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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaromir Konecny
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Nationalfußballtragödie verursachen und schickte meine Blicke wieder aufs Feld. Jetzt waren wir alle voll konzentriert aufs Spiel – bis auf Baba. Der konzentrierte sich weiter nur auf seine Füße und dandelte mit dem Ball und dribbelte wie Ronaldo auf Ectasy. Alles schaute am Anfang super aus und alles lief schief. In sinnlosen Zweikämpfen verlor Baba jeden Ball. Augen zum Boden, Ohren zu und durch. In einer Viertelstunde führten die Deutschen 4:0. Zum Heulen war’s!
    »Baba, wechseln!«, rief plötzlich Bebisch.
    »Warte!«, rief Baba zurück. »Ich kann noch!«
    »Sofort!«, rief Bebisch. »Selma will auch mal spielen!« Uns war alles egal. Hauptsache, Baba hockte auf der Ersatzbank. Selma kam in die Abwehr, ich rückte nach vorne. Ab da lief alles wie geschmiert. In einer weiteren Viertelstunde stand es 5:5.
    So hätte an diesem Tag die Türkei gegen alle Gepflogenheiten Deutschland schlagen und ich der türkische Torschützenkönig werden können. Wenn der deutsche Parkwart nicht dazwischengekommen wäre. Kam im Auto und in voller Rüstung mitten in den Park gefahren. Auf dem Fußweg ließ er sein Auto stehen und kam breitbeinig und breitbäuchig auf uns zu: »Aufhören! Aufhören!«
    Danis stoppte den Ball. »Was is’n los?«
    »Schaut, wie ihr das Gras zertrampelt habt, das schöne Gras!« Der Parkwart kniete auf allen vieren und versuchte die Grashalme zu richten.
    Baba rückte an. »Ich kann dir meinen Kamm leihen!«
    »Kamm?«
    »Na, damit du das Gras kämmen kannst. Wie Haar!«
    Der Parkwart erhob sich wieder. »Wenn ich euch hier noch mal erwische …«
    »Was?«, sagte Koray. »Wir dürfen nicht weiterspielen?«
    »Nein!«
    Koray ging’s nicht in den Kopf: »Ich habe gedacht, Deutschland ist eine Fußballnation, Mann! Bayern München! Kennen Sie überhaupt Bayern München?«, fragte er den Parkwart.
    »Selbstverständlich kenne ich Bayern München.«
    »Wir werden uns bei Uli Hoeneß beschweren!«
    »Nix da! Das hier ist kein Fußballplatz, das sind Freizeit- und Spielwiesen.«
    »Na, eben, wir spielen doch Fußball!«
    Koray schüttelte die ganze Zeit verblüfft den Kopf: »Das ist ein Freundschaftsspiel Deutschland gegen die Türkei, Mann. Sogar Jogi Löw weiß davon!«
    »Schluss damit!«, rief der Parkwächter, schon ziemlich aufgebracht. Die Mädchen kamen zu uns. »Wir müssen jetzt eh nach Hause radeln!«, rief Bebisch.
    »Na, gut!« Wir klatschten die anderen Jungs ab. »Gut gespielt!«
    »Schönes Spiel!«, sagte Koray. »Deutschland gegen die Türkei! Nächstes Mal …«
    »Wir sind gar keine richtigen Deutschen«, sagte der Rothaarige. »Wir sind eigentlich Polen.«
    »Und bei uns gibt’s mehr Deutsche als Türken«, sagte Baba. »Bis auf Koray sind wir alle in Deutschland geboren.«
    Der Rothaarige lachte. »Dann haben wir Polen gegen Deutschland unentschieden gespielt. Super! Macht’s gut!«
    Ich hatte schnell meine Stollenschuhe ausgezogen und war in meine Chucks geschlüpft. Um mit Bebisch reden zu können. Die anderen Jungs protzten vor den Mädels mit ihren Fußballtaten, am meisten Baba, und zogen sich gemütlich um. »Du hast mich ganz schön ausgetrickst«, sagte ich zu Bebisch.
    »Ich? Wieso?«
    »Dein Baba ist in Deutschland geboren. Wie konnte er dann als junger Kerl in der Türkei Leuten die Ohren abschneiden und sie in einem Sack sammeln?«
    »Ich wollte nicht, dass du leichtsinnig wirst«, sagte Bebisch. »Baba ist zwar in Deutschland geboren, aber in seiner Seele ein stolzer Türke geblieben.«
    »Ich will dein Held sein«, sagte ich. Mann! Wo kamen nur diese Sprüche her? Aus der Vergangenheit?

    »Keine Angst!«, sagte ich zu Bebisch und stellte mich vor sie, als uns Haryk, der Nachbarshund, am Kirschbaum der Nachbarn erwischte. Bebisch schluchzte hinter mir. »Der frisst uns!«, rief sie. Ich ging zu Haryk und klatschte ihm auf den Hintern. Der Hund knurrte und zog sich wieder zurück. Zum Glück wusste Bebisch nicht, dass Haryk und ich dicke Freunde waren. Ich hatte ihn jahrelang mit Tante Johannas Schinken bestochen. Um an das Nachbarobst zu kommen … Jetzt konnte sie mich bewundern. »Du bist so mutig!«, sagte sie. »Du hast mir das Leben gerettet.« Ich stieg in die Kirschbaumkrone und pflückte für sie große rote Kirschohrringe. Plötzlich hockte sie aber in der Krone auf dem Ast neben mir. Wie ein Wiesel war sie hinaufgeklettert. Als ich ihr die Kirschohrringe umhängte, küsste sie mich auf den Mund.

    Mann, oh, Mann! Diese Erinnerung! Hatte sie mich

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