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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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feindselig um.Den ersten Jungen, der sich ihm näherte, knurrte er wütend an, und Weiße Schwester folgte seinem Beispiel. Die Kinder lachten und redeten über ihn, doch sie ließen ihn in Ruhe.
    Dann schoss ihm ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf. Wie oft hatten sie gehalten? Wie viele Stationen waren sie schon gefahren? Wahrscheinlich war er weiter weg von zu Hause als je zuvor. Der Zug hatte nicht wirklich die Richtung geändert, außer dass er sich in weitem Bogen vom Sonnenaufgang entfernt zu haben schien. Im Dunkeln war das jedoch schwer zu sagen.
    Er fragte sich, ob es wirklich noch derselbe Zug war wie in seiner Metrostation oder jedes Mal ein vollkommen anderer. Er versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, wie sich das Ganze abgespielt hatte, als er noch ein ganz kleiner Junge gewesen war, und erinnerte sich dunkel, wie er aus dem Zug gestiegen war. Erinnerte sich an die Worte die Metro nach Hause nehmen .
    Plötzlich überschwemmte eine schreckliche Angst seinen Körper, und er wäre fast ohnmächtig geworden. Der Zug brachte ihn immer weiter weg, und es war besser auszusteigen, bevor er so weit entfernt war, dass er nicht mehr zurückfinden würde. Wie weit er schon gefahren sein musste! Als der Zug an der nächsten Station hielt, stand er auf und stolperte mit Weiße Schwester auf einen fremden Bahnsteig hinaus.
    In dieser Metrostation wimmelte es von Zügen, Bahnsteigen und Menschen, die scharenweise im Gleichschritt an ihnen vorbeiströmten. Vor Verzweiflung wurde ihm das Herz schwer, und er wünschte, er könnte sich irgendwo zusammenrollen und einschlafen. Weiße Schwester jaulte kläglich neben ihm, die Ohren flach an den Kopf gelegt. Erkämpfte sich zu einer Wand durch und entdeckte eine Rolltreppe.
    Romotschka und Weiße Schwester traten in einer völlig unbekannten Gegend der Stadt ins Tageslicht hinaus. Diese Gegend unterschied sich so stark von seinem Viertel, dass sie auch zu einer ganz anderen Stadt hätte gehören können. Die Gebäude, die sich ringsum erhoben, waren unbeschädigt, und manche davon waren wunderschön. Der blaue Himmel war an den Rändern des riesigen Talbeckens von den verschachtelten Formen prachtvoller und schmuckloser Gebäude gesäumt, aber es gab weder Betonwohnblocks noch Fabriken. Hier und da standen zur Zierde ein paar schmutziggraue Bäume, doch es war nichts zu sehen, das einem Wald ähnelte. Es gab nicht einmal Müll.
    Romotschka war am Boden zerstört. Er hatte nicht einmal die Kraft, auf Nahrungssuche zu gehen, sondern hastete an den Leuten und Autos vorbei in einen kleinen Park gegenüber der Metrostation und kroch unter ein breites, niedriges Gebüsch. Nach diesem Schock brauchte er dringend Schlaf. Auf einer Seite des Parks brausten Straßenbahnen quietschend die Gleise entlang, und auf der anderen Seite wand sich eine stark befahrene Straße. Als Romotschka die Augen schloss, roch er Abgase, Autobremsen, die kartoschkas und piroschki der Imbissbuden und, nicht weit entfernt, Wodka. Eine Frau saß ganz in der Nähe auf einer Parkbank und trank in kleinen Schlucken, wobei sie jedes Mal die ganze Handtasche an den Mund hob. Unter dem Busch war das Laub weggeharkt worden, und der Geruch der staubigen, bloßen Erde, der ihm in die Nase stieg, schien nackt und falsch. Er schlief ein und überließ es Weiße Schwester, jeden anzuknurren, der in ihr Versteck eindringen wollte.
     
    Es war Abend geworden, und ihm war kalt. Romotschka zog Weiße Schwester an sich und starrte zwischen den Blättern hindurch auf den schwachen Schimmer der bunten Lichter.
    Sie wussten nicht, wo sie sich befanden, und er hatte keine Ahnung, wie er in Erfahrung bringen sollte, welche Metro er nehmen musste, um nach Hause zu gelangen. Wie lautete das menschliche Wort für sein Zuhause? Ihm fiel kein Wort ein, das die Menschen kennen könnten.
    Vorsichtig ging er mit Weiße Schwester zur Straße. Außer einem erstaunlich sauberen Betrunkenen an der Straßenbahnhaltestelle, der von zwei massigen milizi durchgeschüttelt wurde, und einem Straßenkind, das an den Ampeln Windschutzscheiben putzte, konnte er nichts Vertrautes entdecken. Er sah weder bomschi noch Hunde. Es war ein schreckliches Gefühl, mit nur einem einzigen Hund in einer Stadt zu sein und nicht zu wissen, wo sich die bomschi aufhielten. Wenn er bomschi fände, würde es sich vermutlich um fremde handeln, nicht um die Leute, die am Berg oder im Wald lebten. Sie würden wissen, dass er keiner von ihnen war, genau wie die

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