die Leine zu werfen. Er hielt Vorträge über die Pflege von Zähnen, warnte vor Zahnstein und empfahl regelmäßige Säuberung mit den Fingern. Als man im Wartezimmer von dem Zahnpriester sprach, wusste Boff, dass er über eine perfekt geschmierte Nachrichtenbörse verfügte.
    Er sah sich eine Vorführung auf dem Markt an und war beeindruckt von der sachlichen Art des Zahnheilers. Natürlich war der Zahnpriester ein Gaukler, aber alles andere hätten die Menschen nicht akzeptiert. Nach zwei gezogenen Zähnenpackte er eine Tasche und wollte eilig aufbrechen. Boff hielt ihn auf, der Zahnreißer schüttelte ihn ab, ein Passant riet dem Ortsfremden, es sich nicht mit dem Stadtphysicus zu verderben. Der Reißer bat um Verständnis, in einem Dorf warteten mehrere Kinder auf Hilfe gegen ihre Schmerzen und stinkenden Mäuler. Die Männer verabredeten sich für den kommenden Vormittag.

32
    Pups war pünktlich. Er trug einen Hut, als wäre er unterwegs der Hutmacherin in die Hände gefallen. Unter der ausladenden Krempe hätten zwei weitere Personen Schutz gegen einen Regenguss gefunden. Boff empfing den Gast in der Praxis. Er wollte, dass der andere sah, was sich in diesem Haus abspielte. Stine bekam einen gezogenen Hut und einen Handkuss – probate Mittel, um die hartgesottene Frau für sich einzunehmen. Unter den Patientinnen setzte ein Wispern ein, aus dem Boff ablas, dass der Zahnreißer in Halle eine populäre Figur geworden war. Hermine begrüßte er mit schmachtendem Blick. Boff fand die Hundeaugen billig, zumal er wusste, wie Hermine auf Männer reagierte, die sich an sie heranwanzten. Umso verdutzter sah er, wie sie sich freute und mit Pups im Handumdrehen ins Gespräch vertieft war. Etwas in ihm spürte: Es kam nicht darauf an, was getan oder gelassen wurde. Es war wichtig, wer es machte. Weil Hermine sich entschlossen hatte, Boff bei jeder Gelegenheit abfahren zu lassen, hätte er mit zehn Bällen jonglieren oder schwere Rechenaufgaben im Kopf lösen können: Es hätte sie nicht beeindruckt, weil sie gewillt war, sich nicht beeindrucken zu lassen.
    Pups zeigte sich angemessen beeindruckt von der Praxis und vor allem vom Zuspruch. »Sie sind so geduldig«, sagte er beeindruckt, als sie das Behandlungszimmer betreten hatten. »Bei mir fürchte ich immer, dass es zu Schlägereien kommt.«
    »Ich sehe bei mir fast nur Frauen.«
    »Ihr wollt aber nicht sagen, dass es dadurch automatisch gesitteter zugeht.«
    Er fragte Pups aus, der antwortete freimütig. Bald wusste Boff, dass der Zahnreißer alle drei Wochen den Ort wechselte.Er war nicht auf einen bestimmten Tag festgelegt, aber es gab Verabredungen mit Menschen, die man nicht ohne Not warten ließ. Hoher und höchster Adel, Offiziersränge, Bürger, die in ihren Städten den Ton angaben. Zwischendurch war immer wieder die Rede von Besuchen in Schulen, im Waisenhaus, in abgelegenen Gehöften, wo Pups auf einen Schlag dreißig Patienten auf den Stuhl bekam: Herrschaften und Gesinde bunt gemischt. »Sie werden langsam klüger«, berichtete er. »Sie begreifen, dass es nicht nur einen Menschen betrifft, wenn er mit Schmerzen aufs Lager fällt. Er kann in der Zeit ja auch nicht arbeiten, und wenn man Geld sparen will und den Knecht zum erstbesten Reißer schickt, ist es genauso, als würde man ihm die Räuber auf den Hals schicken. Ich bin teurer, ich bin besser, ich bin billiger. Der Dreisatz der Vernunft. Wenn ich zweihundert Jahre alt bin, werde ich erleben, dass sich diese Erkenntnis durchgesetzt hat.«
    »Könntet Ihr Euch mit dem Gedanken

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