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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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Vormittag kamen sie an einen breiten, ruhigen Kanal, der in dieselbe Richtung strömte wie der Fluss. Sie wichen einer lärmenden Menschenschar auf dem Fußweg aus und starrten aufs Wasser. Ein betonierter Hang fiel steil zum dunklen Wasser hin ab, doch Romotschka sah keine Möglichkeit, hinunterzuklettern und zu trinken, ohne inden Kanal zu fallen. Weiße Schwester jaulte, während er einen Behälter suchte, mit dem man Wasser heraufholen, und eine Schnur, mit der man diesen Behälter hinablassen konnte, doch in dieser Stadt, jetzt vom verführerischen Duft nach Wasser, heißem Brot, gebratenem Fleisch und heißem Öl erfüllt, gab es nichts, das zu gebrauchen war. Sie gingen die Promenade am Rand des Kanals entlang und blickten durch das schmiedeeiserne Geländer, um zu sehen, ob sich irgendwo die Gelegenheit bot, ans Wasser zu gelangen. Weiße Schwester, die weiter vorn im Schatten einer hohen Fußgängerbrücke verschwand, duckte sich plötzlich und schnappte zu. Er hörte einen Schrei und ein lautes Knacken: Sie hatte eine Wasserratte gefangen!
    Nach der Ratte fühlte er sich ein bisschen besser. Er ließ Weiße Schwester das Blut von seinem Gesicht und seinen Fingern lecken. Die vor Aufregung und Verwirrung aufschreienden Fußgänger machten einen großen Bogen um ihn, doch er schenkte ihnen keine Beachtung. Von diesen Frauen mit ihren klackenden Schuhen und ihren scharf und seifig riechenden Männern ging keine Gefahr aus. Solche Hausbewohner würden ihn auf keinen Fall anfassen und niemals auf den Gedanken kommen, ihn festzuhalten oder gar zu verprügeln. Er konnte sehen, dass es an diesem Ort keine Banden, Skinheads oder obdachlosen Kinder gab, sodass als Hauptfeind nur die milizia blieb.
    Romotschka hatte immer noch schrecklichen Durst. Weiße Schwester hechelte und schluckte immer wieder. Der Fluss war nicht zu sehen, musste aber ganz nah sein. Er spürte seine Anwesenheit wie die eines versteckten riesigen Tieres, das ständig in Bewegung war. Seine Strömung schlängelte sich durch die Luft und sog an der Sonnenaufgangsseite des Kanalwassers.
    Und tatsächlich öffnete sich der Kanal weiter vorn und mündete in den großen Fluss. Das Geländer hörte plötzlich auf, und ein paar Stufen führten zu einer breiten Betonsohle am Wasser hinunter. Romotschka trank gierig und tauchte Gesicht und Arme ins Wasser. Als er sie wieder herauszog, glätteten sich die kleinen Wellen, und das dunkle Wasser kam wieder zur Ruhe. Die gespiegelten Farben des Abendhimmels bildeten wieder gerade Linien, und die orangefarbenen Fenster der zitternden Gebäude reihten sich von neuem hintereinander auf.
    Sie brauchten mehr Nahrung, einen Schlafplatz und einen Weg über den Fluss. Noch einmal wühlte er das Wasser mit den Händen auf und zerbrach die Stadt in winzige Splitter aus rosa, orangefarbenem und grauem Nichts. Er hasste diese Stadt.
    Nur der übelriechende Fluss war ein wenig beruhigend.
     
    Wieder wurde es Abend, wieder roch er überall Essen und hörte Musik. Die Augen der Menschen, die an ihnen vorbeiliefen, funkelten ihn kurz an und wandten sich dann geflissentlich ab, doch er wusste, dass er an so einem Ort nicht unsichtbar bleiben konnte. Aus einem der Gebäude wehte traurige Musik herüber, gesungen von Männer- und Frauenstimmen; aus einem anderen drangen ein Herzschlag und ein elektrisches Zischen. Er ging von Straße zu Straße, und Weiße Schwester lief unglücklich hinter ihm her. Die Lichter der Stadt leuchteten in allen erdenklichen Farben, die hohen Kuppeln glänzten im Nachthimmel, und alles war einfach traumhaft schön.
    Beim Gehen beobachtete Romotschka Weiße Schwester. Ihr Verhalten machte ihm Sorgen. Zuerst begriff er nicht, mit wem sie sprach, wen sie mit ihrem freundlichen Blickansah, wem ihr Schwanzwedeln, ihr flehender Gesichtsausdruck, ihre leicht angelegten Ohren galten. Dann stellte er fest, dass es Menschen waren. Alle möglichen Menschen. Weiße Schwester war inzwischen so hungrig, dass sie bettelte, sich von ihm abwandte, alle Regeln brach und sich verhielt wie ein Streuner.
    Wut und Enttäuschung überfielen ihn. Als sie den nächsten Menschen auffordernd anblickte, knurrte er und versetzte ihr einen heftigen Fußtritt. Sie duckte sich schuldbewusst, schlich dann eine Weile mit gesenktem Kopf und Schwanz hinter ihm her und betrachtete von Zeit zu Zeit seine Knie. Doch sie konnte nichts dafür. Sie hatte Hunger, und die Menschen waren immer gut zu ihr gewesen.
    Beim nächsten Mal knurrte

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