Dog Boy
zusammen.
Plötzlich standen sie wieder in der schrecklichen Gasse, die inzwischen von heimeligen bomsch -Feuern erleuchtet war. Weiße Schwester wandte sich ab. Sie wollte die Gasse nicht betreten – auch sie erkannte die Gegend. Doch er flehte sie an, und sie schlichen zu der kahlen Mauer, zu ihrer Achtlosigkeit, wo er den Müll durchwühlte, bis seine Finger die Keule fanden.
Sie erreichten die bekannten Pfade, und bald gesellten sich auch die anderen zu ihnen, alle vom Kampf gezeichnet, aber beschwingt und heiter. Sie umringten seinen zitternden nackten Körper, leckten ihm abwechselnd Hände und Gesicht, leckten die Schnittwunden an seiner Brust, seine Mundwinkel und Weiße Schwesters blutverschmierten Kopf. Romotschka fror von dem Wind an seiner nackten Haut, und seine Wunden brannten. Er zitterte am ganzen Körper, klamm und krank. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und auf der Straße geschlafen, doch der Gedanke, wieder gefangen zu werden, trieb ihn weiter. Mit großen Augen und ganz wirr im Kopf, blickte er sich um.Vielleicht musste er sterben. Er konnte sich kaum noch an seiner Keule festhalten.
Als eng zusammengedrängte Schar kamen sie in die Gasse, die zum letzten Treffpunkt führte. Und plötzlich erblickte er Pewiza. Er erkannte sie sofort. Sie hatte noch immer diesen unvergleichlich leichtfüßigen, geschmeidigen Gang, doch inzwischen bewegte sie sich vorsichtiger. Sie kam ihnen langsam in der Gasse entgegen und starrte zu Boden, das Gesicht im Schatten. Ihre magere Tochter war nicht bei ihr, und vermutlich wartete sie auch nicht zu Hause. Pewiza verströmte den deutlichen Geruch von Trauer.
Romotschka zog sich mit den Hunden in den Schatten zurück und beobachtete, wie sie vorbeiging. Um die Schultern war sie schmaler geworden. Als sie ganz nah war, hörte er den zischenden Atem aus ihrem seltsamen Mund und sog ihren Geruch tief ein: Asche und Chemikalien, Schweiß und Sperma. Der Geruch von Leid und Schmerz. Die Hunde hoben die Schnauzen, und plötzlich wusste er, dass Pewiza schwanger war. Ihr langes Haar war unbedeckt und schimmerte hell unter dem samtenen orangefarbenen Himmel. Er sah das Flackern des Feuers damals in ihrem glänzenden Haar. Obwohl er weder ihr Gesicht noch ihren Mund sehen konnte, brannte er, als wäre er von Flammen erfüllt. Seine Zähne hörten auf zu klappern. Er zitterte nicht mehr.
Romotschka trat lautlos hinter ihr auf den Pfad und richtete sich nackt, von den stillen Hunden umringt, unter den Sternen auf.
Er ließ die Finger über das geronnene Blut an seiner Brust gleiten und reckte die blutige Hand der verschwindenden Gestalt entgegen, so wie Laurentia es immer bei ihm tat. Dann schmiegte sich der Wall aus Haaren, Muskeln undZähnen an ihn, und er sog die saubere Nachtluft tief in seine schmerzende Brust.
Am nächsten Morgen wachte er zitternd und schwitzend auf, ihm war überall heiß und kalt zugleich. Er ertrug es nicht, wenn ihn die Hunde berührten, brauchte sie aber in seiner Nähe, damit sie ihn so gut wie möglich wärmten. Er konnte nicht aufstehen, ohne umzufallen. Welpe war entweder zu mitleidig oder zu ausgelassen, und doch war er es, der Romotschka festhielt, wenn er zitterte, und der sich, vorsichtig bemüht, seine Wunden nicht zu berühren, in seine Arme schmiegte, wenn der Schüttelfrost wieder verebbt war. Romotschka lag im Nest; ihm war schwindlig, und er fühlte sich elend. Seine Wunden waren so stark entzündet, dass sie nicht geleckt werden konnten. Er konnte keins der frisch getöteten Tiere fressen, die ihm die anderen mitbrachten. Immer wieder musste er daran denken, dass seine Mutter und Onkel seinen Geburtstag versäumten.
Drei Tage lang leckte ihm Mamotschka den Fieberschweiß von Gesicht und Ohren und arbeitete sich allmählich zu dem nässenden Schorf an seiner Brust vor. Er kniff die Augen zu und erduldete die Schmerzen so lange wie möglich, denn er erinnerte sich, dass seine wunden Stellen im Frühling geheilt waren, als Mamotschka sie gesäubert hatte. Am vierten Tag fraß er ein paar Mäusebabys, die Weiße Schwester ihm mitgebracht hatte, und spielte mit Welpe.
Innerhalb einer Woche kam er wieder zu Kräften. Immer wieder träumte er davon, sich auf die Suche nach der Sängerin zu machen, doch er verließ die Höhle nicht. Sein Haar war noch lang, bedeckte aber nicht mehr sein Gesicht, und er fühlte sich ungeschützt. Weiße Schwester hatte sich rascherholt und ging ausschließlich für ihn auf Nahrungssuche.
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