Doener, Machos und Migranten
Unterstufenschüler ausgeliehen. Nach einer weiteren Pause und Bewegungsmöglichkeit für alle Klassen von 11.40 bis 11.55 Uhr endet der Unterricht für alle Lernstufen spätestens nach dem letzten Unterrichtsblock um 13.25 Uhr.
Mein erster Tag verlief äußerst zufriedenstellend. Nicht nur die 29 Kolleginnen und Kollegen sowie die Schulleitung nahmen mich freundlich auf, sondern auch der Hausmeister nebst Gattin schüttelten mir die Hand. Alle boten an, mir bei den unzähligen Fragen, die eine Junglehrerin natürlich hat, zur Seite zu stehen. Nicht nur die Hilfsbereitschaft, sondern auch die extrem chice Kleidung des Kollegiums fiel mir sofort auf.Besonders eine Kollegin, die kurz vor ihrer Pensionierung stand, stach ins Auge. Eine zierliche «Grandedame». An ihr war alles perfekt gestylt. Wenn sie mir im Flur begegnete, hatte ich stets das Gefühl, an jedem anderen Ort zu sein als in einer Schule. Ihr Ohrschmuck passte perfekt zur Kleidung, die mit den Schuhen harmonierte. Sogar das Feuerzeug hatte sie entsprechend gewählt. Aber nicht nur optisch war sie eine außergewöhnliche Person. Sie behandelte alle Schüler auf eine äußerst höfliche und galante Art. Auf mich wirkte sie immer wie eine Diplomatin im Auswärtigen Amt. Da sie für jeden ein offenes Ohr hatte, wurde sie bis zu ihrer Pensionierung – die sie mittels Antrag zur Verlängerung ihrer Arbeitszeit hinauszögerte – jährlich zur Vertrauenslehrerin von und für die Schüler gewählt und war immer die Kollegin mit den meisten Stimmen für den Lehrerrat, das Verbindungsglied zwischen Schulleitung und Kollegium.
Das Lehrerkollegium wurde durch eine Türkischlehrerin ergänzt, die zweimal wöchentlich den muttersprachlichen Ergänzungsunterricht erteilte. An den restlichen Tagen wurde sie an anderen Schulen eingesetzt. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch. In ihrem bisherigen Berufsleben war sie noch nie auf eine türkische Kollegin gestoßen. Aufgrund ihrer langen Erfahrung konnte sie mir viele Tipps und Hilfen für den Unterricht geben. Zur Verwunderung des übrigen Kollegiums unterhielten wir uns in den wenigen gemeinsamen Pausen in unserer Muttersprache. Eine Kollegin merkte sogar an, wenn unsere Schüler im Unterricht kein Türkisch sprechen dürften, dann solle das auch für Lehrer im Lehrerzimmer gelten. Wir erwiderten, dass wir im Gegensatz zu unseren türkischen Schülern Deutsch studiert hätten und beide Sprachen fließend beherrschen würden, und führten das Gespräch fort – selbstverständlich auf Türkisch.
Unsere Schule verfügt über einen Trainingsraum für sonderpädagogische Maßnahmen. In jeder Klasse gibt es Unterrichtsstörungen, auch und vielleicht in besonderem Maße an Förderschulen. Die Lehrer reagieren auf diese Störungen und bemühen sich, den Unterricht mit dem vorgesehenen Lehrstoff fortzusetzen. Doch immer wieder kommt es zu Störungen, durch die viel Unterrichtszeit, pädagogische Energie und Lernwille der Schüler verloren gehen. Mit anderen Worten: Die Schüler, die lernen wollen, werden am Lernen gehindert. Dieser Herausforderung begegnet unsere Schule seit dem Schuljahr 2000/01 mit dem Trainingsraum-Konzept. Dadurch sollen die betroffenen Schüler lernen, konstruktiv mit Konflikten umzugehen. Die Schule stellt Zeit und Raum zur Verfügung, damit bei Unterrichtsstörungen gemeinsam mit den Schülern Problemlösungen erarbeitet werden können.
Für jeden Schüler gibt es drei verbindliche Regeln, die in jedem Klassen- und Fachraum großformatig angeschlagen sind:
Jeder Schüler hat das Recht, ungestört zu lernen.
Jeder Lehrer hat das Recht, ungestört zu unterrichten.
Jeder muss die Rechte der anderen achten.
Der Trainingsraum ist während der gesamten Unterrichtszeit von Lehrern besetzt. Verstößt ein Schüler der Schule gegen die oben genannten verbindlichen Regeln, wird er von seinem Lehrer mit einem Laufzettel in den Trainingsraum geschickt. Auf dem Zettel wird die Störung möglichst genau beschrieben, damit der Lehrer im Trainingsraum über die nötigen Informationen verfügt. Der bisher unbeteiligte Lehrer spricht nun mit dem Schüler über dessen Verhalten und trifft mit ihm verbindliche Absprachen («Plan zur Rückkehr»). Erst danachdarf der Schüler in die Klasse zurückkehren. Falls ein Schüler innerhalb eines definierten Zeitraums (meist vier Schulwochen) fünfmal als Störer registriert oder falls keinerlei Einsicht in das Fehlverhalten festgestellt wird, werden die Eltern zu einem
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