Dog Boy
fühlten sich nicht mehr sicher. Mittlerweile war es fast Mitternacht. Plötzlich sprang Romotschka auf. Sie würden zu Laurentia gehen und sich eine große warme Mahlzeit abholen. Er war schon eine Ewigkeit nicht mehr auf der Straße gewesen, und Mamotschka hatte Hunger. Es würde ihnen guttun, mal hinauszukommen. Alle folgten ihm. Schwarzer Rüde war zu schwach, um ihn tragen zu können, deshalb musste Romotschka die Freifläche zu Fuß überqueren.
In der Stadt schien es wieder so sicher zu sein wie früher. Sie stießen auf keine Schwierigkeiten, und dennoch trieb Romotschka sie beim Fressen zur Eile. Er hatte sich nicht beruhigt, sondern fühlte sich eher noch unbehaglicher. Das Ganze war eine schlechte Idee gewesen. Er strich um Schwarzer Rüde herum, ohne genau zu wissen, was er tun sollte. Als sie sich mit vollem Bauch auf den Heimweg machten, wurde ihm plötzlich klar, dass sie auf keinen Fall gemeinsam mit Schwarzer Rüde nach Hause gehen durften. Er wusste nicht genau, warum, doch irgendetwas hatte Dimitri Schwarzer Rüde angetan. Erst Welpe, und jetzt Schwarzer Rüde. Er streckte die Hand aus und tastete wieder nach der Beule. Sie war von seinen Berührungen leicht geschwollen. Schwarzer Rüde knurrte.
Die milizia würde sie finden. Das war sicher. Schwindlig von der düsteren Vorahnung, erinnerte er sich, dass auch Dimitri keinen Zweifel daran gehabt hatte. Romotschkas Herz raste, und Mamotschka musterte ihn mit seltsamem Blick, war jetzt ebenfalls nervös, als könnte sie seinen Herzschlag hören, als könnte sie riechen, wovor er Angst hatte. Er musste schnell sein. Schwarzer Rüde würde sich wehren und ihn verletzen. Er versuchte, sich, Mamotschka und den beklommenen Schwarzer Rüde zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht.
Er durfte nicht länger warten. Sie befanden sich in einer langen, dunklen Gasse. Als er die Hand nach der Beule ausstreckte, knurrte Schwarzer Rüde ihn an, denn er wusste, dass es keine liebevolle Berührung sein würde. Romotschka bewegte sich leise, wie auf der Jagd, und sein Herzschlag verlangsamte sich. Er stellte sich die Scheibe und die kleine Wunde daneben vor. Jetzt .
Mit aller Kraft und Schnelligkeit sprang er los. Er riss mitbeiden Händen am dichten Fell, schob es zur Seite, grub die Zähne tief in die Wunde und spürte, wie sie sich rings um die Scheibe schlossen. Schwarzer Rüde wirbelte wütend herum und fuhr mit den Zähnen über Romotschkas Kopf. Romotschka hatte sein dichtes Haar auf ebendiese Seite geworfen, in der Hoffnung, dass dann nichts anderes mehr in das riesige Maul passte, doch er spürte, wie seine Kopfhaut riss. Er zog die Ellbogen an und hielt mit Händen und Zähnen fest, während der Hund versuchte, richtig zuzubeißen. Gleich würde er sich blitzschnell in die andere Richtung drehen und ihn im Gesicht erwischen. Romotschkas Mund war voller Blut. Er spürte, wie sich die Scheibe löste. Irgendwann nahm er wahr, dass ihn die anderen nicht angegriffen hatten. Sie hatten sich gar nicht eingemischt. Schwarzer Rüde wirbelte schlagartig herum. Endlich hatte Romotschka die Scheibe, und er kugelte sich zusammen und schützte Gesicht und Bauch mit seinem Rücken und seinem Haar.
Schwarzer Rüde stand jetzt völlig verwirrt vor ihm und knurrte. Romotschka spürte Schwarze Schwester hinter sich, angespannt, ebenfalls knurrend. Einen Augenblick dachte er, Mamotschka müsse ihm helfen, gegen die beiden zu kämpfen, doch Schwarze Schwester unternahm nichts.
Romotschka schnellte herum und baute sich vor Schwarzer Rüde auf. Er gab eine leise, beruhigende Warnung von sich: freundlich, warm – die Sprache für einen Welpen, der nicht begriffen hat. Er spuckte das Blut und die Scheibe in seine Hand und ließ Schwarzer Rüde daran schnuppern. Auch die anderen kamen, um an dem seltsamen Ding zu riechen, das in Schwarzer Rüdes Blut schwamm. Romotschka erklärte mit langem, tiefem Knurren, wie gefährlich dieScheibe war. Dann warf er sie weit weg, drehte sich um und lief nach Hause. Schwarzer Rüde folgte ihm.
Romotschka war mit sich zufrieden. Mamotschka würde seine blutende Kopfhaut säubern, und er selbst würde Schwarzer Rüdes Wunde sauberlecken und ihn in die Arme nehmen. Dann wäre alles wieder gut.
Mamotschka warf im Morgengrauen. Nur Romotschka lag bei ihr, streichelte sie, spürte, wie die geheimnisvollen Wellen und Ströme durch ihren Körper wogten. Nicht einmal Schwarzer Rüde durfte in ihre Nähe kommen. Romotschka empfing jede
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