Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
Vom Netzwerk:
Straßenkinder und Skinheadbanden. Auch die Hunde wüssten, dass er nicht zu ihnen gehörte, deshalb konnte er hier nur in der Nähe der bomschi bleiben und hoffen, inmitten der Obdachlosen, der Straßenkinder und all der anderen Leute nicht aufzufallen: der milizia , den verschiedenen Gruppen von Hauskindern, den Bettelmeistern und den bunt zusammengewürfelten Männern, Frauen und Kindern, die in Häusern wohnten, Reißverschlusstaschen in verschiedenen Größen und Farben trugen und ihre Kleidung reinigten.
    Er wäre wieder in Verzweiflung verfallen, wäre nicht Weiße Schwester mit schwungvollem Schritt und aufgestelltem, fedrigem Schwanz einfach losspaziert. Sie sah ihn immer wieder an und wartete darauf, dass er voranging und nach Nahrung suchte. Sie hatte Hunger, und die Last der Verantwortung trieb ihn an. An den Ampeln überquerte er die Straße und hielt, immer auf der Hut vor der milizia , Ausschau nach einem Ort, an dem sich Menschen versammelten, an dem sie stehenblieben und aßen. Wenn sie um Essensreste betteln wollten, brauchte er unbedingt eine Tüte, doch hier gab es so wenig Müll, dass er nirgends eine fand.
    Schließlich entdeckte er in einer Gasse einen vertrauten blauen Müllcontainer. Er kletterte hinauf, und es gelang ihm, den schweren Metalldeckel zu öffnen. Zu seiner Freude lagen darin Plastiktüten und anderer Müll, auch ein altes Brot, Kohlblätter und Hühnerknochen. Er warf so viele Sachen wie möglich zu Weiße Schwester hinaus und stopfte zwei Plastiktüten in seine Taschen, dazu noch das Brot und ein paar Knochen und Kohlblätter für sich selbst. Es war schon eine Weile her, seit er zum letzten Mal Kohl gefressen hatte, und seine Laune besserte sich schlagartig.
    Als Weiße Schwester knurrte, wäre ihm fast der Containerdeckel auf den Kopf gefallen. Beim Hinausklettern verlor er ein halbes Brot und klemmte sich zwischen Deckel und Rand die Finger. Die beiden milizi von der Straßenbahnhaltestelle standen am Anfang der Gasse und beobachteten ihn. Beide waren ziemlich dick, der eine war etwas kleiner als der andere. Sie waren so massig, dass es ihm nicht in den Sinn kam, auf sie zuzulaufen und an ihnen vorbeizuschlüpfen oder ihnen mit einem großen Satz zu entwischen. Weiße Schwester fletschte die Zähne und stand mit gesträubtem Fell da, doch ihr Blick glitt zu ihm herüber. So weit von zu Hause entfernt wusste sie nicht, wie sie sichverhalten sollte. Romotschka starrte die beiden Männer kurz an. Auch sie standen reglos da, aber ihre wachsame Körperhaltung sagte ihm, dass sie jeden Moment auf ihn zukommen würden und ihm dann richtiger Ärger bevorstand.
    »He, du da! Papiere!«
    Romotschka kannte die Gasse nicht und hatte keine Ahnung, wohin sie führte, doch er drehte sich um und rannte mit wehendem Mantel los. Die milizi riefen ihm noch etwas nach, machten sich aber aus irgendeinem Grund nicht die Mühe, ihn zu verfolgen. Er verschwand mit Weiße Schwester im abendlichen Schatten an den Hauswänden, lief zum Ende der Gasse und dann in ein Gewirr aus alten Geschäften und prunkvoll verzierten fünfstöckigen Gebäuden.
    Sie zogen weiter. Die Stadt kam ihm zunehmend nackt und leer vor; es würde eine harte Zeit werden, bis sie wieder nach Hause gelangten. Hier war nichts zu finden. In den Gassen sammelte sich kein Müll, und in den Ecken lag kein Gerümpel herum. Es gab keine Wiesen mit alten Matratzen und anderen Zufluchtsstätten. Das Gras war überall kurz geschnitten, und Kleintiere fanden hier keinen Lebensraum. Nicht einmal kleine Mäusereviere, die schmalen Grasstreifen zwischen Gehwegen und Gebäuden, gab es. Die Raben, die sich krächzend in den Parks beklagten, sahen gut genährt aus, doch er wusste nicht, wovon sie lebten – oder wie man sie fangen könnte. In dieser Gegend wimmelte es von unterschiedlichen Müllcontainern, aber zu seiner Bestürzung waren die meisten abgeschlossen. Auch hier schien es keine bomschi zu geben, und bisher hatte er noch keinen einzigen Hund gesehen, der nicht eindeutig ein Haustier war.
    Die Schatten wurden dunkler, und der Schimmer derStadt verwandelte sich in strahlende Lichter. Hier und da tauchten ängstliche, eilig laufende bomschi auf. Romotschka sah, wie sich im Gehsteig ein rundes Loch öffnete und ein Mann in einem ziemlich schmutzigen Mantel, mit klirrenden Flaschen in den Taschen, schnell und verstohlen herauskletterte. Im schwachen Licht der Dämmerung wandte er den großen Kopf in alle Richtungen, schob dann den

Weitere Kostenlose Bücher