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Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Doctor Boff - Weiberkranckheiten

Titel: Doctor Boff - Weiberkranckheiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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Briten glücklich werden und den Rest der Welt verschonen.
    Es ging urig zu, mancher Gast gab sich robuster als an anderen Tafeln. Irgendwo sagte jemand genüsslich: »Endlich darf ich Tier sein.«
    Janet war so dominierend, dass dem Stadtphysicus das Schweigen auf der anderen Seite nicht gleich auffiel. Irgendwann konnte er den im Schweigen enthaltenen Missmut nicht länger ignorieren, reichte Janet an ihren Partner auf der anderen Seite weiter und beugte sich zu Creszentia.
    »Ihr amüsiert Euch gut«, sagte sie säuerlich, während ihre Mundwinkel Falten schlugen. Man hätte aus ihnen drei unfreundliche Münder formen können. Boff lobte die Gastgeber in den höchsten Tönen, überhörte das gedehnte »na ja« seiner Partnerin und hielt den Mund, bevor er die Lust verlor.
    »Ihr seid so fidel, weil Euch ein guter Streich gelungen ist«, behauptete Creszentia. Erst jetzt machte sich Boff klar, wer ihr Gatte war. Bernhard Cassian, der dem Ausschuss vorstand, dem Boff seine Berufung zu verdanken hatte; mit dem er an einem Tisch gesessen hatte und der sich sachlich und geneigt gegeben hatte.
    »Ihr sprecht in Rätseln«, gestand Boff.
    »Das ist eine Taktik von Euch«, entgegnete sie. Nun waren erste Spritzer von Giftigkeit wahrnehmbar. »Ihr schlagt auf den Tisch, dass alles umfällt und setzt Euch dann an den Tisch und esst, als wäre nichts passiert.«
    »Ihr seid verstimmt?«
    »Stellt Euch vor, ja: Ich bin verstimmt.«
    »Das tut mir leid. Mögt Ihr mir davon erzählen?«
    Er wusste, dass sie reden würde. Es stand ihr bis obenhin, die Vorwürfe mussten heraus, weil sie sonst an ihnen erstickt wäre. Sie war nicht die Art Frau, die in Zurückhaltung lebte. Was ihr nicht passte, kam unverzüglich auf den Tisch. Über zwei Ecken hatte Boff davon Kenntnis erhalten, dass Bernhard Cassian nicht in die Sommerfrische fuhr, wenn er nach der Arbeit in sein Haus zurückkehrte.
    Und darum ging es: Alle wussten, dass Boff zwei Heiler einquartiert hatte. In ein Haus, das ihm nicht gehörte. Ohne jemanden zu fragen oder auch nur zu informieren. Heiler! Einen Zahnreißer und einen Wundarzt. Das Gegenteil akademischer Mediziner. Gegner! Konkurrenten um die Gunst der Patienten. Ein Mann, der Halle alles zu verdanken hatte, eröffnete den Krieg gegen die Stadt.
    »Halt, Halt!«, sagte Boff besänftigend, bevor Creszentia sich weiter in Rage reden konnte. »Ihr verkürzt die Dinge. So ist es nicht abgelaufen. Und die Motive, die Ihr mir unterstellt, sind ebenfalls nicht korrekt!«
    »Ach, hört doch auf«, zischte Creszentia, die nun jede Zurückhaltung fahren ließ, »die Tatsachen liegen doch auf dem Tisch. Was kommt als nächstes? Zieht Ihr einen Zaun um Euer Haus?!«
    »Aber was habt Ihr denn bloß? Ich schade doch niemandem. Im Gegenteil!«
    Längst hatten sie Janets Ohr. Solche gereizten Tonlagen waren der Stoff, von dem sie sich ernährte.
    Sie blieben nicht allein. Erst zog sich ein Mann einen Stuhl heran, der trotz seiner höchstens dreißig Lebensjahre einen schneeweißen Bart trug. Ihm folgte ein Mann, den Boff auf dem Rathaus gesehen hatte, dessen Namen er sich aber nicht gemerkt hatte. Wieder einmal. Er dachte: Du bist erst dann ein guter Gegner, wenn du weißt, wie sie heißen. Immerhin war er so klug, die beiden zur Vorstellung zu drängen. Der junge Greiswar Doctor Sattler, Antonio Sattler, er bildete Studenten aus und verschwieg nicht, dass er damit den Sinn seines Lebens gefunden hatte. Der vom Rathaus hieß Heinrich Tschaikowsky. Jedes Mal, wenn er seinen Namen nannte, kleidete er den Moment in eine Aura von Bedeutsamkeit. Er erstarrte einen Moment, um erst dann fortzufahren. Tschaikowsky kannte sich mit dem in Halle stationierten Militär aus, war aber selbst offenbar kein Offizier. »Achtet gar nicht auf mich«, sagte er unglaubwürdig, »ich höre nur zu. Und dann sage ich alles weiter.«
    Auf der anderen Tischseite machte man lange Ohren. Der Graf hatte Boff vorgestellt, man war also informiert. Boff konnte sich nicht darauf zurückziehen, als Privatmann erschienen zu sein.
    Die Angriffe kamen aus einer Richtung, die Boff nicht im Visier hatte. Es war Sattler, der sie in Worte kleidete. Er sprach mit einem gewöhnungsbedürftigen Rhythmus, indem er kurz vor Ende des Satzes – egal wie lang der Satz war – eine Pause machte, egal ob die zentrale Aussage bereits gefallen war oder nicht.
    »Unser Physicus ist getötet worden. Von einem Heiler! Der Unhold hat zwei Anläufe gebraucht, um sein schändliches

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