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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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in die mit Metallzähnen bewehrte Schaufel des roten Traktors. Weiße Schwester kam als Erste durchs Weizenfeld gelaufen, mit einer warmen Taube im Maul, die sie ihm vor die Füße legte. Goldene Hündin kam mit einem gefiederten Huhn. Dann Schwarze Schwester mit einer blutigen Feldmaus.Alle schritten feierlich heran, legten ihm ihre Geschenke vor die Füße und setzten sich dann neben ihn. Schwarzer Rüde kam mit einem Reiher im Maul durch die goldenen Ähren, Grauer Bruder brachte drei gesprenkelte Eier. Und dann Brauner Bruder … Brauner Bruder! Freudig und tollpatschig mit einem frischen Hasen. Brauner Bruder hatte noch nie einen Hasen gefangen. Ihm folgten Kleine Gefleckte und Kleine Goldene, die gemeinsam ein Brot trugen. Der Berg mit den Leckerbissen wuchs, und alle starrten ihn sabbernd an. Welpe kam als Letzter, er kam ganz unbeschwert angesprungen, um ihm eine Plastiktüte mit heißen piroschki zu überreichen. Der Duft der heißen, mit Kartoffeln gefüllten Teigtaschen und des Fleisches erfüllte die Luft und überdeckte den kräftigen Geruch von Blut, feuchten Haaren und Federn. Die Hunde zitterten und hielten sich nur zurück, weil dies ein bedeutender Anlass war. Die ganze Zeit saß Mamotschka warm und wohlwollend neben ihm. Gänzlich unbeeindruckt von den verlockenden Köstlichkeiten vor seinen Füßen, saß sie würdevoll und weise in der großen roten Schaufel.
    Alles Gute zum Geburtstag, mein Lieber. Wollen wir? Und sie gab ihm mit der Schnauze ein Zeichen. Er schaute sie flehend und voller Erwartung an.
    Und was hast du für mich, Mamotschka, Mamotschka?
    Alle Zähne, die ich besitze. Ich komme ganz schnell, mein Schatz. So schnell ich kann.
     
    Innerlich fühlte er sich flink und sicher, doch sein Körper war langsamer geworden. Es dauerte eine Weile, bis er sah, wie angespannt Weiße Schwester war, und dass ihr freies Ohr in alle Richtungen lauschte. Allmählich begriff er: Mamotschka und die anderen mussten draußen sein.
    Er schleppte sich wieder an die Oberfläche zurück, zu dem Gelächter, seinem festgebundenen Haar und demSchmerz. Ein Junge verbrannte gerade Romotschkas lange, strähnige Locken, eine nach der anderen, hielt sich die Nase zu und jauchzte über das laute Knistern, wenn sie verschmorten. Die anderen langweilten sich offenbar, und der Junge schien auf eine Reaktion von ihnen zu warten. Romotschka versuchte zu stöhnen, um ihre Aufmerksamkeit von der Tür abzulenken, und obwohl seine Stimme nur zu einem tonlosen Flüstern imstande war, blickten alle ihn an, während der Raum sich mit Hunden füllte.
    Der Knoten in Romotschkas fettigem Haar fing Feuer. Seine Koboldlocken lösten sich, und er stürzte zu Boden. Einen Augenblick schien er zu schlafen, obwohl er die unfassbare Gewalt durch den Raum fegen sah und die herrliche Kraft der Hunde spürte, als würde sie durch seinen Körper schießen. Doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Das gelangweilte Mädchen trat die Flammen in seinem Haar aus, fluchte kopfschüttelnd mit der Zigarette im Mund und war plötzlich in dem Durcheinander verschwunden.
    Er hatte so lange gewartet, hatte sich innerlich so gut vorbereitet, und doch wollte sein Körper nicht zum Leben erwachen. Dann merkte er, dass er bereits mit schweren Armen und Beinen, unglaublich langsam, über den Boden kroch. Eine unbändige Freude durchströmte ihn: Er spürte den liebevollen Wall aus Haaren, Zähnen und Muskeln ringsum, hörte ihr Knurren und die Schreie der Hausjungen. Er kroch auf dem Fußboden zu Weiße Schwester, leckte ihr das blutige Gesicht und robbte auf dem Bauch zu dem Messer hinüber. Er dachte nicht nach, sondern nahm das Messer in beide Hände, setzte sich fest auf ihren Kopf und schnitt das geschwollene Ohr ab. Das Messer war unglaublich scharf.
    Im nächsten Moment war er schon draußen auf der Straße, von Schwindel ergriffen, nackt, die Arme um den zitternden, blutigen Körper von Weiße Schwester geschlungen, und zog sie weg, während hinter ihnen der Tumult weiterging. Er hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden, doch Weiße Schwester wusste es. Sie schüttelte sich kraftlos und spürte mit unsicheren, müden Schritten die Fährte der anderen auf. Im Dunkeln stolperten sie durch unbekannte Straßen. Trotz seiner Erleichterung bebte seine Kinnlade noch immer vor Angst, und ihm klapperten die Zähne. Er wünschte, er hätte das Messer nicht fallen lassen. Mit ihrer blutigen Schnauze setzte Weiße Schwester ihn Stück für Stück wieder

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